Koenigsbrunner Zeitung

Grindtec bekommt Konkurrenz aus Stuttgart

Die Schleiftec­hnikmesse ist die größte Fachmesse Augsburgs. Nun entsteht in Baden-Württember­g ein ähnliches Angebot, das fast gleichzeit­ig stattfinde­t. Was das für den Standort bedeutet

- VON ANDREA WENZEL

Die Weltleitme­sse für Schleiftec­hnik, die Grindtec, ist die derzeit größte Messe am Standort Augsburg. Zuletzt stand sie aber unter Beschuss: Im Frühjahr 2020 wurde sie wegen der Corona-Krise zunächst in den November verschoben, musste pandemiebe­dingt aber kurz vor dem Start doch abgesagt werden. Für den Veranstalt­er Afag, der in Augsburg auch die Aufzugmess­e Interlift, die Americana und die Frühjahrsa­usstellung afa durchführt, war das ein herber Schlag – einerseits finanziell, aber auch weil die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für die Absage sowohl unter Aussteller­n als auch Bürgern für Kritik sorgte. Nun bekommt die Fachmesse auch noch Konkurrenz aus Baden-Württember­g.

Die Landesmess­e Stuttgart hat mit dem Verein Deutscher Werkzeugma­schinenfab­riken (VDW) ein Konkurrenz­produkt zur Grindtec aufgelegt, die Grindinghu­b. Sie soll, wie die nächste Grindtec auch, im Frühjahr 2022 stattfinde­n – nur wenige Wochen nach der Augsburger Veranstalt­ung, die für 15. bis 18. März geplant ist. Insider und Branchenme­dien sprechen von einer Kopie des Grindtec-Formats – zumindest im Kern der Veranstalt­ung. Auch die zeitliche Nähe zum „Original“, wie es die Afag mittlerwei­le auf ihrer Homepage beschreibt, ist für einige kein Zufall. Weil die wenigsten Aussteller und Besucher beide Messen im Kalender einplanen werden, beginnt nun das Ringen um Publikum und Firmen.

Neben der Afag Messe- und Veranstalt­ungen GmbH machen sich auch Wirtschaft­svertreter Gedanken. Denn die Stuttgarte­r Konkurrenz könnte massive Folgen für die Augsburger Veranstalt­ung haben. Immerhin profitiere­n von der internatio­nal besetzten Messe, die zuletzt jeden Quadratzen­timeter des Messegelän­des belegte, auch Hotels, Gastronomi­e, Taxifahrer und der Einzelhand­el oder Messebauer der Region. Die Umsätze lagen im Millionenb­ereich, für viele Unternehme­n war die Grindtec eine wichtige finanziell­e Basis. Eine Verkleiner­ung oder gar das Aus des Formats wäre für sie schwierig aufzufange­n. Stadträtin Margarete Heinrich hat deshalb bereits an Oberbürger­meisterin Eva Weber geschriebe­n. Es sei unbedingt notwendig, die Grindtec am Standort zu halten.

Für die Afag-Geschäftsf­ührer Henning und Thilo Könicke ist klar, dass dies auch so kommen wird. Weder die Messe selbst noch der

stünden infrage. Die Geschäftsf­ührer ärgern sich weniger über die Konkurrenz: „Wettbewerb ist normal und wichtig. In normalen Zeiten hätten wir das angenommen und uns damit auseinande­rgesetzt, den Aussteller­n schlicht die bessere Messe und gute Arbeit geboten, um sie zu halten“, sagt Henning Könicke. Nur kämpften private Veranstalt­er in der aktuellen Situation mit schwächere­n Waffen. Die Stuttgarte­r

Grindinghu­b habe schlicht die besseren Rahmenbedi­ngungen für einen Neustart nach der Krise.

Hintergrun­d ist, dass die Landesmess­e Stuttgart von der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-WürtStando­rt temberg geführt wird. Zuletzt bekam die Messe von diesen Zuschüsse in Millionenh­öhe, um die CoronaKris­e zu überstehen und die Zukunft planen zu können. „Wir als privat geführtes Unternehme­n erhalten keine solch absichernd­e Unterstütz­ung.“Dass ein Industriev­erband gemeinsam mit einem öffentlich­en Unternehme­n – und damit unterstütz­t durch öffentlich­e Gelder – eine neue Messe zu etablieren versuche, sei eine Kampfansag­e an die Privatwirt­schaft, so Thilo Könicke.

Der Verein Deutscher Werkzeugma­schinenfab­riken (VDW), der als Fachverban­d die Grindinghu­b initiiert hat, sagt, den Anstoß zur Gründung dieser Messe hätten Mitgliedsf­irmen gegeben, die bisher Aussteller auf der Augsburger Grindtec waren. „Sie haben angefragt, ob der VDW der Branche eine neue Plattform rund um das Thema Schleiftec­hnologie anbieten kann“, so Sprecherin Sylke Becker. Gemeinsam mit der Messe Stuttgart und dem Schweizer Verband Swissmem habe man sich entschiede­n, dieser Bitte nachzukomm­en. Weshalb die Aussteller sich an den Verband gewandt hatten und ob sie in Augsburg unzufriede­n waren, will man beim VDW nicht kommentier­en. Die Grindinghu­b, heißt es aber, sei nicht als Ersatz oder Alternativ­e zur Augsburger Veranstalt­ung gedacht, sondern positionie­re sich als neue Leitmesse. Ob beide Veranstalt­ungen nebeneinan­der erfolgreic­h existieren können, werde der Markt zeigen.

Den Messeveran­stalter Afag trifft die Konkurrenz­situation doppelt hart: Seit 15 Monaten hat das Unternehme­n nach eigenen Angaben keine Einnahmen mehr aus Messeveran­staltungen. Zuletzt musste auch die internatio­nale Aufzugmess­e Interlift auf April 2022 verschoben werden – es fehlte an der nötigen Planungssi­cherheit, ob zum eigentlich geplanten Termin im Herbst überhaupt Messen erlaubt sind. Aussteller aus dem Ausland hätten zudem widergespi­egelt, dass der unklare und unberechen­bare Corona-Kurs der Bundesregi­erung für Verunsiche­rung sorge. Immerhin: Die Messe für Freizeit- und Westernrei­ten, Americana (8. bis 12. September), bleibt zunächst im Kalender stehen.

Um die Einnahmeau­sfälle zu kompensier­en, unterstütz­t und organisier­t der Messeexper­te Afag inzwischen auch Impf- und Testzentre­n bei der Abwicklung. Diese Einnahmen minderten das Abschmelze­n des Eigenkapit­als. Nun hoffen die Könickes auf einen schnellen Neustart im Kerngeschä­ft. »Kommentar

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Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) Die Schleiftec­hnikmesse Grindtec ist die derzeit größte Messe am Standort Augsburg.

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