Koenigsbrunner Zeitung

Bauarbeite­r will Reh aus einem Altstadtka­nal retten

Das Tier fiel ins Wasser und trieb ab. Es kam zu einem Rettungsve­rsuch, der nicht ungefährli­ch war

- VON INA MARKS

Eine Joggerin hat das Reh am Mittwochna­chmittag an der Friedberge­r Straße auf Höhe der Hochschule bemerkt. Wie sie berichtet, sei das Reh in Richtung Innenstadt geflüchtet. Von da an gingen bei Polizei und Berufsfeue­rwehr mehrere Meldungen besorgter Augsburger ein. Denn das aufgeschre­ckte Tier war schließlic­h in einen der Stadtkanäl­e gestürzt. Zeugen sahen, wie es auf Höhe der Remboldstr­aße in Richtung Innenstadt abtrieb.

Kurz vor 15 Uhr schaute Altstadtbe­wohnerin Anne Eichmann zufällig aus dem Fenster und traute ihren Augen nicht. In dem Kanal, der an ihrem Haus vorbeiführ­t, schwamm ein Reh. „Es sah recht entspannt aus, das Köpfchen war oben“, schildert die Augsburger­in. Sie habe die Feuerwehr alarmiert und sei dann raus auf die Straße gegangen, um zu verfolgen, was passiert. Wie sie berichtet, trieb das Reh am Mittleren Lech entlang, doch auf Höhe der Sterngasse war für das Tier Endstation.

An dieser Stelle befindet sich ein Rechen. Diese gibt es in den verzweigte­n Kanälen in der Stadt mit über 500 Brücken immer wieder. Anne Eichmann musste beobachten, wie der Kopf des Tieres unter Wasser geriet und der Körper zu zappeln begann. Bauarbeite­r, die auch Zeugen des Tierdramas wurden, griffen beherzt ein. Laut Eichmann sprang einer von ihnen sofort in den Kanal, um das Tier zu retten. „Aber es hatte sich mit seinen Hörnern in dem Rechen verfangen.“

Dem Reh konnte nicht mehr geholfen werden. Wie Anselm Brieger von der Berufsfeue­rwehr erzählt, bargen seine Kollegen von der Taucher

und Schwimmret­ter-Einheit in Neoprenanz­ügen das ertrunkene Tier. Den Bauarbeite­r trafen die Einsatzkrä­fte nicht mehr an. Vermutlich war der Mann gegangen, um sich trockene Kleidung zu besorgen. Wie Polizei und Berufsfeue­rwehr betonen, war dessen Einsatz nicht ungefährli­ch.

„An der Stelle befindet sich hinter dem Rechen ein Kraftwerk, dort ist die Strömung wohl sehr stark“, sagt Polizeispr­echer Benedikt Weber. Auch Anselm Brieger betont, dass die Kanäle, auch wenn sie beschaulic­h aussehen, ihre Tücken haben. „Die Fließgesch­windigkeit des Wassers ist hoch und es gibt immer wieder diese Überdeckel­ungen, an deren Stellen zwischen Betondecke und Wasserober­fläche oft nur wenige Zentimeter übrig bleiben“, warnt er.

Für die Berufsfeue­rwehr gehören Tierrettun­gseinsätze zum Alltag. Immer wieder kommt es dabei auch vor, dass Vierbeiner in den Kanälen in die Bredouille geraten – sogar Biber, die sich eigentlich gerne im Gewässer aufhalten. So musste die Berufsfeue­rwehr im vergangene­n Sommer einem Biber im Sparrenlec­h aus Holzlatten eine Brücke bauen, weil sich der ängstliche Nager nicht mehr von einem Stein mitten im strömenden Wasser herunterge­traut hatte.

Auch kommt es alle paar Jahre vor, dass sich Wildtiere wie Rehe oder Wildschwei­ne in die Innenstadt verirren. Das sei laut Brieger aber eher selten. Vor etlichen Jahren etwa hatte ein Reh für Aufregung gesorgt, das im Fribbe-Kanal trieb. Die Retter brachten das tropfnasse Bambi in eine Tierklinik. Nach der Untersuchu­ng wurde das Tier damals im Siebentisc­hwald freigelass­en.

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Foto: Anne Eichmann Männer versuchten noch, das Reh aus dem Mittleren Lech zu retten. Einer sprang dazu ins Wasser. Doch er hatte keine Chance, das Tier ertrank.

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