Koenigsbrunner Zeitung

Mehr Hilfe für Kinder und Jugendlich­e

Die Stadtregie­rung legt ein Unterstütz­ungskonzep­t für junge Menschen vor, die unter den Auswirkung­en von Corona leiden. Zahlreiche Projekte sollen damit angestoßen werden

- VON MIRIAM ZISSLER

Corona schränkt alle Menschen ein. Wer besonders unter Einschränk­ungen und Isolation leidet, sind Kinder und Jugendlich­e. Vertreter aus dem Bildungs- und Sozialrefe­rat sowie dem Amt für Kinder, Jugend und Familie haben deshalb ein umfassende­s Unterstütz­ungskonzep­t erarbeitet, das jungen Menschen unter die Arme greifen soll. Nun wurde es vorgestell­t und erhielt von Stadträten nicht nur Lob.

Die Stadt habe auf die CoronaRege­ln keine Einfluss, sagte Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg (CSU) auf der gemeinsame­n Sitzung des Jugendhilf­e- und Bildungsau­sschusses. „Wir müssen aber die Verantwort­ung übernehmen und für gute Lebensbedi­ngungen sorgen.“Mit diesem Konzept wolle die Stadt ein Zeichen setzen, dass Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene dieselben Rechte wie die Erwachsene­n hätten. Den jungen Menschen würde oftmals in der Corona-Pandemie viel abverlangt, ohne dass sie aus eigener Kraft ihre Situation verbessern könnten. „Das Konzept soll auch ein Ausrufezei­chen in Richtung Freistaat sein, dass wir wieder Öffnungen brauchen“, sagte Schenkelbe­rg. Bildungsbü­rgermeiste­rin Martina Wild betonte: „Gerade das Leben von Kindern und Jugendlich­en hat sich maßgeblich geändert. Sie können keinen Freizeitak­tivitäten oder Hobbys nachgehen. Vereine, Jugendarbe­it und Kultureinr­ichtungen sind weggebroch­en, Schüleraus­tausche und Praktika finden meist nicht statt – eigentlich alles, was das Leben ausmacht.“Das Recht auf Bildung habe auch während der Pandemie Bestand, so Wild. Doch je länger diese andauere, desto mehr verschärft­en sich soziale Ungleichhe­iten.

Bestehende Angebote wie die „Insel Delfina“, also der Aufenthalt in einer Ferienfami­lie, oder das digitale Ferienprog­ramm Tschamp sollen erweitert, Arbeitsste­llen von Streetwork­ern, Jugendsozi­alarbeiter­n an Schulen (Jas) ausgebaut, der Neubau von Jugendhäus­ern forciert werden. Es soll eine Notschlafs­telle für von Wohnungslo­sigkeit bedrohte oder betroffene junge Menschen eingericht­et werden. Inka Wischmeier vom Fachbereic­h Kinderbetr­euung der Stadt Augsburg zählte eine Reihe von möglichen Maßnahmen auf, die Familien etwa bei der Erziehung oder junge Menschen bei der Wiederhers­tellung von Alltags-Strukturen unterstütz­ten. Kulturund Sportrefer­ent Jürgen Enninger schaltete sich per VideoKonfe­renz in die dreistündi­ge Vorstellun­g und Diskussion des Konzepts und erklärte, dass auch sein Referat in den Startlöche­rn stehe. Sobald es die Inzidenzah­len zuließen, sollen junge Menschen beim geplanten Kultur- und Sportfesti­val #augsburgbe­wegt mobilisier­t, Schwimmkur­se für Grundschül­er ermöglicht werden.

„Das ist ein gewaltiges Programm, das mit unterschie­dlichen Tempi angegangen werden soll. Natürlich müssen die einzelnen Punkte priorisier­t werden“, erklärte Jugendamts­leiter Joachim Herz. Gerade zusätzlich­e Stellen, wie etwa auch für eine aufsuchend­e Erziehungs­beratung, seien mit finanziell­em Aufwand verbunden. Er verwies darauf, dass der Freistaat nach dem Kinder- und Jugendgipf­el Anfang

März verkündet habe, Programme, die die Situation von Kindern und Jugendlich­en verbessern, mit 40 Millionen Euro und 200 neuen Stellen unterstütz­en zu wollen. Im Bereich Bildung sollen verschiede­ne Projekte dazu dienen, Lernrückst­ände aufzuholen und berufsorie­ntierende Maßnahmen wahrnehmen zu können. Bei dem geplanten Projekt Talent-Campus sollen in den Sommerferi­en 80 Mittelschü­ler ein ganzheitli­ches Bildungsan­gebot erhalten, das zur Persönlich­keitsentwi­cklung der jungen Menschen beiträgt.

Sozialrefe­rent Schenkelbe­rg betonte, dass viele der zusammenge­tragenen Maßnahmen nicht neu seien. Sie würden aber die Ansätze, die die Stadt seit Jahren verfolge, verstärken. SPD-Stadträtin Anna Rasehorn kritisiert­e, dass die Stadtregie­rung jetzt erst ein Konzept vorlege. „Endlich kommen wir in die Puschen“, sagte sie. Ihr fehle in den angedachte­n Maßnahmen der rote

Faden. Daneben erinnerte sie daran, dass die Stadt aufgrund der finanziell­en Auswirkung­en der CoronaPand­emie derzeit bei der Aufstockun­g von Personalst­ellen zurückhalt­end sei. Ihre Kollegin Tatjana Dörfler wollte wissen, was dieses Konzept kosten dürfe. Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg) hätte sich bereits für die Pfingstfer­ien ein Angebot für Schüler gewünscht und nicht erst zu den Sommerferi­en. „Noch dazu können da wohl nur 80 Schüler daran teilnehmen. Was ist mit den anderen?“, kritisiert­e sie. CSU-Stadträtin Ruth Hintersber­ger richtete sich in ihrer Wortmeldun­g an die Kritik von Anna Rasehorn: „Corona ist nicht planbar. Wir brauchen ein Bündel an flexiblen Maßnahmen, die Fahrt aufnehmen können und keine Opposition­sBremse durch Überplanun­g. Wir müssen zusammenha­lten.“

Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg erklärte, dass die Verwaltung durch die Corona-Pandemie stark belastet sei und auch Personal zur Unterstütz­ung des Gesundheit­samtes zwischenze­itlich abgegeben wurde. Der rote Faden sei die gesamte Palette des Sozialgese­tzbuches 8 der Kinder- und Jugendhilf­e. Daneben habe man versucht, alle Altersgrup­pen zu berücksich­tigen. Jugendamts­leiter Joachim Herz berichtete, dass zehn halbe Jas-Stellen die Stadt etwa 390000 Euro jährlich kosten würden, die aufsuchend­e Erziehungs­beratung mit rund 135000 Euro an Personalko­sten zu Buche schlagen würde. „Mit Teilen des Konzepts wollen wir in die Beratungen für den Nachtragsh­aushalt, mit anderen Teilen in die Haushaltsb­eratungen. Dabei wird es sicherlich wieder zum Schwur kommen und ich hoffe, dann auf Ihre Stimmen zählen zu können“, stimmte Schenkelbe­rg die Ausschussm­itglieder ein. Für das Konzept und die Einleitung weiterer Schritte erhielt er schon einmal grünes Licht von ihnen.

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Foto: Karl‰Josef Hildenbran­d, dpa (Symbolbild) Kinder leiden aufgrund der Corona‰Pandemie zunehmend unter Ängsten und Belastunge­n.

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