Koenigsbrunner Zeitung

„Ende bedeutet für mich Ende“

Johann Wagner zieht sich als Fußball-Bezirksvor­sitzender in Schwaben zurück. Er hat sich als Übergangsl­ösung gesehen. Nun geht er doch früher als gedacht

- N. P. 0:1 5:1 n. V. 3:2 n. P. 4:3 4:5 Neue Rangberech­nung: Tabellenpl­atzer‰ mittlung nach Punktequot­ient Ingolstadt – Iserlohn (Do., 19.30 Uhr) Interview: Walter Brugger

Herr Wagner, Ihre Amtszeit würde eigentlich noch bis zum Bezirkstag 2022 andauern. Warum verabschie­den Sie sich rund ein Jahr früher?

Wagner: Als ich 2017 ins Amt kam, habe ich mich ohnehin als Übergangsl­ösung für dieses wichtige Amt gesehen. Ich habe auch stets betont, dass es niemals einen 70-jährigen Funktionär Wagner geben wird. Dass es nun schneller geht, hat schlichtwe­g mit gesundheit­lichen Problemen zu tun.

Sind Sie so angeschlag­en, dass Sie das Amt nicht mehr ausüben können? Wagner: Nein, das ist nicht der Fall. Aktuell fühle ich mich sogar ganz gut, obwohl ich regelmäßig Medikament­e nehmen muss. Allerdings merke ich, dass ich nicht mehr so belastbar bin und unter Druck Probleme bekomme. Dazu kommt, dass ich mehrere warnende Beispiele im Verband miterlebt habe. Drei meiner Vorstandsk­ollegen sind in den vergangene­n Jahren verstorben. Vielleicht bin ich da ein Stück weit übervorsic­htig, aber die Entscheidu­ng ist jetzt so gefallen – und ich bin ja nicht Knall auf Fall zurückgetr­eten. Der Übergang geht geordnet vonstatten.

Sie sprechen von Christoph Kern, der Ihre Nachfolge antreten soll. Vorausgese­tzt, das Verbandspr­äsidium beruft ihn zum kommissari­schen Bezirksvor­sitzenden …

Wagner: Richtig, wobei die Berufung nach all den Vorgespräc­hen eine Formalität sein müsste. Ich halte Kern für einen fähigen Mann, der bislang als Sportricht­er tätig ist und auf anderen Verbandseb­enen ebenfalls schon Erfahrunge­n gesammelt hat, obwohl er noch nicht einmal 40 Jahre alt ist.

Sie selbst scheiden mit ihrem Rücktritt aus allen Gremien aus. Ist das der endgültige Abschied vom Fußball? Wagner: Was offizielle Funktionen und dauerhafte Verpflicht­ungen betrifft: Ende bedeutet für mich Ende. Wenn mein Rat oder eine kurzfristi­ge Unterstütz­ung gefragt ist, werde ich mit Sicherheit nicht Nein sagen. Ich habe auch vor, dass ich mich öfter bei der Schiedsric­hter-Gruppe Donau sehen lasse, wo vor 23 Jahren mit der Wahl zum Obmann meine Funktionär­slaufbahn begonnen hatte. Und sicherlich werde ich auf dem einen oder anderen Fußballpla­tz vorbeischa­uen.

Vorausgese­tzt, dass bald wieder Spiele stattfinde­n. Wie sehr hat Sie die Corona-Pandemie getroffen?

Wagner: Gesundheit­lich zum Glück bislang nicht, allerdings hat es das Leben schon sehr stark eingeschrä­nkt. Privat treffen meine Frau und ich seit Monaten nur ein paar wenige Freunde oder Familienmi­tglieder. Und im Fußball geht es eigentlich nur um Verwaltung­sthemen. Seit Beginn der Pandemie habe ich an rund 30 Videokonfe­renzen des Vorstands teilgenomm­en, die bis zu sechs Stunden dauerten. Die Infos musste ich dann wieder für meine schwäbisch­en Mitarbeite­r aufbereite­n und ebenfalls online weitergebe­n. Den persönlich­en Kontakt ersetzt das aber niemals.

Wobei es ohnehin schwierig sein dürfte, mit allen Kontakt zu halten … Wagner: Das stimmt, allein in Schwaben haben wir rund 120 Mitarbeite­r. Mit denen stehen jetzt die Gespräche an, ob sie über das kommende Jahr zur Verfügung stehen. Das ist mit ein Grund, warum es sinnvoll ist, dass Christoph Kern jetzt übernimmt. So kann er ein Stück weit beeinfluss­en, wer zu seinem neuen Team gehören soll. Er braucht beispielsw­eise Nachfolger für Bezirksspi­elleiter Rainer Zeiser oder den Donau-Kreisspiel­leiter Franz Bohmann, die sich beide nicht mehr zur Wahl stellen.

Blicken wir auf die Anfänge Ihrer Fußballzei­t zurück …

Wagner: Die waren unspektaku­lär. Mit acht Jahren habe ich beim VfL Zusamalthe­im begonnen – und bin dem Verein immer treu geblieben. Bis ich mit 28 nach zwei Sprunggele­nksverletz­ungen aufgehört habe. Als Spieler war ich mehr für das Rustikale zuständig und eher kein Freund der Schiedsric­hter.

Trotzdem haben Sie als Karriere gemacht.

Wagner: Stimmt, wobei das nicht so geplant war. Dann stellten sich schnell Erfolge ein, ich bin bis in die Bayernliga, damals die vierte Liga, aufgestieg­en. Das schönste Erlebnis war, als ich beim damals für ein Jahr in der Regionalli­ga spielenden 1. FC Nürnberg vor 12 000 Zuschauern an der Linie winken durfte. Das war die sportliche Seite, die andere war die kameradsch­aftliche. Da habe ich mich bei den Schiedsric­htern immer gut aufgehoben gefühlt.

Unparteiis­cher

Von 1998 bis 2002 waren Sie Obmann der Gruppe Donau, dann schien die Funktionär­slaufbahn beendet zu sein. Wagner: Das hatte familiäre Hintergrün­de. Wir hatten einen pflegebedü­rftigen Sohn und ich wollte meine Frau stärker unterstütz­en. Unser

Sohn ist dann leider kurze Zeit später verstorben.

Und Sie standen für neue Aufgaben bereit?

Wagner: Ich habe mich nicht aufgedräng­t, allerdings war der damalige Donau-Spielleite­r Peter Oehlenberg schwer erkrankt und musste sein Amt abgeben. Der damalige schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende Hermann Güller wollte mich als Nachfolger. Und meine Frau meinte nur: Mach es, wenn du das willst.

Daraus sind 19 weitere Funktionär­sjahre in verschiede­nen Positionen geworden, zuletzt als Bezirksspi­elleiter und Bezirksvor­sitzender …

Wagner: Eine Zeit, in der sich extrem viel verändert hat. Ich habe kürzlich mal in alten Unterlagen gestöbert, da fallen dir die zahlreiche­n Neuerungen erst so richtig auf. Sei es die Reform der Spielklass­en durch die Einführung der Regionalli­ga Bayern und Abschaffun­g der Bezirksobe­rliga, die Einrichtun­g der Coaching-Zone, die Umstellung vom Bandenkick auf Futsal, die Integratio­n der Reserven in den aufstiegsb­erechtigte­n Spielbetri­eb, die Möglichkei­t des Rückwechse­ls bis hoch zur Kreisliga oder neuerdings der Flex-Spielbetri­eb in den untersten Spielklass­en.

Sie können das künftig als Außenstehe­nder verfolgen. Was bleibt für Sie als „Fußball-Rentner“?

Wagner: Ich bin ja nicht nur „Fußball-Rentner“, zum Ende des Jahres werde ich aus dem Berufslebe­n ausscheide­n. Bis Oktober bin ich noch Leiter der Lagerlogis­tik bei der Pfaffenhau­ser Firma Raico. Künftig möchte ich die Zeit nutzen, um mehr mit dem Fahrrad oder auf dem Ergometer Sport zu treiben, liegen gebliebene Dinge rund ums Haus erledigen – oder mich einfach nur mit den vielen Freunden aus dem Sport auf einen Kaffee treffen.

● Johann Wagner ist 1957 gebo‰ ren, verheirate­t und Vater dreier Kinder. Er war aktiver Fußballer beim VfL Zusamalthe­im (Landkreis Dil‰ lingen); später Schiedsric­hter (bis zur Bayernliga); ab 1998 Funktionär im Bayerische­n Fußball‰Verband als Obmann der Schiedsric­hter‰Grup‰ pe Donau, Spielgrupp­enleiter, Be‰ zirksspiel­leiter und zuletzt seit 2017 als Vorsitzend­er des Fußball‰ Bezirks Schwaben. (wab)

 ?? Foto: Walter Brugger ?? „Ich habe auch stets betont, dass es nie einen 70‰jährigen Funktionär Wagner geben wird“, sagt der scheidende Bezirksvor­sitzende Johann Wagner.
Foto: Walter Brugger „Ich habe auch stets betont, dass es nie einen 70‰jährigen Funktionär Wagner geben wird“, sagt der scheidende Bezirksvor­sitzende Johann Wagner.

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