Irritation um Nichtauftritt von Minister
Digitalminister Fabian Mehring sagt, ihm sei als Redner für die Demo gegen Rechtsextremismus abgesagt worden. Der Freie-Wähler-Politiker unterstellt Parteilichkeit. Die Demoveranstalter widersprechen.
Das Programm am Samstagnachmittag wird voll, der Ablaufplan zur Demo „Augsburg gegen rechts“sieht 20 Punkte vor. Es soll nicht nur, aber auch Redebeiträge geben – nicht nur, aber auch von Politikerinnen und Politikern. Nach der Eröffnung tritt zunächst Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) ans Mikrofon, gefolgt von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Anschließend kommen Vertreter politischer Parteien auf die Bühne, pro Partei soll eine Person ein paar kurze Sätze sagen. Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) wird bei der Demo nicht zu Wort kommen – was ihn nun zu deutlicher Kritik an den Organisatoren veranlasst hat. Doch die stellen den Sachverhalt ganz anders dar.
Es begann mit einem Beitrag in sozialen Netzwerken, den Mehring am Freitagvormittag veröffentlichte. „Hätte als Augsburger Staatsminister und einer der profiliertesten Anti-AfD-Redner im Bayerischen Landtag gerne dort gesprochen“, hieß es dort. Auskunft der Veranstalter gegenüber seiner Büroleiterin sei aber gewesen: Man wolle nicht, dass Minister sprechen. Dass jedoch Kulturstaatsministerin Roth von den Grünen spreche, irritiere ihn und werfe die Frage nach dem Ziel auf: Gehe es gegen Rechtsextremisten, für die demokratische Mitte „oder ist’s doch nur Wahlkampf für Mitte-links“? Auf Anfrage unserer Redaktion bekräftigt Mehring diese Darstellung. Seine Büroleiterin habe aktiv angeboten, dass er die Kundgebung gerne mit einer Rede als Staatsminister unterstützen würde. „Die Organisatoren haben mir aber ausrichten lassen, dass auf der Demo grundsätzlich keine Minister sprechen sollen.“Das sei für ihn zunächst „in Ordnung“gewesen. „Wenn nun aber an meiner Stelle Claudia Roth auftritt, eine grüne Staatsministerin, ist das für mich nicht nachvollziehbar.“So entstehe der Eindruck, „die Menschen würden nicht gegen Rechtsextremismus, sondern für MitteLinks auf die Straße gehen“. Dies mindere die Schlagkraft dieser „tollen Bewegung“. Nachdem ihm „abgesagt“worden sei, habe er sich „persönlich darum gekümmert, dass zumindest ein Abgeordneter
der Freien Wähler sprechen kann“. In dem kurzen Teil am Anfang soll nun Landtagsabgeordneter Bernhard Pohl zu Wort kommen.
Die Schilderung der Organisatoren ist eine andere. Matthias Lorentzen – Vorsitzender des veranstaltenden „Bündnis für Menschenwürde“, Grünen-Stadtrat und Büro-Mitarbeiter von Claudia Roth –, erklärt gegenüber unserer Redaktion, keinem Mitglied des Organisationsteams sei bekannt, dass Mehring einen Auftritt aktiv angeboten habe. Mehring sei auch nicht „abgesagt“worden, „schon gar nicht mit der Begründung, wir lassen keine Minister sprechen“. Vielmehr habe man in den vergangenen Wochen jeder demokratischen Partei angeboten, dass Augsburger Bundestags- und Landtagsabgeordnete auf die Bühne kommen dürften und pro Partei eine Person kurz sprechen könne. Da die Freien Wähler keinen Augsburger
Landtagsabgeordneten hätten – Mehring trat bei der Landtagswahl 2023 für AugsburgLand/Dillingen an –, habe man „den Kreis gerne erweitert“und sich aktiv um Teilnahme der Freien Wähler bemüht. Die Freien Wähler hätten schließlich die Teilnahme von Bernhard Pohl (Stimmkreis Kaufbeuren) mitgeteilt.
Lorentzen betont, man sei von Mehrings Äußerungen „maximal irritiert“. Man sei davon ausgegangen, dass die Freien Wähler parteiintern geklärt hätten, wer ihr Vertreter auf der Kundgebung sei. Man lade Mehring wie alle anderen Landtagsabgeordneten zur Kundgebung ein – „und mit Herrn Pohl zu klären, wer die Sätze für die Freien Wähler sagen wird“. Dass Roth und Weber auftreten, liege daran, dass sie „die höchstrangigen politischen Vertreterinnen, die aus Augsburg kommen“, seien. Eine Parteilichkeit der Veranstaltung weise er von sich. Deutliche
Kritik an Mehring äußerte die Augsburger Landtagsabgeordnete Stephanie Schuhknecht (Grüne). „Mit seinem haltlosen Vorwurf, die Kundgebung ‚Augsburg gegen rechts‘ sei Wahlkampf für Mittelinks, rückt Fabian Mehring diese von über 50 Bündnispartnern gestützte Veranstaltung in ein schlechtes Licht“, teilte sie am Freitagnachmittag mit. Am Samstag stünde „die deutliche Ablehnung rechtsextremen Gedankengutes im Mittelpunkt“. Davon dürften „persönliche Befindlichkeiten, die von Schwierigkeiten bei der internen Kommunikation der
Freien Wähler ausgelöst wurden, nicht ablenken“.
Mehring wird, wie er auf Rückfrage mitteilt, nun nicht an der Demo teilnehmen. Nach der „Absage“habe er andere Termine angenommen, künftig stehe er für entsprechende Veranstaltungen in Augsburg aber zur Verfügung. Zur Demo, die am Samstag um 14 Uhr auf dem Rathausplatz beginnen soll, werden Tausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Die Polizei rechnet entsprechend mit Einschränkungen im Verkehr – im ÖPNV ebenso wie auf der Straße. „Bereits vor der genannten Anfangszeit und auch nach Versammlungsende gegen 16 Uhr kann es örtlich zu entsprechenden Behinderungen kommen“, heißt es in einer Mitteilung. Man bitte Demoteilnehmerinnen und -teilnehmer, auf Hinweise der Polizei vor Ort zu achten. Zudem würden aktuelle Informationen über soziale Netzwerke veröffentlicht.
Bei der Demo am Samstag werden Tausende Teilnehmende erwartet.