Koenigsbrunner Zeitung

Der Ton zwischen CDU und CSU wird schärfer

Kandidatur Junge Union mit deutlicher Mehrheit für Kanzlerkan­didatur Söders

- VON ULI BACHMEIER, CHRISTIAN GRIMM UND MICHAEL STIFTER

Augsburg Im erbitterte­n Machtkampf um die Kanzlerkan­didatur zwischen Markus Söder und Armin Laschet liegen die Nerven blank. Ursprüngli­ch hatten sich die Rivalen im Lauf der Woche einigen wollen. Doch bis zum Sonntagabe­nd machte keiner der beiden Anstalten, seine Ambitionen aufzugeben. Ein weiteres Vier-Augen-Gespräch endete unentschie­den. Der Ton innerhalb der Union verschärft sich. Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Laschets Vorgängeri­n an der CDUSpitze, warf CSU-Chef Söder mangelnden Respekt vor. Sogar die Gründung eines CDU-Landesverb­andes in Bayern wird inzwischen nicht mehr ausgeschlo­ssen.

Der Europaabge­ordnete Dennis Radtke ist keiner, der um den heißen Brei herumredet. Der Mann kommt aus dem Ruhrpott und verliert die Geduld mit der bayerische­n Schwesterp­artei. „Ich habe nichts dagegen, dass die CSU einen eigenen Anspruch formuliert. Mein Problem ist die brutale Art und Weise, wie sie nun versucht, diesen Anspruch durchzuset­zen“, sagt er unserer Redaktion. Sollte Söder nicht einlenken, dürfe es kein Tabu mehr sein, mit der CDU künftig eben auch in Bayern anzutreten.

Schon einmal stand diese Option im Raum. 1976 wollte CSU-Chef Franz Josef Strauß die Fraktionsg­emeinschaf­t im Bundestag aufkündige­n. Sein Rivale Helmut Kohl drohte im Gegenzug mit dem „Einmarsch“der CDU in den Freistaat. Strauß musste den legendären „Trennungsb­eschluss von Kreuth“kleinlaut wieder einkassier­en. Wiederholt sich nun die Geschichte?

Im Unterschie­d zu damals verlaufen die Gräben heute nicht nur zwischen den Schwesterp­arteien, sondern auch innerhalb der CDU. Die Parteispit­ze steht zwar geschlosse­n hinter Laschet. Doch schon in der zweiten Reihe wird es unübersich­tlicher – und an der Basis erst recht. Die einen verachten Söders „breitbeini­gen, rasierwass­ergetränkt­en“Stil, wie es ein Parlamenta­rier ausdrückt. Andere CDU-Leute sehen in ihrem eigenen Kandidaten Laschet die „Verkörperu­ng eines Politikmod­ells der 80er Jahre“. Was wiederum alle eint, ist eine gewisse Ratlosigke­it, wie der Konflikt gelöst werden kann. „Im Prinzip halten alle in der CSU Söder für den stärkeren Kandidaten; aber viele fragen sich, wie es jetzt weitergehe­n soll“, sagt ein CSU-Vorstandsm­itglied im Gespräch mit unserer Redaktion und fügt hinzu: „Es wird auf jeden Fall ein Scherbenha­ufen.“

Kurz vor dem Ende der selbst gesetzten Frist zur Klärung der Kanzlerkan­didatenfra­ge traf Söder am Sonntagabe­nd in Berlin ein. Womöglich, um eine drohende Kampfabsti­mmung

in der Bundestags­fraktion am Dienstag doch noch abzuwenden. Im Machtkampf steht der Parteinach­wuchs, die Junge Union (JU), mit großer Mehrheit hinter Söder. In einer Videokonfe­renz am Sonntagabe­nd sprachen sich 14 Landesverb­ände mit deutlicher Mehrheit für Söder aus. Für die politische Konkurrenz ist der Zwist ein gefundenes Fressen. Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow wirft der Union vor, über den Machtkampf das Krisenmana­gement zu vernachläs­sigen. „Es muss schön sein, wenn man meint, Corona mal vergessen zu können. Leider gilt das für die große Mehrheit im Land nicht. Außerhalb der Führungsri­ege der Union fragen wir uns nicht, ob Söder oder Laschet, sondern: Wann gibt es genug Impfstoff? Wieso gibt es keine bundesweit­en, sinnvollen und konsequent­en Regeln zur Pandemiebe­kämpfung?“, sagte sie unserer Redaktion. »Leitartike­l und Politik

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