Rückschritte unter Herrlich
Offensiv und mit vielen Torchancen ließ der FCA-Trainer bei seinen früheren Stationen spielen. In Augsburg kam es nie dazu. Ein wirkliches System war nicht zu erkennen
Die Hoffnung war groß gewesen. Heiko Herrlich sollte den FC Augsburg nach vorne bringen, sollte für frischen Schwung sorgen. Martin Schmidt war im März 2020 entlassen worden, nach einer Niederlage in München, die erwartbar war und bei der der FCA zudem eine akzeptable Leistung gezeigt hatte. Schmidt musste trotzdem gehen, wenige Tage später war Herrlich der neue starke Mann auf der Augsburger Bank. Die Hoffnungen mit seiner Ernennung waren groß. Herrlich, so betonte er es auch selbst immer wieder, hatte bei seinen vorherigen Stationen in Regenburg oder Leverkusen stets offensiv mit vielen Torchancen spielen lassen. Darauf hatten die Verantwortlichen auch in Augsburg gehofft. Es wurde nichts daraus.
Der Auftrag an Herrlich war nach seiner Verpflichtung klar. Er sollte den Abwärtstrend stoppen, die Defensive stabilisieren und für den Klassenerhalt sorgen. Das gelang ihm, und das sogar unter schwierigen Bedingungen. Kaum hatte Herrlich übernommen, bremste das Corona-Virus die Bundesliga aus. Als es wieder losgehen sollte, stoppte sich Herrlich selbst. Um Zahnpasta und Hautcreme einzukaufen, verließ er verbotenerweise das Quarantäne-Teamhotel des FCA in Bobingen. Als er sich seines Fehlers bewusst wurde, nahm er sich selbst für das anstehende Spiel gegen Wolfsburg raus und entging so einer Strafe. Herrlich durfte nicht auf der Bank sitzen, erlebte das Spiel aus einer Loge. Nicht seine einzige unglückliche Aktion. Im Spiel gegen Mainz beförderte er einen zweiten Ball aufs Feld, um das Spiel zu verzögern. Hinterher sprach er von einem technischen Fehler und dass es keine Absicht gewesen sei. Die Bilder ließen aber auch andere Schlüsse zu. Auch gegen Schiedsrichter ließ er sich zu heftiger Kritik hinreißen, wirklich ruhig war es um ihn nicht.
Diese Unruhen aber waren bei weitem nicht das Hauptproblem der Zusammenarbeit.
Nach dem erreichten Klassenerhalt sollte Herrlich in der neuen Saison die Spielweise des FCA voranbringen. Die kompakte Defensive blieb das Fundament, darauf sollte er eine spielerische Entwicklung aufbauen, die die Fans wieder begeistert. An diesem Vorhaben aber scheiterte Herrlich. Ein wirkliches System war im Spiel nach vorne nie wirklich zu erkennen. Zudem mehrten sich aus dem Spielerkreis kritische Stimmen. Im Training werde zu wenig am Spielsystem gearbeitet. Schon an seinen Stationen zuvor soll es deswegen in den Mannschaften rumort haben. In Leverkusen war Herrlich kurz vor Weihnachten entlassen worden, obwohl die Mannschaft in der Liga gut dastand. Aber auch bei Bayer war vom ehemaligen Stürmer mehr erwartet worden.
FCA-Manager Stefan Reuter hatte Herrlich lange verteidigt. Er hatte ihm immer wieder vehement den Rücken gestärkt und von einem guten Trainer mit einem klaren Plan gesprochen. Reuter hatte sich mit Herrlich eine langfristige Zusammenarbeit vorstellen können. Die beiden kennen sich noch bestens aus ihren aktiven Zeiten. Das aber durfte nun bei der Entscheidung keine
Rolle spielen. Zumal von diesem von Reuter erwähnten Plan nichts zu sehen war – zumindest in der Offensive, wie vor allem die Auftritte gegen Schalke, Bielefeld und jetzt Köln zeigten. Da wirkte vieles nicht durchdacht, manche Spieler machten den Eindruck, als wüssten sie nicht, was sie nun mit dem Ball anfangen sollen. Weil ihnen wohl nicht der entsprechende Spielplan vermittelt worden war.
Heiko Herrlich darf sich anrechnen lassen, dass der FCA in der Tabelle lange Zeit im Soll lag. Bei einem Klub allerdings, der nun zehn Jahre in der Bundesliga ist, braucht es auch mal mehr. Ein Spielsystem, das die DNA des Vereins widerspiegelt. Das hatte Präsident Klaus Hofmann mehrfach gefordert. Die Hoffnung war groß, dass Herrlich diese Anforderung erfüllen kann. Das aber gelang ihm nicht. Und da zuletzt die nötigen Ergebnisse ausblieben, war die Entlassung alternativlos.
Der FCA taumelte zuletzt mehr und mehr in Richtung Zweiter Liga. Auch wenn Stefan Reuter mit dem Wechsel eingestehen muss, dass er mit seinem Wunschkandidaten offenbar danebenlag. Nun soll es Markus Weinzierl in den letzten drei Spielen richten und den Klassenerhalt sichern.