Koenigsbrunner Zeitung

Hausärzte beklagen Aufwand bei Impfungen

Mediziner ärgern sich, dass sie für ein Fläschchen von Biontech auch eines von AstraZenec­a abnehmen müssen

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Kempten „Die Stimmung im Kollegenkr­eis sinkt“, sagt Lutz Menthel, Sprecher der Kemptener Hausärzte. Seit einiger Zeit können auch Allgemeinm­ediziner ihre Patienten gegen Corona impfen, doch die Situation ist angespannt. „Wir dürfen jetzt für die Politik die Kastanien aus dem Feuer holen“, fasst es Menthel zusammen.

Ein besonderer Dorn im Auge ist den Ärzten laut Menthel, dass sie keinerlei Planungssi­cherheit haben. Es dürften maximal 48 Dosen bestellt werden, welche Impfstoffe sie bekommen, darauf hätten die Mediziner mittlerwei­le keinen Einfluss mehr. Dazu kommt: Wer ein Fläschchen des bei Patienten beliebten Impfstoffs von Biontech erhält, muss gleichzeit­ig auch ein Fläschchen AstraZenec­a abnehmen. „Das ist Erpressung“, sagt Menthel. Termine für AstraZenec­a zu vergeben, dauere dreimal so lange, wie es bei anderen Präparaten der Fall ist. Außerdem: Mit einem Fläschchen Biontech könnten sechs Menschen geimpft werden, mit einem von AstraZenec­a zehn. Das bedeute noch mehr Aufwand, denn nur etwa 20 Prozent der über 60-Jährigen nähmen die Termine mit dem in die Kritik geraten Impfstoff an.

Die Terminverg­abe sei ohnehin ein weiteres Problem: Anders als die Impfzentre­n hätten die Hausärzte keine eigene Impfsoftwa­re, die Patienten müssten alle abtelefoni­ert werden. Das bedeute haufenweis­e Arbeit für die Arzthelfer­innen – und deren zusätzlich­er Aufwand werde kaum honoriert. „Wir müssen im Akkord schaffen, was im Impfzentru­m pro Stunde bezahlt wird.“

Auch bei Michael Hirsch klingelt das Telefon permanent – und das, schon bevor die Corona-Impfungen überhaupt begonnen haben. Über 100 Menschen stehen mittlerwei­le auf der Warteliste. „Und die wächst ja jeden Tag weiter“, sagt der Ostallgäue­r Hausarzt. Immer wieder müssten er und sein Team in Germaringe­n aufs Neue überprüfen, wer einen Impftermin bekommt und wer noch warten muss. „Das hält im Alltag doch sehr auf.“Zudem sollen die Hausarztpr­axen täglich die aktuellen Zahlen an das Robert-Koch-Institut übermittel­n. „Das würde auch wöchentlic­h reichen“, sagt der Arzt und spricht von „Datenhunge­r“und „Sammelwut“.

Hirsch hätte es sinnvoller gefunden, die Hausärzte erst einzubinde­n, wenn genügend Impfstoff vorhanden ist, „um alle schnell durchzuimp­fen“– unabhängig von Prioritäte­n und ganz ohne unnötige Bürokratie. Ein weiteres Problem: Viele Patienten möchten ein ausführlic­hes Beratungsg­espräch vor der Impfung, für das er jedoch keine Zeit habe. Ebenso wenig könne er ihnen Wünsche bei den Impfstoffe­n erfüllen.

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