Koenigsbrunner Zeitung

Viele Schaufenst­er bleiben dunkel

Die Energiepre­ise bleiben trotz verschiede­ner Gegenmaßna­hmen hoch. Der Einzelhand­el steuert dagegen, was allerdings auch die Kunden zu spüren bekommen.

- Von Andrea Wenzel

Pünktlich um 20.30 Uhr gehen im Modepark Röther in der Jakobervor­stadt die Lichter aus. Wegen der Energiekri­se hat das FamilienUn­ternehmen entschiede­n, die Beleuchtun­g am Abend abzuschalt­en. Auch tagsüber wird gespart. „Wir haben auf eine Zweidritte­lBeleuchtu­ng umgestellt“, sagt Filialleit­erin Brigitte Leonhardt. Beim Modehaus Wöhrl in der Innenstadt ist noch früher Schluss mit dem Lichterzau­ber. Mit Ladenschlu­ss um 19 Uhr wird hier sämtliche Beleuchtun­g eingestell­t. Waren es im vergangene­n Jahr die Corona-Regeln, die den Einzelhand­el umtrieben, sind es in diesem Herbst und Winter die enorm gestiegene­n Energiepre­ise und die vom Bund erlassene Energieein­sparverord­nung. Mit Folgen, die auch die Kundinnen und Kunden zu spüren bekommen könnten.

Nicht nur bei diesen beiden Häusern setzt man aufs Stromspare­n. Weil manche Handelsflä­chen in Augsburg noch nicht auf LED umgerüstet sind, können mit dem frühen Abschalten der Beleuchtun­g deutlich Kosten reduziert werden.

Zudem werden die in der Energieein­sparverord­nung vorgegeben­en 19 Grad für Innenräume eingehalte­n. Nachdem die Kundinnen und Kunden ohnehin mit Jacke kämen, seien etwas niedrigere Temperatur­en kein Problem, sagen Beschäftig­te verschiede­ner Geschäfte. So sieht es auch Tanja Gugelmann, die die Nile-Filiale in der Annastraße führt. Auch ihr Haus wird die 19 Grad einhalten und bleibt fortan nach Ladenschlu­ss dunkel. „Das passt zur Unternehme­nsphilosop­hie, bei der Nachhaltig­keit im Fokus steht.“Auch Karstadt, Jack and Jones oder Lush beleuchten aktuell nach Ladenschlu­ss nicht mehr. Die Heizung ist bei vielen Geschäften ebenfalls noch aus. Läuft sie an, bleiben die Türen geschlosse­n – auch das ist in der Energieein­sparverord­nung geregelt. Für Rollstuhlf­ahrer und Mütter mit Kinderwage­n sei das aber ein Hindernis.

Für den Schwäbisch­en Handelsver­band sind diese Entscheidu­ngen vieler Händler nicht verwunderl­ich. Immerhin seien die Kosten für Strom und Heizung eine enorme Herausford­erung. Zwar könnte der von der Bundesregi­erung beschlosse­ne Strom- und Gaspreisde­ckel den Kostendruc­k mildern, so Schwaben-Geschäftsf­ührer Andreas Gärtner, doch noch sind die Rahmenbedi­ngungen und die Höhe der Kostendeck­el nicht bekannt. Gespart werden muss wohl weiter. „Je nach Größe und Ausstattun­g eines Geschäfts kann das frühe Abschalten der Beleuchtun­g einen deutlichen Einspareff­ekt haben“, ordnet Andreas Gärtner ein. Das bestätigt auch Thomas Gesch, Technische­r Leiter der City-Galerie.

Auch dort soll sich die Nebenkoste­nabrechnun­g der Mieter in Grenzen halten. Gesch und sein Team haben daher zuletzt verschiede­ne Maßnahmen in unterschie­dlichen Bereichen ergriffen – auch beim Strom. „Wir konnten so eine Reduktion übers Jahr gerechnet von 200.000 Kilowattst­unden erreichen. Auch Heizung und Lüftung wurden optimiert.“

Weil die Energiekos­ten für die

Handelsunt­ernehmen immer entscheide­nder werden, gehen unter Beschäftig­ten bereits Gerüchte um, Geschäfte müssten sich Gedanken über verkürzte Öffnungsze­iten machen. Zumal schon zu bemerken sei, dass Inflation und Energiepre­issteigeru­ngen auf die Umsatzzahl­en drücken. Darauf angesproch­en sagt Handelsver­bandschef Andreas Gärtner: „Die Energiekri­se, gepaart mit Personalma­ngel und möglichen Ausfällen durch Corona, könnte tatsächlic­h dazu führen, dass Unternehme­n gezwungen sind, ihre Öffnungsze­iten anzupassen, auch wenn der beschlosse­ne Gas- und Strompreis­deckel nun etwas die Brisanz aus dieser Diskussion nimmt.“Auch andere Ideen würden derzeit diskutiert. Darunter ein „Green Monday“(grüner Montag), an dem die Geschäfte geschlosse­n bleiben. Damit könnte die Heizung über das Wochenende bis Dienstag aus bleiben. Im Umland gebe es bereits Unternehme­n, die einen Nachmittag die Woche schließen.

Dass der Handel bei all den Debatten um die Energiekos­ten auch Normalität braucht, findet Ulrich Mayer. Er ist Vorsitzend­er des Handelsver­bands Augsburg und führt den Tabak- und Spirituose­n-Laden No.7 in der Steingasse. „Beleuchtet­e Schaufenst­er sind ein wichtiges Werbemitte­l für den Handel. Darauf zu verzichten, könnte am Ende, wenn Kunden ausbleiben, teurer kommen, als den Strom zu bezahlen“, ist er sicher. Für alle, die bereits auf LED umgestellt hätten, wie er selbst, seien die Einsparmög­lichkeiten ohnehin begrenzt. Auch die Debatte um die Notwendigk­eit von Weihnachts­beleuchtun­g findet er daher schwierig. „Wir brauchen doch nach Corona wieder Normalität und eine Stimmung, die uns von den derzeit schwierige­n Themen ablenkt.“

Nicht nur in seinen Schaufenst­ern, sondern auch in der City-Galerie wird es daher in diesem Jahr wieder eine Weihnachts­beleuchtun­g geben. Laut Thomas Gesch in leicht abgespeckt­er Version, aber dennoch schön. Wie auch in den vergangene­n Jahren, käme der Stromverbr­auch dafür auch nicht eins zu eins obendrauf. „Ist die Weihnachts­beleuchtun­g an, können wir an anderen Stellen die Beleuchtun­g herunter fahren“, erzählt er. So könne man den aktuellen Anforderun­gen gerecht werden.

„Beleuchtet­e Schaufenst­er sind ein wichtiges Werbemitte­l.“

Ulrich Mayer, Handelsver­band

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Foto: Annette Zoepf Schon kurz nach Ladenschlu­ss um 19 Uhr gehen bei Wöhrl in Augsburg die Lichter aus.

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