Koenigsbrunner Zeitung

Angriff auf Olaf Scholz

In der Union kracht es wegen des Machtkampf­s zwischen Söder und Laschet. Lachender Dritter ist bisher SPD-Kanzlerkan­didat Scholz. Jetzt wollen CDU/CSU Versäumnis­se und Fehler des Finanzmini­sters zum Thema machen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Nach dem Geschmack von CDU und CSU ist Finanzmini­ster Olaf Scholz von der SPD bisher viel zu gut durch den Wirecard-Skandal gekommen. Obwohl die ihm unterstell­te Finanzaufs­ichtsbehör­de Bafin einen Fehler nach dem anderen machte und dafür mitverantw­ortlich ist, dass Kleinspare­r enorm viel Geld verloren, ist die Affäre am Kanzlerkan­didaten der Genossen bislang praktisch spurlos vorbeigezo­gen. Die Union hat sich nun vorgenomme­n, das zu ändern.

Entlastung kann sie gut gebrauchen, weil sich ihre Vorkämpfer Markus Söder und Armin Laschet ein geradezu filmreifes Duell um die Macht liefern. „Wir erleben einen Finanzmini­ster, der bei der Aufklärung auf der Bremse tritt. Wir bräuchten jemanden, der auf das Gaspedal tritt“, sagte der CDU-Abgeordnet­e Matthias Hauer am Mittwoch

in Berlin. Hauer ist Obmann der Union im Untersuchu­ngsausschu­ss zum Skandal um den ehemaligen DAX-Konzern aus Aschheim bei München.

Die Liste der Verfehlung­en im Wirecard-Skandal ist lang und das Finanzmini­sterium ist mit seinem Chef Scholz an vielen zumindest indirekt beteiligt. Einige Beispiele: Scholz’ Staatssekr­etär Jörg Kukies (SPD) entwirft im vergangene­n Jahr Pläne, wie er das damals unmittelba­r vom Konkurs bedrohte Skandalunt­ernehmen mit Geld aus den Corona-Hilfspakte­n retten könnte. Eben jener Kukies wollte auch die staatseige­ne KfW-Bank dazu bringen, Wirecard noch einmal mit einem Kredit aus der Klemme zu helfen – und zwar, wohlgemerk­t, einen Tag vor der Pleite im Juni 2020. Und der Staatssekr­etär war auch zur Geburtstag­sfeier von Ex-WirecardCh­ef Markus Braun in die Firmenzent­rale nach Aschheim gefahren, als schon Sonderprüf­ungen der Bücher liefen.

Ein weiterer Staatssekr­etär des Finanzmini­sters, Wolfgang Schmidt, lobbyierte für den Zahlungsdi­enstleiste­r in China. Der enge Vertraute von Olaf Scholz will sich aber nicht mehr daran erinnern können, wie oft er mit seinem Chef über das Unternehme­n Wirecard gesprochen hat. „Scholz war über alle Vorgänge informiert, er steht damit im Zwielicht“– diesen Schluss jedenfalls zieht der CSU-Finanzexpe­rte Hans Michelbach. Er ist stellvertr­etender Vorsitzend­er des Untersuchu­ngsausschu­sses.

Der folgenreic­hste Fehler ist für Michelbach und Hauer das Leerverkau­fsverbot für Wirecard-Aktien, das die Finanzaufs­icht im Februar 2019 verhängte. Damit sollte Spekulatio­nen gegen das Papier ein Riegel vorgeschob­en werden, um das Unternehme­n zu schützen. Mittlerwei­le hat sich herausgest­ellt, dass die Bedingunge­n für ein solches Verbot gar nicht gegeben waren. Die Bundesbank war dagegen und auch die Schutzstel­le an der Frankfurte­r Börse. Scholz’ Ministeriu­m billigte dennoch den schweren Eingriff in den Finanzmark­t. „Mit diesem Gütesiegel sind viele Kleinanleg­er

eingestieg­en. Das hat sie Milliarden gekostet“, beklagte Michelbach. In der nächsten Woche will er den Finanzmini­ster zusammen mit seinen Kollegen im Untersuchu­ngsausschu­ss ausquetsch­en. Die Abgeordnet­en haben sich mehrere Stunden Zeit dafür reserviert.

Insgesamt sind durch die Pleite infolge des Wirtschaft­sskandals 22 Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet worden. Die Gläubiger haben knapp 12,5 Milliarden beim Insolvenzv­erwalter angemeldet, die er ihnen zurückbesc­haffen soll. Doch die Hoffnung darauf tendiert gegen null. Der einstige Dax-Konzern hatte wenig Substanz und viele Scheinbuch­ungen in der Bilanz. Die Summe von 1,9 Milliarden Euro ging verloren, wurde der Firma entzogen oder existierte nie. Ex-Vorstandsv­orsitzende­r Braun sitzt in der Nähe von Augsburg in Untersuchu­ngshaft, sein Compagnon Jan Marsalek ist flüchtig.

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Foto: dpa Im Wirecard‰Ausschuss könnte es für Olaf Scholz unangenehm werden.

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