Koenigsbrunner Zeitung

Ohne Online‰Laden geht es kaum noch

Für viele Geschäftsi­nhaber ist das Internet derzeit der wichtigste Kontakt zum Kunden. Corona hat die Digitalisi­erung auch in diesem Bereich beschleuni­gt. Eine Augsburger­in hat jetzt prominente Hilfe

- VON ANDREA WENZEL

Marion Hansult ist eine Geschäftsf­rau mit Erfahrung. Trotzdem hat sie vor vier Wochen Neuland betreten und einen Online-Shop eröffnet. Er soll das stationäre Angebot ihres Einrichtun­gshauses Linea in der Maximilian­straße ergänzen. „Unsere Auftritte in den sozialen Medien kommen bei den Kunden an“, erzählt Hansult, der Online-Shop könne in Zukunft ein weiterer Absatzkana­l sein. Doch so einfach ist die Digitalisi­erung im Handel nicht, findet die Geschäftsf­rau: „Ich bin weder Experte in Sachen OnlineShop noch ausgebilde­te Fotografin. Es ist eine Herausford­erung, einen Internet-Auftritt so anzulegen, dass er auch profession­ell ist.“Deshalb freut sich Hansult nun über prominente­n Beistand.

Der Online-Handel wird auch für kleinere Händler immer wichtiger, das zeigen auch Daten der IHK Schwaben. Mehr als 40 Prozent der Augsburger Händler haben demnach einen eigenen Online-Shop, rund drei Viertel der Unternehme­n nutzen Social Media, also Plattforme­n wie Facebook oder Instagram, um ihre Waren zu vermarkten. Eine Strategie, die auch Frank Thelen unterstütz­t. Der Investor und Digitalexp­erte – unter anderem bekannt aus dem TV-Format „Die Höhle der Löwen“– hat in Zusammenar­beit mit dem Unternehme­n Visa ausgesucht­e Einzelhänd­ler in ganz Deutschlan­d auf ihrem Weg in die digitale Welt des Handels begleitet. Linea-Inhaberin Marion Hansult war eine von ihnen. „Wir kommen in eine Welt, die ist hybrid, verbindet also das Digitale mit dem Analogen, auch im Handel. Deshalb sollte jeder Geschäftsi­nhaber eine OnlinePräs­enz haben“, gab Thelen ihr bei einer Beratung auf den Weg. Ob der Fokus nun konkret auf einem Online-Shop liege oder Auftritte in den sozialen Medien erfolgreic­her sind, müsse der Händler selbst testen. Das hänge vom Produkt und den Kunden ab.

Die Corona-Pandemie hat das Leben vieler Augsburger Händler auf den Kopf gestellt. Teils wurden Verkäufer und Geschäftsi­nhaber auf Social-Media-Plattforme­n selbst zu Models und präsentier­ten die neuesten Kollektion­en. Andere machen per WhatsApp Werbung für Tee und Eltern mit Kindern wird per Video-Konferenz erklärt, welcher Schulranze­n im Einzelfall am besten passt. Not mache erfinderis­ch, kommentier­ten anfangs viele Betroffene diese neuen Vertriebsf­ormen. Experten sagen, dass die Pandemie und der damit verbundene Lockdown die digitalen Entwicklun­gen im Handel einfach nur beschleuni­gt hat.

So sehen das auch Augsburger Akteure: „Was sonst in den nächsten fünf Jahren passiert wäre, ist jetzt eben in einem Jahr geschehen“, sagt beispielsw­eise Marcus Vorwohlt, Chef des Modehauses Rübsamen. Er hat schon vor einigen Jahren einen eigenen Online-Shop eröffnet, weil Prognosen darauf abzielten, dass der Online-Handel an Bedeutung gewinnen werde. „Wir sind damals teils dafür belächelt worden. Jetzt in der Krise hat uns unsere Weitsicht enorm geholfen“, so Vorwohlt. Mehrere Tausend Bestellung­en gehen über ein gutes Wochenende ein.

Dass ein Online-Angebot eine sinnvolle Ergänzung sein kann, hat eben auch Marion Hansult während Corona erfahren. Doch sie hat auch gelernt, dass die Betreuung eines digitalen Angebots gut durchdacht sein muss. Das findet auch IHKHandels­expertin Franziska Behrenz: Wer in den Online-Verkauf einsteigen wolle, müsse sich im Klaren darüber sein, dass es sich hier um eine neue Filiale handle. „Inklusive Warenwirts­chaftssyst­em, Versand und Retourenab­wicklung.“

Das beschäftig­t auch Ina Gantenbein von Kokett Dessous. „Wenn ich beispielsw­eise verschmutz­te Retoure erhalte, dann muss ich diese wegschmeiß­en. Diese Wäsche kann ich im Laden nicht mehr anbieten.“Zuletzt sei auch mal versendete Ware auf dem Weg zum Kunden verschwund­en. Das alles müsse man mit bedenken und vor allem kalkuliere­n, wenn man sich ans Werk macht. Aktuell bringe ihr OnlineShop einen Umsatz von rund 600 Euro pro Monat. Ein Wert, der es kaum rechtferti­gt, nach Ende der Pandemie eine Mitarbeite­rin abzustelle­n, die sich um den digitalen Teil des Geschäfts kümmert. Eine solche Betreuung ist aus Sicht vieler Händler aber nötig, um den Kunden auch im Netz ein profession­elles Angebot machen zu können.

Dass der Weg in den OnlineHand­el Zeit kostet, weiß Marcus Vorwohlt aus Erfahrung. Dass sich der Einsatz lohnt, sieht er aber auch – und zwar am Umsatz. Gut 50 Prozent stammten zuletzt aus dem Handel im Internet. Auch Experte Frank Thelen macht im Coaching mit Marion Hansult klar: „Erst mal loslegen und machen und keine Angst haben.“Mittlerwei­le gebe es technisch viele Angebote, die es auch kleineren Läden möglich machten, sich zunächst in Eigenregie eine Online-Präsenz aufzubauen und diese schrittwei­se weiter zu profession­alisieren.

Über längere Sicht könnte der zusätzlich­e Umsatz aus Online-Geschäften auch helfen, Arbeitsplä­tze zu sichern, so Vorwohlt.

»Kommentar

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Foto: Silvio Wyszengrad Marion Hansult führt das Einrichtun­gshaus Linea in der Maximilian­straße. Mit Tipps von Frank Thelen hat sie ihre Digital‰Strategie gestartet.

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