Medienunternehmer will Gericht täuschen
Justiz Ein 30-Jähriger betreibt Fernsehsender, die im Internet frei empfangbar sind. Als er sich finanziell übernimmt, entwickelt er kriminelle Energie
Er selbst sagt, er habe sich bei seiner Tätigkeit als Medienunternehmer ein Loch gegraben, aus dessen Sog er nicht mehr loskam. Ein 30-jähriger Medienunternehmer wurde vom Schöffengericht des Augsburger Amtsgerichts wegen versuchten Prozessbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Der Mann hatte in einem Gerichtsverfahren 2019 versucht, mithilfe gefälschter E-Mails den unberechtigten Erhalt von über 400.000 Euro als rechtmäßig darzustellen.
Der Angeklagte arbeitete als selbstständiger Unternehmer in der Medienbranche. Zunächst betrieb er einen, dann zwei Free-TV-Fernsehsender, die im Internet zu empfangen waren. Dafür organisierte er auf der einen Seite Inhalte, indem er etwa mit Rechteinhabern wie ProSiebenSat.1 Lizenzverträge über die Ausstrahlung von Programmen abschloss. Nicht nur dafür hatte der Angeklagte zum Teil stattliche Summen zu zahlen, sondern auch für den Sendeplatz im Kabel der Betreiber, die seine Programme bundesweit verbreiteten. Zudem organisierte das Unternehmen des Angeklagten Werbung, deren Auftraggeber für die Ausstrahlung in den Sendern zahlen sollten. Es lief aber nicht alles so reibungslos, wie vom Angeklagten geplant.
Verpflichtungen in teils sechsstelliger Höhe konnte er nicht zahlen. Der Angeklagte begann, das wurde vor Gericht deutlich, sich mit „Schummeleien“am Computer zu behelfen. Er soll E-Mails gefälscht haben, um finanzielle Leistungsfähigkeit vorzutäuschen. Auch stellte er offenbar sich selbst falsche Rechnungen, mithilfe derer er über 40.000 Euro zu wenig an Umsatzsteuern bezahlte. Sein größter Coup: Der Angeklagte stellte einem damals neu gegründeten Unternehmen, das zunächst vor allem im Internet Müsli verkaufte, unberechtigt Rechnungen für Werbung in seinen Sendern. Zwar habe es für eine Testphase eine entsprechende Vereinbarung gegeben, diese
sei danach aber nicht verlängert worden. Trotzdem habe er es mit erst einer, dann mit weiteren Rechnungen bei dem Lebensmittelunternehmen versucht – und damit Erfolg gehabt, berichtet er. Obwohl er selbst daran eigentlich nicht geglaubt hatte, so der Angeklagte, sei immer wieder Geld auf sein Konto geflossen.
Nie habe er sich an diesem Geld selbst bereichert, ein luxuriöses Leben geführt, sondern alles für seine Unternehmungen gebraucht. Aufgrund eines Fehlers in der Buchhaltung hatte das Lebensmittelunternehmen dem Angeklagten bereits über 400.000 Euro für dessen unberechtigte Rechnungen überwiesen, bevor dieser Fehler im Juli 2014 entdeckt und etwas später eine Rückforderung gestellt wurde. Zivilrechtlich wurde diese Angelegenheit 2019 ab
geurteilt. Der Angeklagte hatte unterzeichnet, dass er den 400.000-Euro-Schaden zurückzahle. Diese Forderung übersteht auch, so wurde am Rande des Verfahrens deutlich, das Privatinsolvenzverfahren, in dem sich der Angeklagte aktuell befindet und wo er sich laut eigenen Angaben Forderungen von wohl rund einer halben Million Euro gegenübersieht.
Dieses Zivilverfahren jedoch zog das aktuelle Strafverfahren nach sich, da der Angeklagte versucht hatte, den Erhalt der 400.000 Euro als ordnungsgemäß darzustellen. Dazu hatte er am Computer mindestens zehn E-Mails gefälscht und diese seinem Anwalt zum Vortrag vor dem Zivilgericht überlassen. Allerdings waren schon damals Zweifel an der Richtigkeit der Mails aufgekommen.
In zwei Verfahrensabsprachen
hatten jetzt Verteidigung, Staatsanwaltschaft und das Gericht nach einer Vereinbarung gesucht, die dem Angeklagten einen Gang ins Gefängnis ersparen könnte, wie es dessen Verteidiger Moritz Bode anstrebte. Und der Angeklagte blieb trotz erfolgloser Verständigungsgespräche bei seinem angekündigten Geständnis. In seinem letzten Wort zeigte er einmal mehr auf, dass er seit seiner letzten Verurteilung 2019 alles getan habe, was ihm an Auflagen für seine „letzte Chance“aufgetragen worden sei. Und er habe sich ein neues Standbein als Medienalleinunternehmer aufgebaut, er habe eine neue Sendelizenz erkämpft, er verdiene eigenes Geld und er habe noch viel vor. Verteidiger Bode hatte ebenfalls um diese Chance, eine Freiheitsstrafe im bewährungsfähigen Bereich, für seinen
Mandanten gebeten. Der sei deutlich auf dem Weg der Besserung, er sei voll geständig gewesen, reuig und wolle Schadenswiedergutmachung leisten.
Das Gericht sah es als schwerwiegend an, dass der Angeklagte noch lange Zeit nach dem eigentlichen Betrug aus der Zeit um 2014 versucht habe, diesen mittels gefälschter E-Mails reinzuwaschen. Bei ehrlicher Reue und Umkehr hätte es, so Richter Markus Eberhard in der Urteilsbegründung, nicht so weit wie jetzt kommen müssen. Das Gericht verurteilte den 30-Jährigen zu zwei Jahren und fünf Monaten Freiheitsstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Der Unternehmer und sein Verteidiger Bode haben Berufung gegen das Urteil eingelegt, es ist damit noch nicht rechtskräftig.