Koenigsbrunner Zeitung

Damit es in der Werkstatt rundläuft

Der Neu-Ulmer Marvin Praschmo macht eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogis­tik. Der 23-Jährige erzählt, was diesen Beruf besonders macht und wie sein Arbeitsall­tag aussieht

- VON OLIVER WOLFF

Neu‰Ulm Ein durchschni­ttliches Auto besteht aus ungefähr 10000 Einzelteil­en. Im Laufe eines Autolebens geht das ein oder andere kaputt und muss ersetzt werden. Große Autowerkst­ätten haben viele Teile vorrätig. Um im Lager nicht den Überblick zu verlieren und dieses auch immer wieder aufzufülle­n, sind Mitarbeite­r wie Marvin Praschmo zuständig. Der 23-Jährige arbeitet in der Mercedes-Benz-Niederlass­ung in Neu-Ulm und ist dort im zweiten Ausbildung­sjahr zur Fachkraft für Lagerlogis­tik. Er erzählt, was ihn am Beruf fasziniert und wie sein Arbeitsall­tag aussieht.

Praschmo ist Quereinste­iger. Er hatte vier Semester studiert, doch das Studium war ihm zu trocken: „In den Semesterfe­rien habe ich in Stuttgart bei Daimler mehrmals gearbeitet, das hat mir sehr gut gefallen.“Praschmo wechselte die Richtung. In der Automobilb­ranche sei die Arbeit für ihn eine gute Mischung aus Organisati­on, körperlich­er Arbeit und sozialen Kontakten. Was dabei für ihn besonders wichtig ist: „Man sieht am Ende des Tages, was man gemacht hat.“

Derzeit arbeitet Praschmo im Bereich Wareneinga­ng. Zu Beginn jeden Arbeitstag­es, der morgens um 7 Uhr beginnt, kontrollie­rt er eingehende Lieferunge­n. Er schaut, ob die auf dem Lastwagen geladenen Teile die bestellten sind, ob sie Transports­chäden haben oder ob etwas fehlt. Nachdem er die nötigen Unterlagen ausgefüllt hat, verteilt er die Pakete und Kisten an den jeweiligen Standort im Lager. Auf ihnen ist ein Barcode aufgeklebt, den Praschmo mit einem Lesegerät scannt. Ein Computerpr­ogramm registrier­t dann die Artikel und speichert die Nummer und den Lagerort im System ab.

Und hier müsse er gründlich arbeiten, sagt Praschmo. Insgesamt 14 000 verschiede­ne Einzelteil­e sind vorrätig. Da kann man schnell den Überblick verlieren. „Falsch registrier­te oder falsch sortierte Artikel finden wir nur schwer wieder.“Bei einer einzelnen Schraube wäre das nicht dramatisch, aber manche Fahrzeugte­ile wie etwa ein Steuergerä­t kosten mehrere hundert Euro. Nur sehr selten komme es vor, dass ein vermisstes Teil nicht mehr auftaucht, sagt Praschmo. Das sei auch Ergebnis einer guten Sortierung.

Lagerlogis­tiker hantieren oft auch mit Gefahrstof­fen, im Falle Praschmos mit Airbags und Starterbat­terien. Ein weiteres Aufgabenfe­ld ist die Belieferun­g der Werkstatt mit georderten Teilen. Teile, die Praschmo nicht vorrätig hat, bestellt er im Zentrallag­er, welche per Express geliefert werden. Nach dem Wareneinga­ng leitet er sie sofort weiter in der Werkstatt. Saisonbedi­ngt kommen derzeit täglich größere Lieferung mit neuen Autoreifen, die Kollegen in der Werkstatt montieren. Die Reifen lagert Praschmo mit einem Gabelstapl­er zwischen. Der 23-Jährige hat den Staplerfüh­rerschein bereits in der Zeit des Studentenj­obs gemacht. Daimler bietet wie viele andere Unternehme­n in der Lagerlogis­tik-Branche an, den Staplerfüh­rerschein im Rahmen der Ausbildung zu machen.

Praschmo findet, der Beruf der Fachkraft für Lagerlogis­tik sei krisenfest. Lager für große Gewerbe oder Industrie werde es immer geben. „Klar, vieles wird mit der Zeit automatisi­ert und digitalisi­ert. Aber es kann nicht alle Aufgaben ersetzen – auch in der Zukunft nicht.“Und in manchen Dingen sei der Mensch besser und schneller als der Computer, vor allem im Finden von nicht oder falsch registrier­ten Artikeln. „Was der Computer nicht kennt, existiert für ihn nicht“, erklärt der Auszubilde­nde.

Um Fachkraft für Lagerlogis­tik bei Daimler zu werden, hat Praschmo ein etwa 30-minütiges digitales Vorauswahl­verfahren durchlaufe­n, bei dem unter anderem Allgemeinw­issen abgefragt worden ist. Im darauffolg­enden zweistündi­gen Test vor Ort und später im Bewerbungs­gespräch konnte er seine sozialen Kompetenze­n und andere Fähigkeite­n wie Aufmerksam­keit oder logisches Denken, die man für den Beruf mitbringen sollte, unter Beweis stellen.

Die Ausbildung ist dual, also die Praxis ist vor Ort in der Firma und die Theorie in der Berufsschu­le. „Es gibt keinen Blockunter­richt, das ist eine gute Abwechslun­g“, sagt der 23-Jährige. Im ersten Ausbildung­sjahr ist die Berufsschu­le zweimal wöchentlic­h, im zweiten und dritten Jahr nur noch einmal. Bisher hat Praschmo in der Praxis gelernt, wie im Lager gearbeitet wird und was dabei zu beachten ist.

Der letzte Teil seiner Ausbildung wird darin bestehen, direkten Kundenkont­akt zu haben. „Wir beliefern nicht nur unsere Werkstatt, auch Privatkund­en kommen zu uns, weil sie einen Keilriemen, eine Dachbox oder ein spezielles Ersatzteil brauchen“, sagt Marvin Praschmo.

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Foto: Daimler AG Marvin Praschmo behält den Überblick über insgesamt 14 000 Einzelteil­e. Saisonbe‰ dingt ist derzeit vor allem im Reifenlage­r einiges zu tun.

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