„Anreiz zum Sparen darf nicht wegfallen“
FDP-Energieexperte Lukas Köhler hält den 200-Milliarden-Abwehrschirm für die „richtige Antwort auf die Krise“. Der Liberale setzt darauf, dass die Menschen die Entlastung schnell spüren – aber er weist auch auf die Grenzen hin.
Herr Köhler, die Ampel-Koalition hat den 200 Milliarden schweren Abwehrschirm gegen die Verwerfungen bei den Preisen für Strom und Gas beschlossen. Wie stark werden die Verbraucher dadurch im Monat entlastet?
Lukas Köhler: Wichtig ist erst mal, dass wir das geschafft haben. Der 200-Milliarden-Schirm ist die richtige Antwort auf die Krise. Die genaue Ausgestaltung der Strompreisbremse ist ja schon in Arbeit und wir gehen davon aus, dass Wirtschaftsminister Habeck sehr schnell einen Vorschlag macht. Ziel muss sein, einen möglichst unbürokratischen und einfachen Weg zu gehen, damit die Entlastung schnell bei den Leuten ankommt. Wir müssen ihnen aber auch ehrlicherweise sagen, dass wir den Strom nicht auf das Vorkrisenniveau runtersubventionieren können.
Wenn in Deutschland die Worte „schnell und unbürokratisch“fallen, dann passiert oft das Gegenteil.
Ist es die Zielstellung der Koalition, dass die Strompreisbremse noch in diesem Jahr greift?
Köhler: Ich glaube, wir brauchen ein Instrument, das in diesem Jahr greift. Die Leute müssen merken, dass jetzt schnell was passiert. Meiner Meinung nach muss die Antwort jetzt sehr, sehr schnell auf den Tisch.
Wie sieht es bei der Gaspreisbremse aus? Da wird zunächst eine Expertenkommission Vorschläge machen.
Köhler: Die Experten arbeiten wirklich mit Hochdruck daran. Bei der Gaspreisbremse ist das Problem, dass wir beim Gas eine echte Knappheit haben. Wenn Industrie und Bürger nicht genug einsparen, der Winter kalt wird oder beides zusammenkommt, dann wird es einen Mangel geben. Wir müssen auch aufpassen, dass wir uns das verbilligte Gas in Europa nicht gegenseitig wegkaufen. Und natürlich darf der Preis staatlich nicht so
weit gedrückt werden, dass der Anreiz zum Sparen wegfällt.
Das klingt nach einer komplizierten, langwierigen Übung …
Köhler: Ich bin optimistisch, dass uns eine schnelle Lösung gelingt. In der Kommission sitzen wirklich Top-Experten. Aber es kann sein, dass Strom- und Gaspreisbremse versetzt kommen.
Die letzten Wochen waren geprägt
vom Hickhack um die Gasumlage. Diese ist nun abgeschafft und wird durch Subventionen ersetzt, die über neue Schulden finanziert werden. Darauf hätte man doch schon eher kommen und sich damit den Streit sparen können?
Köhler: Als die Gasumlage vor ein paar Monaten ins Leben gerufen wurde, gab es ja noch eine ganz, ganz andere Situation. Nach dem Angriff auf die Pipelines wissen wir sicher, dass kein Gas mehr über Nord Stream 1 und 2 kommen wird. Damit ist klar, dass die Grundvoraussetzung eine völlig andere ist.
Die Liberalen wollen 2023 die Schuldenbremse einhalten. Jetzt nimmt man dieses Jahr das dritte Mal vorsorglich erhebliche Summen für die kommenden Jahre auf. Wäre es nicht ehrlicher, zu sagen, die Schuldenbremse können wir 2023 nicht halten?
Köhler: Der Abwehrschirm stellt sich vor die Menschen und vor die
Unternehmen, aber auch vor den Staatshaushalt. Die Mittel sollen gezielt in die Senkung der Energiekosten gehen. In einer Zeit, in der wir eine massive Inflation erleben, in der alles teurer wird, stellen wir so sicher, dass die Finanzpolitik nicht zu expansiv ist. Dann würden wir nämlich als Staat die Inflation noch weiter anheizen. Wäre die Schuldenbremse auch im nächsten Jahr ausgesetzt worden, hätten wir uns vor immer neuen Ausgabenwünschen nicht mehr retten können. Das verhindern wir nun und können trotzdem das tun, was notwendig ist, um den Bürgern und Unternehmen zu helfen.
Zur Person
Lukas Köhler, 36, stammt aus München, ist promovierter Philosoph und sitzt seit 2017 für die FDP im Bundestag. Köhler ist seit 2019 auch Generalsekretär der FDP Bayern.