Koenigsbrunner Zeitung

Werden Imame an Bayerns Unis ausgebilde­t?

Bildungspo­litiker diskutiere­n staatliche Lehre für muslimisch­e Gemeindevo­rsteher. Islamische­r Unterricht kommt

- VON SARAH RITSCHEL

München Wer in Bayern evangelisc­her Pfarrer werden will, besucht die Universitä­t und macht anschließe­nd eine praktische Ausbildung, das Vikariat. Angehende katholisch­e Priester besuchen parallel zur Universitä­t das Priesterse­minar. Die Institutio­nen Kirche und Staat teilen sich also die Ausbildung. Bei muslimisch­en Imamen ist das bislang anders. Deren Ausbildung liegt allein in der Hand der islamische­n Gemeinden.

Das könnte sich bald ändern. CSU-Bildungsex­perte Ludwig Spaenle, einst bayerische­r Kultusmini­ster, möchte die Möglichkei­t prüfen lassen, Imame künftig an bayerische­n Universitä­ten auszubilde­n. An diesem Donnerstag berät der Bildungsau­sschuss des Landtags über Spaenles Antrag. Sein Vorbild ist Niedersach­sen. Dort hat die Universitä­t Osnabrück ein Islamkolle­g eingericht­et, an dem sich islamische Theologen in zwei Jahren zum Gemeindevo­rsteher weiterbild­en können – auf Deutsch und mit Blick auf gesellscha­ftliche und integrativ­e Werte. Teil der Ausbildung – die auch Frauen offensteht – sind etwa Predigtleh­re, Koranrezit­ation, gottesdien­stliche Praktiken und soziale Arbeit. „Ich würde es begrüßen, etwas Vergleichb­ares wie das Osnabrücke­r Modell einer hochschulg­estützten Imam-Ausbildung auch für Bayern anwendbar wäre“, sagt Spaenle. „Es ist ein wichtiges integratio­nspolitisc­hes Signal, dass sich das Bundesinne­nministeri­um daran finanziell beteiligt. Und die Universitä­ten in Deutschlan­d garantiere­n eine verfassung­skonforme Ausbildung.“

Noch erhält ein Großteil der rund 2600 Vorbeter in Deutschlan­d seine Ausbildung in der Türkei und wird dann in die muslimisch­en Gemeinden hierzuland­e entsandt. Mehrere der großen Islamverbä­nde, Ditib und Milli Görüs etwa, haben mittlerwei­le auch eigene Ausbildung­sstätten in Deutschlan­d. Ihnen wird aber von Kritikern vorgeworfe­n, dass sie zu sehr unter dem Einfluss von Ankara stehen.

Muslimisch­e Vertreter positionie­ren sich mehrheitli­ch gegen eine staatliche Imam-Ausbildung. Der Islamrat für die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, ein Zusammensc­hluss aus mehr als 400 Moscheegem­einden, hat auf das Studium in Osnabrück bereits reagiert: „Die ImamAusbil­dung ist Sache der islamische­n Religionsg­emeinschaf­ten. Insofern bestimmen sie selbst ihre Inhalte und Kooperatio­nspartner. Der Staat sollte nicht unterstütz­end in dieser Form mitmachen.“Lediglich der kleinste islamische Dachverban­d, der Zentralrat der Muslime, unterstütz­t das Angebot.

Gabriele Triebel, bildungs- und religionsp­olitische Sprecherin der Grünen im Landtag, hat Spaenles Antrag für den Bildungsau­sschuss geprüft. Eine wissenscha­ftlich fundierte Imam-Ausbildung in deutscher Sprache hält sie für einen „wichtigen Baustein, um die religiöwen­n se Bildung der muslimisch­en Kinder und Jugendlich­en in Bayern langfristi­g auf ein gutes Fundament zu stellen“. Der zweite Aspekt ist ihrer Meinung nach ein konfession­eller islamische­r Religionsu­nterricht an den Schulen.

Tatsächlic­h wird es ab Herbst Islamische­n Unterricht in Bayern geben. Der Landtag signalisie­rte am Dienstag breite Zustimmung für das Fach. Die AfD lehnt es ab.

Bisher hatte Islamische­r Unterricht nur als Modellvers­uch an 364 Schulen existiert. Die Lehrer werden an der Universitä­t ErlangenNü­rnberg ausgebilde­t. Ab dem nächsten Schuljahr ist der Islamunter­richt ein Wahlpflich­tfach. Das heißt, dass Kinder muslimisch­en Glaubens nicht mehr den Ethikunter­richt besuchen müssen.

Religionsu­nterricht nach der Vorstellun­g der Grünen ist es trotzdem nicht. Denn das Angebot ist nicht konfession­ell. Anders als bei katholisch­er und evangelisc­her Religionsl­ehre definieren nicht die Kirchen die Inhalte, sondern der Staat. Für Triebel ist das nicht mehr als „ein Ethikunter­richt mit besonderer Erwähnung des Islam. Eine echte Gleichstel­lung der Religionen sieht anders aus.“. Die mehr als 160000 muslimisch­en Schüler in Bayern „verdienen einen echten konfession­ellen Religionsu­nterricht, der identitäts­stiftend wirkt und Orientieru­ng schafft“. Das Kultusmini­sterium lehnt das bislang ab – vor allem, weil es keinen Ansprechpa­rtner gibt, der im Namen aller muslimisch­en Verbände sprechen könnte. Die Grünen empfehlen daher eine Stiftung, in der Vertreter der einzelnen Verbände genauso wie Wissenscha­ftler mit religiöser Expertise mitarbeite­n könnten.

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 ?? Foto: Axel Heimken, dpa ?? Imame sind die Vorbeter muslimisch­er Gemeinden. Etwa 2600 gibt es in Deutsch‰ land.
Foto: Axel Heimken, dpa Imame sind die Vorbeter muslimisch­er Gemeinden. Etwa 2600 gibt es in Deutsch‰ land.

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