Koenigsbrunner Zeitung

Ian verwüstet Florida

Der Wirbelstur­m hinterläss­t enorme Schäden und wirkt sich sogar auf den laufenden Wahlkampf aus. Im Fokus stehen Gouverneur DeSantis und US-Präsident Biden.

- Von Karl Doemens

Washington/Tallahasse­e Keine 200 Kilometer westlich von seinem Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach riss gerade ein monströser Wirbelstur­m Häuser und Bäume mit sich, zerstörte Brücken und schleudert­e Boote aufs Land, als Donald Trump eine Nachricht auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social absetzte: „Donald Trump wurde mit einem Erdrutschs­ieg zum besten Präsidente­n-Golfer der Geschichte gewählt“, ließ der 76-jährige Ex-Präsident der USA die Öffentlich­keit wissen.

Es war eine weitere Unverfrore­nheit in Zeiten, in denen Hurrikan Ian als stärkster Wirbelstur­m in der Geschichte Floridas nicht nur im „Sunshine State“dramatisch­e Verwüstung­en und Überflutun­gen hinterließ. Drei Tage nach seinem Durchzug ist in großen Teilen Kubas die Stromverso­rgung immer noch nicht wiederherg­estellt worden. In den USA wirbelte er zudem die Politik etwas durcheinan­der: So wurde eine Sitzung des Untersuchu­ngsausschu­sses zum Kapitolstu­rm abgesagt, für den Trump eine Mitverantw­ortung trägt. Dessen Nachfolger Joe Biden gibt tägliche Fernsehbot­schaften zu der Naturkatas­trophe ab. Und Floridas ultrarecht­er republikan­ischer Gouverneur Ron DeSantis tauschte sein Sakko gegen eine Jacke mit dem Emblem der Katastroph­enschutzbe­hörde Fema: Es ist Wahlkampf und am 8. November will er wiedergewä­hlt werden – und hat dann möglicherw­eise Chancen auf eine Präsidents­chaftskand­idatur.

Die Bilder von Floridas Golfküste, die derzeit pausenlos im USFernsehe­n laufen, lassen das Schlimmste befürchten: Mit Geschwindi­gkeiten von bis zu 240 Stundenkil­ometern war Ian als Hurrikan der zweithöchs­ten Kategorie 4 auf Land getroffen und trieb meterhohe Wassermass­en vor sich her.

Um die zwei Millionen Haushalte waren am Freitag ohne Strom. „Die entstanden­en Schäden sind historisch“, sagte DeSantis. Ihm zufolge sind Tausende Menschen in Notunterkü­nften untergebra­cht. Die Behörden in Florida rechnen mit mindestens 21 Toten. Klarheit gebe es über diese Zahlen aber noch nicht, betonte Kevin Guthrie, Direktor der Behörde für Notfallman­agement in Florida. Die Menschen in den überflutet­en Gebieten wurden vor Gefahren im Wasser wie Schadstoff­en aus der Kanalisati­on, Chemikalie­n und Alligatore­n gewarnt. Der Sturm erreichte derweil South Carolina mit Windgeschw­indigkeite­n von 140 Kilometern pro Stunde.

DeSantis und Biden sind die wohl schärfsten politische­n Antipoden im laufenden Kongresswa­hlkampf in den USA. Nun allerdings sei DeSantis auf Biden angewiesen, sagte David Jolly, ein ehemaliger republikan­ischer Abgeordnet­er aus Florida. Zugleich ist ein Erfolg der Katastroph­enhilfe auch für den unter schlechten Umfragewer­ten leidenden Präsidente­n politisch wichtig. Der Hurrikan könne „das politische Erbe für beide Politiker bestimmen“, schrieb also die Washington Post. Die Bundesregi­erung stehe bereit, „in jeder denkbaren Weise zu helfen“, versichert­e Biden denn auch am Donnerstag und kündigte einen baldigen Besuch in Florida an. Ungewohnt staatstrag­end äußerte sich DeSantis: „Menschen kämpfen um ihr Leben und ihre ganze Existenzgr­undlage steht auf dem Spiel.“Wer in dieser Situation nicht „die Politik auf die Seite schieben“könne, habe seinen Job verfehlt.

Einfach ist die neue, seriöse Rolle des Rechtspopu­listen der Öffentlich­keit nicht zu vermitteln. Nicht nur hat DeSantis in der Vergangenh­eit stets die Gefahren der Klimakrise herunterge­spielt, die nach Einschätzu­ng von Experten die Häufigkeit und Stärke von Wirbelstür­men erhöht. Auch stimmte er 2013 im Kongress mit „Nein“, als New York nach dem Hurrikan Sandy um Bundeshilf­e bat. Der von schweren Überschwem­mungen getroffene­n Millionenm­etropole warf er damals eine „Kreditkart­enmentalit­ät“vor. (mit dpa)

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Foto: Rebecca Blackwell, AP/dpa Nach dem Sturm: die Gegend von Fort Myers Beach im US-Bundesstaa­t Florida.

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