Bauern kämpfen um Aufmerksamkeit
Mit Aktionen entlang der Autobahn wollen Landwirte auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Von der Aktion am Freitag auf dem Plärrergelände distanziert sich der Bauernverband hingegen.
Man kennt die eingängigen Aufschriften auf den Bannern der Bauern inzwischen. „Nicht vergessen, wir sorgen fürs Essen“, ist da zu lesen. Oder: „Beiße niemals in die Hand, die dich füttert.“Diesmal waren sie entlang der viel befahrenen Autobahn A8 zu sehen. Bei Neusäß standen etwa 20 Traktoren neben der Fahrbahn. Bei Adelsried und Zusmarshausen wurden immer wieder die Auffahrten blockiert. Seit Wochen geht das im ganzen Land so. Dabei wächst unter einigen Landwirten das Gefühl, nicht mehr angemessen wahrgenommen zu werden. Sie sind frustriert.
Zu spüren war das am Mittwochvormittag etwa in Zusmarshausen. Zwei Traktoren blockierten die Auffahrt zur A8 in Richtung Stuttgart, während die Polizei das Geschehen beobachtete. Die Aktion wurde im Vorfeld – wie die anderen auch – angemeldet und genehmigt. „Wir dürfen immer nur 15 Minuten blockieren“, erklärte einer
Nicht unnötig eskalieren.
der Bauern. Dann musste der Verkehr wieder durchgelassen werden. Man wolle sich an die Vorgaben der Polizei halten, um nicht unnötig zu eskalieren, erklärte der Landwirt. Dabei ginge es auch anders. Mit den Traktoren könne man auch die gesamte Autobahn blockieren. „Vielleicht kommen wir dann wieder in die Presse“, so der Landwirt. Dabei wurde in den vergangenen Tagen und Wochen ausgiebig über die Aktionen der Landwirte und deren Anliegen berichtet. Auch in unserer Zeitung. Dennoch fühlten sich bei den Aktionen am Mittwoch einige zunehmend vergessen.
Worum es ihnen konkret ging? „Wir wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger“, fasste Landwirt Alois Wiedemann aus Lauterbrunn zusammen, während er mit seinem Traktor die Autobahnauffahrt bei Adelsried blockierte. „Wir müssen immer mehr schaffen, für weniger Geld“, klagte er. Der Bauernverband fordert in einem offenen Brief Entlastungen für die Landwirtschaft auf den Weg zu bringen. Dazu müssten etwa eine „tragfähige Lösung“beim Agrardiesel, eine Steuerbefreiung für den Einsatz nicht-fossiler Kraftstoffe, ein Auflagenmoratorium
und eine „ernst gemeinte und wirksame Initiative zur Entbürokratisierung“gehören.
Forderungen, denen Landwirte auch mit einer weiteren Aktion an der Autobahn am Mittwoch Ausdruck verleihen wollten. Neben der Fahrbahn standen auf einem Feldweg zwischen Neusäß und Gersthofen etwa 20 Traktoren. Einen davon hatte Landwirtin Steffi Egger aus Langerringen dort abgestellt. Ob sie den Eindruck hat, dass die Protestwelle der Bauern Wirkung zeigt? „Nein. Unsere Politiker werden immer sturer“, meint Egger. Dennoch wollen sie nicht
aufgeben und planen weitere Aktionen, berichtete Egger, während auf der Autobahn immer wieder lautes Hupen als Zeichen der Solidarität zu hören war.
Weiter südlich, auf der B17, war bereits am Morgen in beide Richtungen die Ausfahrt nach Kleinaitingen und Graben durch die Polizei gesperrt. Grund war ein Konvoi aus Traktoren, der den Verkehr rund um die Logistikzentren bei Graben behinderte. Begleitet von einem Hupkonzert befuhren die Landwirte den dortigen Kreisverkehr. Etliche Polizeibeamte waren im ganzen Landkreis im Einsatz
und hielten die Lage unter Kontrolle. Laut Polizei verliefen die Demos im Augsburger Land friedlich und ohne nennenswerte Zwischenfälle.
Parallel zu den aktuellen Demos haben zahlreiche Menschen auch eine Einladung für eine Aktion am Freitagabend am Augsburger Plärrer erhalten. Unterschrieben von einem Landwirt. Der wiederum ist dem Bayerischen Bauernverband (BBV) bekannt, wie Kreisobmann Martin Mayr mitteilt. „Veranstalter am Plärrer ist das Bürgerforum Schwaben“, betont er. Die Organisation organisierte ursprünglich
Kundgebungen gegen die Politik während der Pandemie, die sogenannten Corona-Demos in Augsburg. Daher habe sich der BBV davon distanziert und werde an der Veranstaltung nicht teilnehmen. Auch die vier Landräte der umliegenden Kreise habe man informiert, keiner käme. Gleiches gelte für zahlreiche Bürgermeister und Bürgermeisterinnen. „Schon als ich die Einladung bekommen habe, wurde ich hellhörig“, sagt Mayer. Die Veranstalter stünden den Querdenkern nahe, daher wusste Mayr gleich Bescheid. (mit corh und jkor)