Warum eine Badewiese jetzt voller Bienen ist
Im Frühjahr gehört das Gögginger Luftbad einer besonderen Wildbienenart. Die ist nützlich und hat den ganzen Winter auf ihren Einsatz gewartet. Wo die Tierchen im Sommer sind
Wer an warmen Tagen gerade im Gögginger Luftbad über die Wiese läuft, hört ein intensives Summen. Knapp über den Boden fliegen Tausende Bienen, die sich auch von Spaziergängern nicht stören lassen und sogar sonnenhungrige Menschen auf ihren Badehandtüchern einfach ignorieren. Auf der Wiese tummeln sich liebeshungrige Seidenbienenmännchen auf der Suche nach einer Partnerin. Und wenn sie nicht gleich fündig werden, fingen sie unter Umständen sogar an zu graben, um die Angebetete ans Licht zu zerren, weiß Nicolas Liebig, der Chef des Augsburger Landschaftspflegeverbandes.
„Die Bienen, die da zugange sind, gehören zu den über 570 Wildbienenarten, die jetzt im Frühjahr unterwegs sind und dafür sorgen, dass Blumen, Obstbäume und andere Pflanzen bestäubt werden. Die Seidenbienen leben in großen Kolonien auf sandigem Boden und graben sich bis zu 30 Zentimeter tiefe Röhren in den Boden. Im Gegensatz zu Honigbienen bilden sie keine Schwärme mit einer Königin, sondern jedes Weibchen sucht sich einen Partner, was das wilde Gesumme im Frühling erklärt. Und im Gegensatz zu Honigbienen ist ihr Stachel auch nicht kräftig genug, um durch die menschliche Haut zu kommen, weshalb sie für den Menschen harmlos sind. Wildbienen sind aber auch nicht aggressiv und interessieren sich nicht für Menschen“, erklärt Liebig. „Deshalb seien sie auch beispielsweise im Garten nicht gefährlich – selbst wenn sich dort Kinder aufhalten.“
Die Seidenbiene habe ihren Namen von dem seidigen Gespinst, mit
sie ihre Wohngänge auskleidet, erklärt der Insektenexperte. Sie kommen in Augsburg an mehreren Stellen vor – ursprünglich sind sie an den weichen Sand an Lech und Wertach angepasst. „An den Flussauen gibt es mehrere große Kolonien, aber auch beispielsweise im Wittelsbacher Park findet man die Insekten“, so Liebig.
Wildbienen haben eine Vielzahl von Überlebensstrategien entwickelt. Die Seidenbiene krabbelt aus ihren Wohnröhren, sobald die ersten warmen Sonnenstrahlen die Wiese erwärmen. Ihre Nahrung findet sie an blühenden Weiden, wie sie an Flussläufen zu finden sind. „Deshalb ist es wichtig, dass die Menschen die Weidenzweige nicht abschneiden, damit die Wildbienen Futter finden“, betont Liebig.
Wenn die Badesaison beginnt, ist von den Bienen im Luftbad nichts mehr zu sehen. „Der Spuk ist im Mai vorbei, gerade rechtzeitig zum Beginn der Saison“, weiß der Insektenexperte. Die Bienen haben dann ihre Wohnröhren mit genug Futter für den Nachwuchs ausgestattet und in mehreren Brutkammern Eier abgelegt. Die schlummern dann unter der Grasdecke, während darüber die Menschen ihrem Sommervergnüdem gen nachgehen. „Während oben die Badenden auf ihren Handtüchern liegen, schlüpfen direkt unter ihnen die Bienen und wachsen im Dunkeln langsam heran“, so Liebig. Im Herbst sind die Bienen ausgewachsen. „Sie kommen aber nicht ans Tageslicht, sondern bleiben in ihrer Röhre und überwintern dort auch.“Die kleinen Insekten können auch extremer Kälte trotzen und sitzen den Winter einfach aus. „Dadurch gehören sie im Frühjahr zu den ersten, die an die begehrten Futterquellen können.“
Wer in seinem Garten Wildbienen entdeckt, kann sich bei der Stadt oder beim Landschaftspflegeverband Rat holen, wie er die wichtigen Insekten schützen und trotzdem seinen Garten nutzen kann. Im Rahmen des Projektes „Insekten.Vielfalt.Augsburg“haben Stadt und der Landschaftspflegeverband die vergangenen zwei Jahre verschiedene Aktionen zum Insektenschutz unternommen.
Das Projekt läuft aus, doch in diesem Jahr wird noch einmal eine „Insektenrangerin“als Ansprechpartnerin für die Bevölkerung installiert. Die Stelle ist auf ein Jahr befristet. „Wir haben viele Nachfragen aus der Bevölkerung, aber auch beispielsweise von Schulen und Kindergärten“, so Liebig. Sie alle haben mit der Insektenexpertin eine Ansprechpartnerin für alle Fragen rund um die Insekten.