Mist hat auch positive Eigenschaften
Warum das Glas besser halb voll ist und wie Kolumnistin Martina Haggenmüller sich motiviert
MARTINA HAGGENMÜLLER
Lange ist es her, und ich kann nicht glauben, worüber ich mich damals aufregte. Es war der Tag, an dem die Maskenpflicht verkündet wurde. In der Zeitung sah ich vier Fotos von unserem Landesvater, als er sich gerade eine Maske mit weiß-blauen Rauten anzog. „So ein Mist, soll das lustig sein? Die glauben doch nicht, dass ich bis zum Einsatz eines Impfstoffs mit so einem Ding rumrenne“, dachte ich mir. Mein Mann, der unverbesserliche Optimist, meinte: „Sieht doch witzig aus! Du kannst dir ja zu jedem Outfit eine passende nähen!“Daraufhin motzte ich: „Ich kann nicht nähen!“Ich wollte noch ein bisschen länger grantig sein. Ich setzte mich auf die Couch, und unser Hund legte seinen Kopf auf meine Füße. „Du hast es gut“, murmelte ich und schaltete die Glotze ein.
Beim lustlosen Durchzappen der
Programme landete ich bei BibelTV. Eine amerikanische Predigerin rief vor Vitalität strotzend: „Selbstmitleid bringt euch nicht weiter!“Die Zuschauer riefen: „Yeah!“Schon wieder so viele unerträglich gut gelaunte Menschen. Ich wollte schon weiterzappen, da erzählte die Fernsehpredigerin eine Geschichte. Darin geht es um Mutter und Vater von eineiigen Zwillingen. Die Eltern machen sich Sorgen um ihre Jungs. Der eine Sohn ist viel zu optimistisch, der andere viel zu pessimistisch. Ein Psychologe rät, sie durch die kluge
Wahl der Geburtstagsgeschenke wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Eltern entschließen sich, dem Pessimisten ein nagelneues teures Sportrad zu kaufen und dem Optimisten eine Tüte voller Pferdemist. Am Geburtstag ist es so weit. Der Pessimist packt aus und sagt: „Schön, aber ich werde mich bestimmt verletzen!“Der Optimist packt aus, staunt kurz, strahlt und meint: „Wo so viel Mist ist, da muss auch irgendwo ein Pony sein.“Diese Geschichte war einfach klasse, und auch heute muss ich noch darüber schmunzeln. Gerade weil mein schon lange gebuchter Urlaub im Bayerischen Wald in den Pfingstferien mehr als auf der Kippe steht.
Durchhalten ist jetzt angesagt. Und zwar mit Humor und Optimismus. Denn wo viel Mist ist, da wartet bekanntermaßen irgendwo auch das Pony. Programmieren wir uns weiter auf Zuversicht. Vertrauen wir jeden Tag aufs Neue. Sehen wir immer das halb volle Glas. Und nicht vergessen: Mist muss nicht unbedingt schlecht sein! Er eignet sich im Übrigen auch als Dünger für das Gute und Neue.