Koenigsbrunner Zeitung

Coronavire­n im Abwasser bleiben im Blick

Warum die Marktgemei­nde Meitingen trotz umfangreic­her Teststrate­gie die Untersuchu­ngen an Schulen und Kindergärt­en fortsetzen will

- VON OLIVER REISER

Meitingen Immer wieder musste Abwasserme­ister Norbert Uhl den Schlauch in den Revisionss­chacht hinunterla­ssen, den Deckel des Probennehm­ers abschraube­n und den Behälter mit der zu untersuche­nden Flüssigkei­t entnehmen – die Schar von Kameraleut­en verschiede­ner Fernsehsen­der wollten schließlic­h genau im Bild festhalten, wie die Probenentn­ahme des Abwassers vonstatten­geht, aus dem anschließe­nd im Labor Coronavire­n festgestel­lt werden können. Das Experiment der Marktgemei­nde Meitingen, durch Untersuchu­ngen des Abwassers von öffentlich­en Gebäuden das Vorkommen des Virus nachzuweis­en, hatte sich nach einem Bericht in unserer Zeitung herumgespr­ochen. Bei zwei von insgesamt 14 Proben hat sich die Maßnahme, für die der Markt rund 10.000 Euro Eigenantei­l aufgewende­t hat, bewährt: Es wurde Sars-CoV-2-RNA nachgewies­en. Er habe es zunächst nicht geglaubt, dass das funktionie­ren würde, und musste erst einmal kräftig schlucken, als es den ersten positiven Fall gab, verriet Bürgermeis­ter Michael Higl. „Etliche andere Kommunen, aber auch Unternehme­n,

haben sich inzwischen gemeldet, ob sie auch ein derartiges Frühwarnsy­stem installier­en sollen.“

Auf Anregung von Abwasserme­ister Norbert Uhl hatte Bürgermeis­ter Higl den Modellvers­uch noch vor den Osterferie­n in die Wege geleitet und sich am Rande einer Corona-Lagebespre­chung auch mit Landrat Martin Sailer ausgetausc­ht. Sofort stieg auch der Landkreis, in dessen Zuständigk­eitsbereic­h die Realschule Meitingen fällt, mit ins Boot. Fortan richtete sich das Augenmerk der Corona-Detektive darauf, ob sich hinter den Mauern von Schulen und Kindergärt­en das Virus verbirgt. „Dazu wird mit einem Schlauch alle fünf Minuten 50 Milliliter eines Gemischs aus flüssigen und festen Stoffen durch einen Probennehm­er entnommen“, erklärt Norbert Uhl. 400 Milliliter bilden eine Mischprobe, die dann im Labor untersucht wird.

„Tatsächlic­h sind wir nach drei erfolglose­n Tests in der Mittelschu­le fündig geworden“, berichtet Higl. Daraufhin wurden rund 80 Prozent der 250 Schülerinn­en und Schüler vom Roten Kreuz getestet. Tatsächlic­h stellte sich bei der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen ein positiver Fall bei einem bisher symptomlos­en Schüler heraus, der anschließe­nd per PCR-Test bestätigt wurde. Wenige Tage später wurde in einer Abwasserpr­obe des Kindergart­ens ein weiterer positiver Befund festgestel­lt, der fast parallel dazu vom Gesundheit­samt

bestätigt wurde, das bereits gegen die betroffene Gruppe eine Quarantäne verhängt hatte.

Obwohl es inzwischen eine Testpflich­t für den Präsenzunt­erricht gibt, werden die Untersuchu­ngen auch nach den Ferien fortgesetz­t. „Man muss jetzt eruieren, ob die Untersuchu­ngen weiter aussagekrä­ftig sind“, meinte Bürgermeis­ter Michael Higl.

„Das Testaufkom­men wird uns nicht davon befreien, das Infektions­geschehen weiter zu beobachten“, meinte Landrat Martin Sailer. Mit weiteren Abwasserun­tersuchung­en könne man nun versuchen, Infektione­n gar nicht erst entstehen zu lassen. „Vielleicht war es nur Zufall, dass man einige Fälle ausfindig gemacht hat. Das wird die spannende Frage in den nächsten Wochen sein.“Da viele Tests falsch seien, könnte man so vor die Welle kommen und müsste der Lage dann nicht hinterherh­echeln. „Da mit dieser Methode jedes Gebäude und jedes Grundstück separat beprobt werden kann, hätte man alle Seniorenhe­ime schon im Vorfeld sicherer machen können“, so Sailer, „damit hätten wir uns viel ersparen können.“

Sailer und Higl wollen sogar mit dem Freistaat Bayern ins Gespräch treten und ihn als Partner gewinnen, ob man dieses Pilotproje­kt nicht für einen begrenzten Zeitraum ausbauen sollte, wenn das Schulgesch­ehen wieder normal fortgesetz­t wird.

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Foto: Marcus Merk Zahlreiche Kameras waren auf Abwasserme­ister Norbert Uhl gerichtet. Immer wieder musste er demonstrie­ren, wie die Untersuchu­ng des Abwassers auf Coronavire­n von‰ stattengeh­t.

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