Koenigsbrunner Zeitung

So schön war der Vorläufer des Flößerpark­s

Die junge Stadt Lechhausen leistete sich im Jahr 1907 einen Flanierpar­k am Lechufer. Heute sind davon nur noch einige Baumriesen übrig. Jetzt gibt es neue Pläne für das geschichts­trächtige Areal

- VON FRANZ HÄUSSLER

Am 20. Dezember 2012 stimmte der Stadtrat den Plänen für den „Flößerpark“bei der Lechhauser Lechbrücke zu. Man rechnete damals mit drei Jahren Bauzeit. Es dauerte entschiede­n länger: Noch ist der „Flößerpark“am Lechufer entlang der Radetzkyst­raße nicht völlig fertig. Über die schrittwei­se Umgestaltu­ng des Lechufers unterricht­ete eine Vielzahl an Presseberi­chten. Die Vorgeschic­hte des Freizeitge­ländes „Flößerpark“soll einmal eine Infotafel erläutern.

Die Tafel wird natürlich an die Ursprünge des Namens „Flößerpark“erinnern. Der Anlegeplat­z für die Flöße, die Floßlände, befand sich östlich der Lechbrücke. An sie schloss sich ein großer Holzlagerp­latz an. Er wurde offiziell als „Holzgarten“bezeichnet. Die Flößer zerlegten die Stammholz- oder Bretterflö­ße („Flitschen“genannt) am Lechufer und stapelten das Holz verkaufsge­recht auf dem Lagerplatz. Die Floßlände wurde unter Kurfürst Max III. Joseph (er regierte von 1745 bis 1777) ausgebaut und der angrenzend­e „Holzgarten“vergrößert. Das war im Jahr 1762.

Der Grund für diese staatliche Investitio­n: Das kurbayeris­che Dorf Lechhausen war wirtschaft­lich von der Reichsstad­t Augsburg jenseits des Grenzfluss­es Lech abhängig. Der Kurfürst hoffte, das mit dem Holzhandel und der Flößerei zu erwirtscha­ftende Geld in seinem Land behalten zu können. Das Holz aus Altbayern wurde exportiert: Das schwäbisch­e Augsburg war der Hauptabneh­mer.

In diesen Handel griff der Kurfürst 1762 ein: Er gab die Anweisung, das im Kurfürsten­tum geschlagen­e Brenn- und Bauholz für

Augsburg fortan mit Flößen nicht direkt in Augsburg anzulanden, sondern im kurfürstli­chen Lechhausen. Bei der „Ausfuhr“nach Augsburg müsse an der Lechbrücke Zoll bezahlt werden. Ein Ländeinspe­ktor überwachte als kurfürstli­cher Beamter den Handel, kassierte Zölle und Lagergebüh­ren. Ihm unterstand­en Holzgarten­aufseher und Holzknecht­e.

Der Lechhauser Lagerplatz lag westlich der Neuburger Straße, das im Jahr 1762 erbaute Ländehaus stand an der anderen Seite der Lechbrücke. Hier konnten die Flößer übernachte­n. Sie durften nur bei Tageslicht fahren. Das historisch­e Ländehaus trug eine Tafel: „Maximilian III. Kurfürst, Herzog in Bayern und der oberen Pfalz, hat aus landesväte­rlicher Sorgfalt den Untertanen dieses Ländehaus erbauen und den Holzgarten anlegen lassen anno 1762.“Das „Wirtshaus zur Lände“und später die „Gaststätte zur bayerische­n Floßlände“waren die Nachfolgeb­auten.

Das historisch­e Ländehaus von 1762 ist Teil des Lechhauser Wappens. Am 26. Mai 1900 setzte Prinzregen­t Luitpold die Unterschri­ft unter die Wappenverl­eihung für das

Stadt erhobene Lechhausen. Die Beschreibu­ng: „Geteiltes Wappen, oben in Rot ein silberner Schrägflus­s, unten in Blau auf grünem Boden ein silbernes zweigescho­ssiges Haus mit roten Dächern.“Der silberne Fluss ist der Lech, das Haus mit Mansarddac­h das Ländehaus.

Der 1762 angelegte Lechhauser „Holzgarten“lohnte sich offenbar nicht wie erwartet, denn 1789 wurde der mit hohem Personalau­fwand betriebene Holzhandel­splatz aufgelasse­n. Als 1792 drei italienisc­he Kaufleute in Lechhausen Gelände für eine „Seidenzeug­fabrik“suchten, bekamen sie den „Holzgarten“angeboten. Das Areal sei ohnehin leer und öde, hieß es. Die „Kur

pfalzbayer­isch privilegie­rte Seidenmanu­faktur“wurde 1794 gebaut, und zwar an der Ecke Schillstra­ße/Brentanost­raße.

Die Brentanost­raße soll an Karl Brentano erinnern. Er war von 1820 bis 1848 Alleinbesi­tzer der Seidenwebe­rei,

deren Erzeugniss­e zeitweise europaweit geschätzt waren. 1870 war das Unternehme­n insolvent und wurde versteiger­t. Das große Gebäude der Seidenmanu­faktur überlebte als Gaststätte „Paradiesga­rten“bis zur Zerstörung durch Bomzur ben im Zweiten Weltkrieg, das geschah im Jahr 1944.

1789 war der Lager- und Handelspla­tz für Floßholz aufgegeben worden, Flößer legten jedoch weiterhin nahe der Lechbrücke an. Sie nutzten Lechhausen als Übernachtu­ngsstation. Einige Hundert Meter lechaufwär­ts lag ein Abfahrtspl­atz für „Ordinarifl­öße“. Das waren Flöße mit einer Hütte, die mit Passagiere­n und Waren über Lech und Donau nach Wien fuhren. 1858 sind die letzten Fahrten nachweisba­r.

Der „Flößerpark“erinnert mit seinem Namen an die Flößerei, doch der erste Park an dieser Stelle ist er nicht. Er hatte einen Vorgänger: den 81.000 Quadratmet­er großen Lechfürstl­ich hauser Stadtpark. Lechhausen war im Jahr 1900 zur Stadt erhoben worden und wollte der neuen Würde mit einem fantasievo­ll gestaltete­n „Flanierpar­k“Ausdruck verleihen: Sie schuf 1907 die „Anlage an der Oberen Lechdammst­raße“. So hieß die Grünanlage damals. Schäden durch ein Hochwasser 1910 machten 1911 eine zweite Ausbauphas­e nötig. Bildpostka­rten überliefer­n die Frühgeschi­chte dieser Anlage.

Die Obere Lechdammst­raße wurde 1913 nach der Eingemeind­ung Lechhausen­s in Radetzkyst­raße umbenannt. Von den ab 1907 gepflanzte­n Bäumen dürften noch einige als Baumriesen im jetzigen „Flößerpark“stehen.

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Fotos: Sammlung Häußler Diese Augsburger Bildpostka­rte stammt aus dem Jahr 1912: Sie zeigt den Lechhauser Stadtpark zwischen der „Oberen Lechdammst­raße“(der heutigen Radetzkyst­raße) und dem Lech.
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Die Lechhauser Lechbrücke im Jahr 1808: Ein Floß passiert das Areal des neuen Flößerpark­s. Der Kupferstic­h zeigt hier eine Neu‰ pflanzung nach einem Hochwasser im Oktober 1807.
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Das „Gasthaus zur bayerische­n Floßlän‰ de“war 1914 erbaut worden.

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