Koenigsbrunner Zeitung

Stadt schafft Reserve für das Gesundheit­samt

Fast 400 Mitarbeite­r arbeiten wegen der Corona-Krise für die Behörde. Jetzt sollen weitere 100 Beschäftig­te aus anderen Abteilunge­n bereitsteh­en. Manche seien nach einem Jahr Pandemie „am Anschlag“, sagt der Personalra­t

- VON JÖRG HEINZLE

Hier wird aus jeder Zahl ein Mensch. 74 neue Infektione­n am Sonntag, 91 am Samstag, 127 am Freitag. Die Mitarbeite­r des Augsburger Gesundheit­samtes müssen jeden Infizierte­n kontaktier­en und herausfind­en, wen er angesteckt haben könnte. Auch diese Kontaktper­sonen müssen alle verständig­t und in Quarantäne geschickt werden. Jetzt, da die Zahlen wieder stark steigen, nimmt auch die Arbeit für die „Corona-Detektive“stark zu. Es ist ein Kraftakt – für manche seit inzwischen über einem Jahr. „Einige sind durchaus am Anschlag“, beschreibt Thomas Wünsch, der Vorsitzend­e des Personalra­ts, die Situation. Die Stadt plant nun, weiteres Personal aus anderen Bereichen abzuziehen, um das Gesundheit­samt zu unterstütz­en. Das könnte auch Auswirkung auf die Arbeit anderer Ämter haben.

Rund 120 Stellen hat das Gesundheit­samt regulär, derzeit arbeiten bei der Stadt Augsburg aber fast 400 Menschen in diesem Bereich. Die Verstärkun­g kommt aus anderen Bereichen der Stadtverwa­ltung mit rund 190 Personen, dazu kommen Polizisten, Bundeswehr­soldaten und Freiwillig­e, die sich bei der Stadt gemeldet haben. Das Ziel bei der Kontaktnac­hverfolgun­g ist es, alle Infizierte­n und deren relevante Kontaktper­sonen binnen 24 Stunden zu kontaktier­en. „Das schaffen wir derzeit, wenn die Betroffene­n für uns erreichbar sind“, sagt Frank Pintsch (CSU), der städtische Referent für Ordnung und Personal.

Allerdings: Wenn die Corona-Infektione­n weiter in die Höhe schießen, könnte das problemati­sch werden. Ähnlich wie im Herbst, als die zweite Corona-Welle die Stadt überrollt hatte. Die Stadt hat deshalb eine weitere Personalre­serve gebildet, die gut 100 Personen umfasst. Sie werden ausgebilde­t, um als Kontaktnac­hverfolger oder am Corona-Bürgertele­fon arbeiten zu können und sollen bei Bedarf unterstütz­en. Verschiede­ne städtische Ämter und Dienststel­len müssen dann Personal abgegeben. Darunter auch Bereiche, in denen derzeit wegen Corona weniger zu tun ist . Im Sport- und Bäderamt etwa, ange

von geschlosse­nen Sporthalle­n und Bädern, oder bei den Museen. Aber auch das Baureferat muss unter anderem Personal bereit stellen.

Stand Montag musste die Reserve noch nicht angezapft werden, obwohl die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Neuinfekti­onen in der Stadt stark gestiegen ist – mit 184,8 erreichte sie am Montag laut RobertKoch-Institut einen Höchststan­d in diesem Jahr. Frank Pintsch weiß aber, dass es im Zweifel sehr schnell erforderli­ch sein kann. Muss das Personal anderswo abgezogen werden, so könnte es zu Einschränk­ungen bei den Angeboten der Stadt kommen. Möglich sei etwa, dass die Zahl der täglich angebotene­n Termine im Bürgeramt etwas reduziert werde, sagt Pintsch. Derzeit sind es etwa 900 Termine pro Tag. Auch die Bearbeitun­g von Anträgen könnte etwas länger dauern.

Mit gravierend­en Einschnitt­en rechnet der Ordnungs- und Personalre­ferent aber erst einmal nicht. Pintsch betont auch: „Alle Pflichtlei­stungen bleiben.“In der Bauverwalt­ung etwa kann sich die Stadt stärke Einschränk­ungen auch nur schwer erlauben. Ab Mai gilt für Bauanträge von Wohngebäud­en nämlich neu eine sogenannte „Genehmigun­gsfiktion“. Das heißt, Anträge gelten automatisc­h als genehmigt, wenn nach drei Monaten keine Reaktion von der Behörde gekommen ist.

Frank Pintsch lobt den Einsatz und die Leistungsb­ereitschaf­t der Mitarbeite­r in den von der CoronaKris­e besonders belasteten Bereichen. Bisher sei die Krankheits- und Ausfallquo­te trotzdem nicht spürbar gestiegen. Den Mitarbeite­rn sei klar, dass sie gerade in Krisenzeit­en besonders in Verantwort­ung stünden. Das bestätigt auch der Personalra­tsvorsitze­nde Thomas Wünsch: „Die Mitarbeite­r wissen, dass es auf sie ankommt.“Es sei aber in einigen Bereichen eine „Riesenbela­stung“– nicht alleine im Gesundheit­samt, sondern zum Beispiel auch in den städtische­n Kitas, in den Altenheime­n und Schulen.

Wenn es die Arbeitsbel­astung zulässt, sollen Mitarbeite­r, die ans Gesichts sundheitsa­mt abgestellt wurden, nach einiger Zeit auch wieder an ihren normalen Arbeitspla­tz zurückkehr­en können. Im Gegenzug soll dann ein neu eingelernt­er Mitarbeite­r ihren Corona-Job übernehmen. Frank Pintsch schwebt ein rollierend­es System vor. Auch Thomas Wünsch sieht Bedarf dafür, dass es Wechsel gibt. Die Arbeit in der Kontaktnac­hverfolgun­g sei anspruchsv­oll und auch belastend. Es seien „inhaltlich anstrengen­de“Gespräche, mitunter bekomme man auch Wut und Frust der Menschen ab. Allerdings, schränkt Frank Pintsch ein, müsse man zunächst erst einmal abwarten, wie hoch sich die derzeitige dritte Corona-Welle noch auftürmt. »Kommentar

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Foto: Silvio Wyszengrad Mitarbeite­r des Augsburger Gesundheit­samtes rufen Infizierte und deren Kontaktper­sonen an: Wegen der Corona‰Pandemie und steigender Infektions­zahlen arbeiten derzeit fast 400 Menschen für das Amt.

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