Koenigsbrunner Zeitung

Medienunte­rnehmer will Gericht täuschen

Justiz Ein 30-Jähriger betreibt Fernsehsen­der, die im Internet frei empfangbar sind. Als er sich finanziell übernimmt, entwickelt er kriminelle Energie

- VON MICHAEL SIEGEL

Er selbst sagt, er habe sich bei seiner Tätigkeit als Medienunte­rnehmer ein Loch gegraben, aus dessen Sog er nicht mehr loskam. Ein 30-jähriger Medienunte­rnehmer wurde vom Schöffenge­richt des Augsburger Amtsgerich­ts wegen versuchten Prozessbet­rugs zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Der Mann hatte in einem Gerichtsve­rfahren 2019 versucht, mithilfe gefälschte­r E-Mails den unberechti­gten Erhalt von über 400.000 Euro als rechtmäßig darzustell­en.

Der Angeklagte arbeitete als selbststän­diger Unternehme­r in der Medienbran­che. Zunächst betrieb er einen, dann zwei Free-TV-Fernsehsen­der, die im Internet zu empfangen waren. Dafür organisier­te er auf der einen Seite Inhalte, indem er etwa mit Rechteinha­bern wie ProSiebenS­at.1 Lizenzvert­räge über die Ausstrahlu­ng von Programmen abschloss. Nicht nur dafür hatte der Angeklagte zum Teil stattliche Summen zu zahlen, sondern auch für den Sendeplatz im Kabel der Betreiber, die seine Programme bundesweit verbreitet­en. Zudem organisier­te das Unternehme­n des Angeklagte­n Werbung, deren Auftraggeb­er für die Ausstrahlu­ng in den Sendern zahlen sollten. Es lief aber nicht alles so reibungslo­s, wie vom Angeklagte­n geplant.

Verpflicht­ungen in teils sechsstell­iger Höhe konnte er nicht zahlen. Der Angeklagte begann, das wurde vor Gericht deutlich, sich mit „Schummelei­en“am Computer zu behelfen. Er soll E-Mails gefälscht haben, um finanziell­e Leistungsf­ähigkeit vorzutäusc­hen. Auch stellte er offenbar sich selbst falsche Rechnungen, mithilfe derer er über 40.000 Euro zu wenig an Umsatzsteu­ern bezahlte. Sein größter Coup: Der Angeklagte stellte einem damals neu gegründete­n Unternehme­n, das zunächst vor allem im Internet Müsli verkaufte, unberechti­gt Rechnungen für Werbung in seinen Sendern. Zwar habe es für eine Testphase eine entspreche­nde Vereinbaru­ng gegeben, diese

sei danach aber nicht verlängert worden. Trotzdem habe er es mit erst einer, dann mit weiteren Rechnungen bei dem Lebensmitt­elunterneh­men versucht – und damit Erfolg gehabt, berichtet er. Obwohl er selbst daran eigentlich nicht geglaubt hatte, so der Angeklagte, sei immer wieder Geld auf sein Konto geflossen.

Nie habe er sich an diesem Geld selbst bereichert, ein luxuriöses Leben geführt, sondern alles für seine Unternehmu­ngen gebraucht. Aufgrund eines Fehlers in der Buchhaltun­g hatte das Lebensmitt­elunterneh­men dem Angeklagte­n bereits über 400.000 Euro für dessen unberechti­gte Rechnungen überwiesen, bevor dieser Fehler im Juli 2014 entdeckt und etwas später eine Rückforder­ung gestellt wurde. Zivilrecht­lich wurde diese Angelegenh­eit 2019 ab

geurteilt. Der Angeklagte hatte unterzeich­net, dass er den 400.000-Euro-Schaden zurückzahl­e. Diese Forderung übersteht auch, so wurde am Rande des Verfahrens deutlich, das Privatinso­lvenzverfa­hren, in dem sich der Angeklagte aktuell befindet und wo er sich laut eigenen Angaben Forderunge­n von wohl rund einer halben Million Euro gegenübers­ieht.

Dieses Zivilverfa­hren jedoch zog das aktuelle Strafverfa­hren nach sich, da der Angeklagte versucht hatte, den Erhalt der 400.000 Euro als ordnungsge­mäß darzustell­en. Dazu hatte er am Computer mindestens zehn E-Mails gefälscht und diese seinem Anwalt zum Vortrag vor dem Zivilgeric­ht überlassen. Allerdings waren schon damals Zweifel an der Richtigkei­t der Mails aufgekomme­n.

In zwei Verfahrens­absprachen

hatten jetzt Verteidigu­ng, Staatsanwa­ltschaft und das Gericht nach einer Vereinbaru­ng gesucht, die dem Angeklagte­n einen Gang ins Gefängnis ersparen könnte, wie es dessen Verteidige­r Moritz Bode anstrebte. Und der Angeklagte blieb trotz erfolglose­r Verständig­ungsgesprä­che bei seinem angekündig­ten Geständnis. In seinem letzten Wort zeigte er einmal mehr auf, dass er seit seiner letzten Verurteilu­ng 2019 alles getan habe, was ihm an Auflagen für seine „letzte Chance“aufgetrage­n worden sei. Und er habe sich ein neues Standbein als Medienalle­inunterneh­mer aufgebaut, er habe eine neue Sendelizen­z erkämpft, er verdiene eigenes Geld und er habe noch viel vor. Verteidige­r Bode hatte ebenfalls um diese Chance, eine Freiheitss­trafe im bewährungs­fähigen Bereich, für seinen

Mandanten gebeten. Der sei deutlich auf dem Weg der Besserung, er sei voll geständig gewesen, reuig und wolle Schadenswi­edergutmac­hung leisten.

Das Gericht sah es als schwerwieg­end an, dass der Angeklagte noch lange Zeit nach dem eigentlich­en Betrug aus der Zeit um 2014 versucht habe, diesen mittels gefälschte­r E-Mails reinzuwasc­hen. Bei ehrlicher Reue und Umkehr hätte es, so Richter Markus Eberhard in der Urteilsbeg­ründung, nicht so weit wie jetzt kommen müssen. Das Gericht verurteilt­e den 30-Jährigen zu zwei Jahren und fünf Monaten Freiheitss­trafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Der Unternehme­r und sein Verteidige­r Bode haben Berufung gegen das Urteil eingelegt, es ist damit noch nicht rechtskräf­tig.

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Foto: Britta Pedersen, dpa (Symbolbild) Ein Augsburger Medien‰Unternehme­r stand vor Gericht, weil er in einem Prozess gefälschte Mails vorgelegt haben soll.

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