Die Wiesn füllt die Hotelbetten
Augsburg wird oft als Ausweichquartier genutzt, wenn München aufgrund des Oktoberfestes gut gebucht ist. Die Hoteliers können dennoch nicht aufatmen.
Kleinere Gruppen von Wiesn-Besuchern haben in den vergangenen zwei Wochen im Hotel Alpenhof übernachtet. Nach der zweijährigen Pause des Volksfestes sind zum mittleren Wiesn-Wochenende auch wieder die italienischen Touristen gekommen, so Hotelchef Andreas Schön. Zwar weniger als in den Jahren zuvor, dennoch sei er nicht unzufrieden. Denn Augsburg profitiere nicht nur von den WiesnBesuchern allein, sondern auch von denjenigen, die aufgrund des Volksfestes nicht mehr in München übernachten. Den Trend bestätigt Tourismusdirektor Götz Beck und hat gute Nachrichten: „Die Übernachtungszahlen sind in Augsburg derzeit besser als vor Corona im Jahr 2019.“
Vor 20 Jahren hätten viele Menschen, die aus ganz Deutschland und allen Teilen der Welt zum Münchner Oktoberfest angereist waren, in Augsburg übernachtet, erzählt Andreas Schön. „Damals gab es in München viele, viele Hotels weniger. Rund um den Hauptbahnhof sind dort aber einige entstanden.“ Zahlreiche Wiesn-Besucher wählten dort ein Hotel aus. Und wenn die Münchner Hotellerie gut gebucht sei und auch die Zimmerpreise dementsprechend angestiegen seien, wichen Geschäftsreisende auch auf Augsburg aus. Dass die Wiesn in diesem Jahr weniger Besucherinnen und Besucher anzieht, merkt man im Hotel Alpenhof dennoch. „Seit Jahrzehnten übernachten am mittleren WiesnWochenende Italiener bei uns, die mit italienischen Reisegruppen anreisen. Vor Corona waren es noch 150 Italiener, die in drei Bussen kamen. Diesmal waren es 55 italienische Touristen, die das Oktoberfest besucht haben“, sagt Schön.
Götz Beck, Geschäftsführer der Regio Augsburg Tourismus, bestätigt, dass die Wiesn früher ein wichtigeres Event für die Augsburger Hotels war. „Die Wiesn hat für uns nicht mehr den Stellenwert.“Da gebe es inzwischen vor Ort genügend andere Kongresse und Tagungen, die die Hotelbetten mit Gästen füllten. Der Blick in die Statistik sei in diesem Jahr auch wieder mehr als erfreulich. Im Juli zählte die Stadt laut Statistischem
Landesamt knapp 102.650 Übernachtungen. Im Juli 2019 waren es im Vergleich 87.000. Beck: „Wir sind also sogar besser als 2019. Aber man muss die Zahl natürlich differenziert betrachten, schließlich haben in den vergangenen zwei Jahren weitere Hotels eröffnet und somit die Kapazität an Hotelbetten erhöht.“Nach Angaben des Tourismusdirektors ist die Anzahl der Hotelbetten von 4600 im Jahr 2019 auf aktuell rund 5500 gestiegen. „Nicht alle Hotels können derzeit ganz ausgelastet werden.“
Vor einem Jahr hat etwa das Leonardo an der Wertachbrücke eröffnet. Vergleichswerte zu den Wiesn-Zeiten vor Corona gebe es deshalb nicht. Vereinzelt hätten aber auch dort kleinere Reisegruppen übernachtet, die sich vom Plärrer aus auf den Weg mit dem Zug zum Münchner Oktoberfest gemacht hätten. Unzufrieden ist man im Leonardo aber nicht. Schließlich hätten dafür andere Reisende den Weg nach Augsburg gefunden, das sozusagen als Ausweichquartier gewählt wurde. „Bei uns haben in den vergangenen zwei Wochen amerikanische Reisegruppen übernachtet, die sonst wohl in München gewohnt hätten. Sie waren unter anderem da, um sich die Passionsspiele in Oberammergau anzusehen“, heißt es aus dem Hotel.
Götz Beck begrüßt diese Entwicklung. So werde der Tourismus weiterentwickelt. „Hotelketten leiten Reisegruppen, die sie womöglich in ihren Häusern in München nicht mehr unterbringen, an Häuser
der Kette in der Umgebung weiter.“So würden diese Hotels nicht vom „bestehenden Kuchen leben“, sondern selber neue Impulse setzen. Augsburg habe durch unter anderem das UNESCO-Welterbe, Uniklinik, Lechradweg, verschiedene Messen und Kongresse Strukturen geschaffen, die Übernachtungsgäste anzögen. „Nun müssen auch Veranstaltungen stattfinden, wie etwa der Christkindlesmarkt“, so Beck. Viele Faktoren würden der Hotellerie derzeit das Leben schwer machen. „Als Tagungs- und Businesshotel befinden wir uns nun in der Hauptsaison und sind gut gebucht. Wir sind zufrieden. Es ist zwar noch weniger als 2019, aber wir haben auch mit Personalmangel zu kämpfen“, betont Andreas Schön. Die Energiekrise beschäftigt die Verantwortlichen im Alpenhof ebenfalls. All die Probleme hätten dazu geführt, dass das Lokal des Hotels nun sonntags geschlossen und mittags nur noch für Veranstaltungen geöffnet sei. Die Speisekarte sei verkleinert, die Öffnungszeiten des Schwimmbads seien etwas reduziert worden.
Das Leonardo Augsburg ist ebenfalls bereits jetzt bis Mitte, Ende November gut gebucht. Niemand wisse aber, wie sich die Corona-Pandemie entwickeln werde. „Neben Energie, Inflation gibt es ja auch noch Corona“, sagt Götz Beck. Er hofft, dass es zu keinen Veranstaltungsabsagen und extremen Sparvorgaben komme. „Es wäre wichtig, dass man in dieser schwierigen Phase die Ruhe bewahrt und sich nach den beiden Corona-Jahren positiv weiterentwickeln kann.“
Corona, Inflation und Personalmangel machen der Hotellerie das Leben schwer