Bonstetten wird zur beliebten Wohngegend
Die Enzyklopädie scheint über alles Bescheid zu wissen. Aber wie gut kennt sie Orte im Kreis Augsburg? Dieser Frage gehen wir in unserer Serie nach. Heute: Bonstetten
Bonstetten Der Wikipedia-Eintrag zu Bonstetten erzählt von einem Wandel: „In der jüngeren Geschichte spiegelt sich vor allem der Übergang von der einst rein bäuerlichen Siedlung zur heutigen, bevorzugten Wohngemeinde mit Naherholungscharakter.“Jahreszahlen stehen nicht dabei, aber der UrBonstetter Anton Mayr weiß, was damit gemeint ist. In den Jahren nach dem Krieg habe Bonstetten nur etwa 500 Einwohner gehabt, jeder sei in der Landwirtschaft beschäftigt gewesen: „In Bonstetten waren 49 Bauern“, sagt Mayr. Der 85-jährige ehemalige Land- und Forstwirt lebt seit seiner Geburt in der Gemeinde im westlichen Landkreis Augsburg.
Bürgermeister Huber, der von
W1966 bis 1984 im Amt war, habe dann den Kapellenberg zu Bauland gemacht.
Zuerst ziemlich chaotisch: „Da hat jeder gebaut, wie er will, da wurde vorher keine Straße gebaut und kein Kanal verlegt“, sagt Mayr. Die Bevölkerungszahl schnellte nach oben. Während sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts relativ konstant um die 500 lag, verdreifachte sie sich zwischen 1970 und heute nahezu von 571 auf rund 1500 Einwohner.
Über viele Jahrhunderte spielte die Pfarrkirche St. Stephan in Bonstetten eine große Rolle. Im eigenen Wikipedia-Eintrag des Gotteshauses steht, dass sich schon im elften Jahrhundert, vor der ersten urkundlichen Erwähnung Bonstettens, ein Sakralbau dort befunden habe, wo heute die Kirche steht. „Das war eine Holzkirche damals“, erklärt Mayr. Der 85-Jährige hat eine andere entscheidende Phase als Mitglied des Pfarrgemeinderats miterlebt: den Abriss von Pfarrhof und Langhaus und den Neubau in den frühen 1980er-Jahren. „Bloß der Chor vorne ist geblieben“, erinnert er sich.
Während der Bauzeit seien die Gottesdienste in einem Zelt abgehalten worden. Das kam bei den Bürgern gar nicht so schlecht an:
„Die Zeltkirche war beliebt, weil die damals geheizt worden ist“, sagt Mayr. Das war in St. Stephan vor dem Neubau nicht der Fall. Zum ersten Mal war Mayr in den 1930erJahren als kleiner Junge mit seinem Vater in seiner Heimatkirche – und seitdem fast jede Woche.
Während des Zweiten Weltkriegs hatte die Kirche in Bonstetten noch eine andere Funktion: „Es gab immer wieder Alarm, wenn Tiefflieger kamen“, erinnert sich Mayr. Schutzsuchende seien dann in die Kirche geströmt. Nur ein paar wenige, die am Hang wohnten, hätten behelfsmäßig versucht, sich eigene Bunker zu graben.
Ein Glück für Bonstetten: Der örtliche Volkssturmführer habe sich geweigert, den anrückenden amerikanischen Panzern Baumstämme in den Weg zu rollen und so eventuell einen Angriff des Dorfes zu provozieren. Dann erreichten die Alliierten Truppen den Ort. „Da kam nachts um zwölf die Nachbarin und sagte, die Amerikaner kommen jetzt“, erzählt der 85-Jährige. Viele hätten mitten in der Nacht begonnen, Brot zu backen, um Proviant zu haben.
Es kam anders: Die amerikanischen Truppen seien ein paar Wochen geblieben. Einige seien im Hof seiner Familie eingezogen, sagt Mayr. Dadurch musste er sich mit seinen Geschwistern und Eltern ein Zimmer teilen. „Das Ganze ist dann lockerer geworden“, erzählt er. Die Soldaten hätten etwa, zur Freude der Bonstetter Kinder, gelegentlich Kaugummi verschenkt.
Was Wikipedia bei Bonstetten nicht nennt, sind berühmte Persönlichkeiten. Dabei ist die 1500-Einwohner-Gemeinde Heimat eines deutschen Fußballmeisters. Armin Veh gewann den Titel 2007 mit dem VfB Stuttgart. „Der hat hier gebaut“, sagt Mayr, „er lebt bestimmt schon sechs oder sieben Jahre hier.“