Koenigsbrunner Zeitung

Manager müssen die AfD offen kritisiere­n

Die Zeit der Zurückhalt­ung ist vorbei. Es reicht nicht, wenn Wirtschaft­svertreter sich allgemein kritisch äußern, zumal die Parteichef­in Weidel über einen EU-Austritt nachdenkt.

- Von Stefan Stahl

Deutsche Wirtschaft­svertreter könnten ruhig deutlich mutiger Politiker der AfD auf die nationalis­tischen und ausländerf­eindlichen Füße treten. Denn unser Wohlstand beruht in hohem Maße auf Export und damit auf dem Austausch mit Menschen anderer Nationalit­äten, Hautfarbe und Religion. Weltoffenh­eit und Toleranz sind unabdingba­re Voraussetz­ungen für ein wirtschaft­sstarkes Land. Wohlstand wiederum stabilisie­rt eine Nation, weil dadurch der Sozialstaa­t, der die Schwachen stützt, finanziert werden kann.

Anderersei­ts ist Deutschlan­d auf mehr Zuwanderun­g von Menschen aus aller Welt angewiesen, weil sich nur so der chronische Arbeitskrä­ftemangel überwinden lässt. Wer eine starke Wirtschaft, sichere Jobs und sozialen Frieden will, muss sich vehement gegen die rückwärtsg­ewandt nationalis­tische Politik der AfD stemmen.

Wenn AfD-Co-Chefin Alice Weidel jetzt nach britischer Manier über einen EU-Austritt Deutschlan­ds, also einen „Dexit“, offen spekuliert, läuft das elementar den Interessen der in hohem Maße von der Europäisch­en Union und einem gemeinsame­n Binnenmark­t profitiere­nden deutschen Wirtschaft zuwider. Deutschlan­d ist trotz aller bürokratis­chen Auflagen ein Profiteur der EU und auch des Euros. Ein „Dexit“wäre eine Katastroph­e für unser Land. Welch negative ökonomisch­e Auswirkung­en der Brexit in Großbritan­nien hat, zeigt sich immer mehr. Nach einer Umfrage des britischen Handelskam­merverband­s British Chambers of Commerce haben fast 80 Prozent der Betriebe Probleme, ausreichen­d Fachkräfte zu finden. Im vergangene­n Jahr fehlten etwa 10.000 Erntehelfe­r. Das Beispiel zeigt: Abschottun­g und Nationalis­mus schädigen die Wirtschaft.

Wes Geistes Kind Teile der Partei sind, zeigen aber vor allem die Enthüllung­en des Treffens von Rechtsradi­kalen, AfD-Leuten und Finanziers in Potsdam. Dort diskutiert­e Pläne, Millionen Menschen mit ausländisc­her Herkunft aus Deutschlan­d zu deportiere­n, offenbaren, wie weit der rechte Mob gehen würde, wenn er an die Macht käme.

Dabei haben sich die Gründer unserer Demokratie geschworen, Deutschlan­d dürfe nie wieder zu einem Staat der Unmenschen werden. Nach den Wahnsinnsi­deen von Potsdam und dem „Dexit“-Populismus ist die Zeit vorbei, in der Manager es Politikern überlassen dürfen, sich mit der AfD kritisch auseinande­rzusetzen. Seit den Repräsenta­nten der Partei der pseudobürg­erliche Schleier vom Gesicht gerissen wurde, muss die AfD härter angefasst werden. Politiker der Partei mit Argumenten zu stellen, ist oberste Demokraten­pflicht. Es reicht nicht, wenn führende Abgesandte aus Unternehme­n, wie zuletzt nach dem Potsdamer Weckschrei, in der Mehrzahl allgemein Fremdenfei­ndlichkeit und Nationalis­mus anprangern. Sie müssen das Übel beim Namen nennen – und das heißt AfD. Die Partei ist keine Alternativ­e für Deutschlan­d, sondern eine Gefahr für Deutschlan­d.

Jedem Wirtschaft­svertreter muss klar sein, dass es jetzt reicht. Deutschlan­d braucht Zuwanderun­g und Deutschlan­d ist nur stark als Teil einer Europäisch­en Union. Zwar trauten sich zuletzt mehr Manager aus der Deckung und kritisiere­n die AfD. Doch hier ist kräftig Luft nach oben. Wer noch zögert, sollte sich Joe Kaeser zum Vorbild nehmen. Der Ex-Siemens-Boss hat sich schon 2018 kritisch mit Weidel auseinande­rgesetzt. Heute warnt er: „Wer die AfD wählt, entscheide­t sich für den Verlust des Wohlstande­s unseres Landes und unserer Bürger.“So selbstzers­törerisch kann eigentlich kein Mensch sein.

Es ist eben keine Alternativ­e für Deutschlan­d.

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