Abholzung für den Ackerbau
Tropenwälder werden oft vorschnell gerodet.
Die Landwirtschaft trägt stärker zur Abholzung von Tropenwäldern bei als bisher angenommen. Analysen zufolge gehen 90 bis 99 Prozent der Waldrodungen direkt oder indirekt auf das Konto der Landwirtschaft. Das berichtet ein internationales Forschungsteam um Florence Pendrill von der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg im Fachblatt Science.
Die fortschreitende großflächige Rodung von Tropenwäldern gilt als eines der größten Umweltprobleme des Planeten: Sie geht einher mit Treibhausgas-Emissionen, zerstört einzigartige Ökosysteme und lässt die Artenvielfalt schwinden. Dass die Entwaldung in den Tropen hauptsächlich der Landwirtschaft geschuldet ist, war unstrittig. Unklar war jedoch das Ausmaß dieser Beteiligung. Bisher gingen Schätzungen davon aus, dass weltweit pro Jahr 4,3 bis 9,6 Millionen Hektar Tropenwald durch Landwirtschaft dauerhaft verschwinden. Diese Spanne grenzt das Team nun deutlich ein, auf 6,4 bis 8,8 Millionen Hektar – also 64.000 bis 88.000 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Österreich hat eine Fläche von knapp 84.000 Quadratkilometern. Andere Nutzungen gerodeter Flächen – etwa für Siedlungen, Bergbau, Staudämme oder zur Holzgewinnung – machen in der Summe nur einen Bruchteil dieser Fläche aus.
Genutzt werden die Areale meist als Weiden oder für den Ackerbau: „Die Ausdehnung von Rinderweiden ist der mit Abstand wichtigste Faktor, der etwa die Hälfte der für landwirtschaftliche Zwecke gerodeten Abholzung in den Tropen ausmacht“, heißt es in der Studie. Palmöl- und Sojaplantagen stellen weitere 20 Prozent. Die übrige Fläche werde überwiegend für sechs Feldfrüchte genutzt: Kautschuk, Kakao, Kaffee, Reis, Mais und Maniok.
Überraschend ist zudem, dass nur 45 bis 65 Prozent der Flächen direkt nach den Rodungen aktiv landwirtschaftlich genutzt werden. Die übrigen Areale liegen teils jahrelang brach. Den Forschenden zufolge würden Gebiete häufig schon vorsorglich abgeholzt – etwa für Landspekulation. Politisches Ziel müsse daher sein, die Wald- und Landnutzung in den Erzeugerländern stärker zu regulieren, so CoAutor Toby Gardner. Walter Willems