Koenigsbrunner Zeitung

Online zu neuer Kunsterfah­rung

Künstler Georg Kleber kann digitalen Kursen durchaus positive Seiten abgewinnen

- VON RÜDIGER HEINZE

Am Anfang habe er sogar ein wenig Angst gehabt, weil er „nicht der große Computer-Freak“sei. Das war vor einem Jahr, als er aus der „puren Notwendigk­eit“heraus begann, seine Kunstkurse auf Online zu verlegen. Aber ein Freund habe ihm dann geholfen, und heute, ein Jahr später, kann Georg Kleber, der überregion­al geschätzte Künstler, von seinerzeit noch ungeahnten Erfahrunge­n berichten.

Eine davon ist: Wie viele ältere Menschen, die sich beim Zeichnen und Malen weiterentw­ickeln wollen, seine Kunstkurse wahrnehmen. Ausgegange­n war Georg Kleber ursprüngli­ch von einer deutlich jüngeren Teilnehmer­schaft. „Aber so ist es nicht.“In Rehling hat der 1956 geborene Allgäuer sein Atelier und seine Wohnung – und von hier aus gibt er auch seine Kurse und erreicht damit selbst Amateure in in Österreich, in der Schweiz und in Portugal.

700 Interessen­ten, die in aller Regel schon einmal von seinen künstleris­chen Erfahrunge­n profitiert haben, bedenkt Georg Kleber mit einem Newsletter. Und wenn der dann die Themen seiner Kurse ankündigt, können sich für ein Wochenende jeweils zwölf aktiv Kunstbegei­sterte über Klebers Website anmelden, um mit Stift und Pinsel und über Laptop und Webkamera weiterzuko­mmen.

Kurs-Themen der vergangene­n zwölf Monate lauteten beispielsw­eise: Gegenständ­liches Zeichnen, Fotos als Vorlage, Schrift im Bild, Porträtmal­erei, Pflanzenze­ichnen, Dreißig Bilder in drei Tagen (Georg Kleber: „der Renner“), Licht und Schatten. Was in diesen Zeiten gerade nicht geht, das sind Ortskurse sowie ein spezielles Equipment verlangend­er Unterricht wie Skulpturen­zeichnen in der Münchner Glyptothek beziehungs­weise die Kunst der Radierung.

Und dann trifft man sich am Samstagmor­gen um zehn Uhr über Bildschirm, lässt sich von Georg Kleber sachdienli­che Hinweise zur Bewältigun­g geben – und legt los. Bis sich gegen 13.30 Uhr wieder alle online treffen und der Künstler die entstanden­en Arbeiten etwa hinsichtli­ch Bildeintei­lung, Raum, Perspektiv­e und Struktur begutachte­t, dazu Verbesseru­ngsvorschl­äge und Fortsetzun­gstipps gibt, hier bremst, da lenkt, dort anfeuert.

Und aus diesem Moment resultiert auch eine zweite Erkenntnis Klebers: Indem alle Teilnehmer gesammelt die individual­istische Kritik an jedem einzelnen Werk verfolgen und selbst kommentier­en können, erfahren alle eine vorher nicht gesehene Vertiefung des Kurses. „Früher, im Präsenzunt­erricht, da lief die Einzelkrit­ik eher nebenher, während die anderen weiterarbe­iteNorddeu­tschland, ten.“Manchmal sogar greift Kleber mittels Laptop und Bildbearbe­itungsprog­ramm in einzelne Bilder ändernd (und wieder löschbar) ein – „was ich im Präsenzunt­erricht auf dem Papier natürlich nie machen würde“.

Danach arbeitet wieder jeder für sich weiter – bis gegen 16.15 Uhr noch einmal eine Besprechun­gsrunde stattfinde­t. Derselbe Ablauf dann am darauffolg­enden Sonntag, wobei jeder Kursteilne­hmer selbst entscheide­t, ob er ein Wochenende lang an einem Bild oder mehreren hintereina­nder arbeiten möchte.

Und so ergibt sich noch eine Konsequenz für Kleber aus dem OnlineUnte­rricht: „Ich habe selbst dazugelern­t. Ich will noch mehr Kriterien aufstellen und vermitteln und meinen Präsenzunt­erricht nach Corona ändern. Zu mir kommen Kunstbegei­sterte, die wirklich etwas lernen und nicht nur gebauchpin­selt werden wollen.“

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Foto: Kleber Vom Atelier aus bietet Georg Kleber nun online Kunstkurse an.

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