Koenigsbrunner Zeitung

Mordanklag­e nach tödlichem Messerstic­h in Pfersee

Die inzwischen 20 Jahre alte Fabienne K. soll im November an einer Bushaltest­elle einen 28-Jährigen erstochen haben. Warum die Staatsanwa­ltschaft Anklage wegen Mordes erhebt und was die Anwälte dazu sagen

- VON INA MARKS

Das Tötungsdel­ikt an der Bushaltest­elle Uhlandstra­ße im Augsburger Stadtteil Pfersee hatte die Öffentlich­keit schockiert. Der 28 Jahre alte Stefan D. war am 27. November nach einem Streit auf offener Straße durch einen einzigen Messerstic­h getötet worden. Die Wucht des Stichs in seinen Oberkörper muss so heftig gewesen sein, dass er in kürzester Zeit tot war. Verantwort­lich für die brutale Tat soll ausgerechn­et eine junge Frau sein. Fabienne K., die zur Tatzeit noch 19 Jahre alt war, sitzt seitdem in Untersuchu­ngshaft – zunächst hieß es wegen Totschlags. Doch nun hat die Staatsanwa­ltschaft Augsburg gegen die mittlerwei­le 20-Jährige Anklage wegen Mordes erhoben.

Lange war gerätselt worden, warum der gelernte Fleischfac­hverkäufer Stefan D., der von seinen Freunden „Dorschi“genannt wurde, an jenem verhängnis­vollen Tag sterben musste. Wie seine Lebensgefä­hrtin gegenüber unserer Redaktion erzählte, hatte sich Dorschi mit Freunden tagsüber in Pfersee getroffen. Am Abend wollte er wohl den Bus nach Hause nehmen, doch dann kam es zu der fatalen Begegnung.

Wie die Augsburger Staatsanwa­ltschaft mitteilt, sollen zwei jeweils dreiköpfig­e Gruppen zunächst verbal aneinander­geraten sein. Zu der einen, die sich an der Bushaltest­elle aufhielt, gehörte Stefan D., zu der anderen Fabienne K. Gekannt hatte man sich nicht. Der Streit eskalierte. Es kam zu einer Rangelei zwischen dem inzwischen 28-jährigen Begleiter der Angeschuld­igten und dem späteren Opfer. Laut Staatsanwa­ltschaft soll die junge Frau ein mitgeführt­es Klappmesse­r aus ihrer Handtasche genommen und zunächst in ihrer Manteltasc­he verborgen haben. Dann habe sie Stefan D. aufgeforde­rt, ihren Freund in Ruhe zu lassen.

Sie sei dringend verdächtig, so die Ermittlung­sbehörde, Stefan D. einen derart wuchtigen Stich in den oberen Brustberei­ch versetzt zu haben, dass dieser binnen weniger Minuten den Verletzung­en erlag. Das Opfer, so wird betont, habe nicht mit einem Messerangr­iff durch die Frau, die an der Schubserei demnach nicht beteiligt war, gerechnet. Für Rechtsanwa­lt Michael Weiss, der die Familie des Getöteten vertritt, erfüllt genau dieser Punkt das Mordmerkma­l der Heimtücke. Darum zeigt er sich auch nicht überrascht, dass Fabienne K. jetzt wegen Mordes angeklagt wird. Damit habe er gerechnet. Niedere Beweggründ­e liegen für ihn außerdem als ein weiteres Mordmerkma­l vor. Schließlic­h habe es keinen Anlass gegeben, zuzusteche­n, so Weiss. Der Verteidige­r der Beschuldig­ten, Werner Ruisinger, bewertet den Fall rechtlich freilich anders. Einen Mord sehe er hier nicht.

Der Situation sei ein Konflikt vorausgega­ngen, deswegen sei hier nicht von Heimtücke auszugehen, betont er. Aus Sicht seiner Mandantin sei die Auseinande­rsetzung schlimm gewesen, Fabienne K. habe in der Situation Panik gehabt. „Sie ist eine sehr zarte Persönlich­keit, die von Ängsten geprägt ist“, meint Ruisinger über die Friseurin. Die Frage, inwieweit die damals 19-Jährige zum Zeitpunkt der Tat schuldfähi­g war und ob Drogen oder Alkohol eine Rolle spielten, wird in der Hauptverha­ndlung

sicherlich ein wichtiges Thema sein.

Gegen den 28-jährigen Begleiter von Fabienne K. hingegen haben die Ermittlung­en keine Anhaltspun­kte für eine Beteiligun­g an dem Tötungsdel­ikt ergeben. Das Verfahren gegen ihn wegen Körperverl­etzung und anderem wurde abgetrennt und ist noch nicht abgeschlos­sen. Fabienne K. war nach dem tödlichen Stich geflohen, sie wurde wenige Stunden später festgenomm­en. Seitdem befindet sie sich in Untersuchu­ngshaft. Das Strafgeset­zbuch sieht für Mord lebensläng­liche Freiheitss­trafe vor.

Doch da die Angeschuld­igte zur Tatzeit Heranwachs­ende im Sinne des Jugendgeri­chtsgesetz­es war, könnte sie nach dem Jugendgeri­chtsgesetz verurteilt werden. Dann wäre eine Jugendstra­fe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren möglich. Über die Eröffnung des Verfahrens wurde noch nicht entschiede­n. Deshalb gibt es noch keinen Prozesster­min.

»Kommentar

 ?? Foto: Annette Zoepf (Archivbild) ?? Es war im November, als Stefan D. auf offener Straße in Augsburg‰Pfersee starb.
Foto: Annette Zoepf (Archivbild) Es war im November, als Stefan D. auf offener Straße in Augsburg‰Pfersee starb.

Newspapers in German

Newspapers from Germany