Dachser fliegt weiter
Der Logistikdienstleister aus Kempten schafft 2020 mit 5,6 Milliarden Euro Umsatz fast das Vorjahresergebnis – trotz Corona. Treiber sind Lebensmittel, Luft- und Seefracht
Kempten Krise? Welche Krise? In der Bilanz des Logistikdienstleisters Dachser ist auf den ersten Blick wenig von den weltweiten Einbrüchen fundamentaler Wirtschaftsdaten nach dem Ausbruch der CoronaPandemie zu sehen. Vorstandssprecher Burkhard Eling hat am Dienstag die Kennzahlen des Geschäftsjahres 2020 vorgestellt: Der NettoUmsatz betrug 5,61 Milliarden Euro und verringerte sich um 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Wenn Sie diese Zahlen mit den Einbrüchen der Wirtschaftsleistung in den großen Volkswirtschaften vergleichen, wird deutlich, dass sich Dachser in diesem sehr schwierigen Jahr bestens geschlagen hat“, sagte Eling.
Schaut man genauer hin, sind die Auswirkungen der Pandemie aber auch bei Dachser zu sehen. Zum Beispiel im Bereich Road Logistics: Transport und Lagerung von Industrieund Konsumgütern (European Logistics) sind 2020 um 3,2 Prozent
Als Hauptursache nannte Eling die Lockdowns im April und Mai, die vor allem die Geschäftseinheiten in Frankreich, Spanien und Portugal getroffen hätten. Bei Lebensmitteln (Food Logistics) gab es hingegen ein Plus von 1,9 Prozent auf 982 Millionen Euro Umsatz. Diese Geschäftseinheit habe ein „turbulentes Jahr“erlebt, sagte der seit Januar 2021 amtierende Vorstandssprecher. Einerseits habe es einen Boom im Lebensmitteleinzelhandel und teilweise Hamsterkäufe gegeben, andererseits wiederholte Schließungen von Gastronomie und Hotellerie. Der Landverkehr ist der größte Geschäftsbereich des Unternehmens mit Stammsitz Kempten, er trug fast 4,5 Milliarden Euro zum Umsatz bei.
Spannend war 2020 auch für die Luft- und Seefracht (Air & Sea Logistics): Dieser Bereich war in den vergangenen Jahren nicht immer im gewünschten Maß gewachsen, 2020 profitierte er jedoch von weltweit knappen Kapazitäten und entsprechend hohen Frachtraten. Das Geschäftsfeld steigerte seinen Umsatz um 5,2 Prozent auf fast 1,2 Milliarden Euro, Treiber sei das Asien-Geschäft gewesen. „Wir haben schnell eigene Kapazitäten mit CharterFlugzeugen aufgebaut, erst für medizinische Hilfsgüter, dann auch für andere Waren unserer Kunden“, sagte Eling. Die Frachtraten hätten um 25 Prozent über dem Vorjahr gelegen. Auch auf See hätten „knappe Kapazitäten und ein ausgeprägter Mangel an Leercontainern“für stark steigende Frachtraten gesorgt.
Im April und Mai habe der Vorstand nach den ersten harten Lockdowns und drastischen Einbrüchen im europäischen Sendungsverkehr nicht erwartet, den Jahresumsatz stabil halten zu können. Ab Jahreszurückgegangen. mitte hätten die Frachtvolumen jedoch durchgehend über den Vorjahreswerten gelegen, berichtete Eling. Unterm Strich zeige sich, dass das Geschäftsmodell gut ausbalanciert sei: Rückgänge bei den Industriegütern seien durch Lebensmittellogistik sowie Luft- und Seefracht nahezu kompensiert worden.
Zum Gewinn macht Dachser seit jeher keine Angaben. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens, das sich in Familienhand befindet, liegt bei knapp 62 Prozent. Das liefert laut Eling das Fundament, um weiter aus eigener Kraft zu wachsen. Im laufenden Jahr sollen 190 Millionen Euro investiert werden, unter anderem in die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Prozessen. Beispielsweise soll Künstliche Intelligenz dabei helfen, Laderaumkapazitäten genauer zu planen. Die emissionsfreie City-Logistik mit elektrisch angetriebenen Lkw und Lastenrädern, die in Stuttgart und Freiburg getestet wurde, soll unter anderem nach München, Berlin, Paris und Madrid ausgerollt werden.
Dachser beschäftigt fast 31000 Menschen in 42 Ländern, 16600 in Deutschland. Die meisten LkwFahrer, die man in den gelb-blauen Fahrzeugen sieht, sind übrigens nicht bei Dachser beschäftigt, sondern arbeiten für Service-Partner, die in das Logistiksystem eingebunden sind. In der Weiterbildung sieht Eling eine wichtige Aufgabe, das betreffe insbesondere den Umgang mit neuen Technologien.
Doch Technik sei nur ein Teil des Erfolgs: Dank engagierter Mitarbeiter sei es 2020 gelungen, die weltweiten Lieferketten „unterbrechungsfrei am Laufen“zu halten. Für 2021 ist Eling optimistisch – das erste Quartal sei für Dachser schon wieder gut gelaufen.