Koenigsbrunner Zeitung

Weihnachts­beleuchtun­g dieses Jahr weglassen?

- Von Wolfgang Schütz Von Felicitas Lachmayr

ProAlso, jetzt nur mal grundsätzl­ich gefragt: Ist die Situation mit der Energie in Deutschlan­d diesen Winter jetzt ernst – oder ist sie es, nun ja, okaayy, also schon irgendwie, aber sooo gaaanz dann doch nicht? Denn wenn es ernst ist, existenzie­ll für so manche, dann darf man doch mal fragen, was es über die Sinnhaftig­keit des Vorschlags der Deutschen Umwelthilf­e noch groß zu diskutiere­n gibt: Schluss mit den vermeintli­ch atmosphäri­schen, jedenfalls verschwend­erischen Lichtermee­ren in der Weihnachts­zeit!

Und ja, das soll auch für die privaten Beleuchtun­gsorgien in der besinnlich­en Adventszei­t gelten, die kosten immerhin so viel wie an Strom, wie eine mittlere Großstadt mit 400.000 Einwohnern im

Jahr verbraucht. Aber nein, darum werden jetzt nicht die Ordnungsäm­ter und Polizeistr­eifen ausschwärm­en, um überall alles zu kontrollie­ren und mit Bußgeldern zu belegen. Es sollte, wie die familiären Besuchsbes­chränkunge­n in der Corona-Zeit zum Fest selbst zuletzt, einfach um einen amtlichen Appell an die allgemeine Vernunft gehen, vorbildhaf­t in den öffentlich­en Räumen umgesetzt. Kein fulminante­r Einkaufsst­raßenglitz­er, einfach ein beleuchtet­er Baum in jeder Stadt, fertig. Das könnte sogar ganz schön sein und ließe vielleicht ein bisschen mehr Anschluss an den ursprüngli­chen Anlass des großen Schenkens erkennen: Ein Migrations­paar auf Herbergssu­che, in einem Stall ohne elektrisch­es Licht kommt der Heiland zur Welt, die Menschwerd­ung Gottes, das Fest der Liebe ohne Glitzergli­tzer, Blinkblink. Als bräuchte Festlichke­it eine amerikanis­che Show-Inszenieru­ng! Auch abseits der Kilowattst­unden-Rechnung: Ein besinnlich­eres, ruhigeres Weihnachte­n würde gut in diese Zeit passen. Amen.

ContraWeih­nachten ohne Beleuchtun­g feiern – was für eine düstere Vorstellun­g. Zwar verbrauche­n die Lichterket­ten und Girlanden so viel Strom wie eine Großstadt im ganzen Jahr. Aber im Advent im Dunkeln sitzen, wie von der Deutschen Umwelthilf­e gefordert? Das gleicht weniger einem Lichtblick in der Energiekri­se als einem weihnachtl­ichen Supergau.

Schon der Gang über den finsteren Christkind­lmarkt wäre ein Wagnis. Wer will schon zur Essensbude tippeln im blinden Vertrauen darauf, dass einem der Nebenmann den heißen Glühwein schon nicht über die Finger gießen wird. Und an Heiligaben­d? Statt störanfäll­igen Lichterket­ten brennen dann Kerzen am oder mitsamt dem Baum. Das wärmt wenigstens, wenn sich die Familie ungewasche­n im kalten Wohnzimmer versammelt. Auf der Suche nach Geschenken tappen dann alle im Dunkeln. Nicht mal das Rascheln des Papiers verrät, wo die Geschenke liegen. Denn sie sind unverpackt. Wäre ja nur unnötiger Müll. Und überhaupt, was sollen die ganzen Geschenke? Die sind doch nur Ausdruck des weihnachtl­ichen Konsumwahn­s. Also am besten gleich vom Wunschzett­el streichen. Genauso wie den Gänsebrate­n, der drei Stunden im Ofen schmort. Pure Dekadenz in Zeiten der Energiekna­ppheit. Stattdesse­n wird kalter Kartoffels­alat mit Brot serviert.

Wenn die Familie dann im Verzicht vereint am Tisch sitzt, bleibt auch der alljährlic­he Streit aus. Denn dass das ein wahrhaft spärliches Weihnachte­n ist, darüber sind sich alle einig. Konfliktpo­tenzial bietet nur der Nachbar, der sich weigert, das leuchtende Rentier im Garten auszuschal­ten. Aber man muss es mit der Sparsamkei­t ja nicht auf die Spitze treiben.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Geht es nach der Deutschen Umwelthilf­e, wird auch die Fischerstr­aße in Kempten Weihnachte­n 2022 nicht so aussehen.
Foto: Ralf Lienert Geht es nach der Deutschen Umwelthilf­e, wird auch die Fischerstr­aße in Kempten Weihnachte­n 2022 nicht so aussehen.
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany