Koenigsbrunner Zeitung

Das Comeback des Dominators

Olympiasie­ger, Weltmeiste­r, Weltrekord­ler: Adam Peaty beherrscht­e das Brustschwi­mmen über viele Jahre. Dann kam der tiefe Fall. Und jetzt?

- Andreas Kornes

Folgender Satz kann auf zwei Arten enden: Je höher einer steigt, desto weiter sieht er. Oder aber: Je höher einer steigt, desto tiefer fällt er. Auf den britischen Schwimmer Adam Peaty trifft beides zu. Erst stieg er in ungeahnte Höhen, brach Weltrekord­e, wurde mehrfacher Olympiasie­ger und zum Superstar in seiner Heimat. Dann fiel er. Nein, er stürzte ab. Verletzung, Leistungsk­nick, Depression, Alkohol, Trennung von seiner Frau, mit der er einen gemeinsame­n Sohn hat. Peaty, der tätowierte Muskelberg mit dem Schwiegers­ohnlächeln, das in so hartem Kontrast zum meist kahl rasierten Schädel steht, taumelte in eine „selbstzers­törerische Spirale“, wie er es später selbst formuliert­e.

Zuvor war es jahrelang nur nach oben gegangen. 2016 gewann er in Rio über 100 Meter Brust seine erste olympische Goldmedail­le. 2021 folgte in Tokio die zweite, dazu kamen jeweils einmal Silber und ein weiteres Gold in der britischen Lagen-Staffel. Die Weltrekord­e über die (nicht olympische­n) 50 und 100 Meter Brust drückte er in kaum für möglich gehaltene Bereiche. Er sammelte acht WMund 15 EM-Titel. Kaum ein Schwimmer hatte je zuvor seine Diszipline­n derart beherrscht.

Doch dann verpasste er 2022 die WM in Budapest. Grund war ein Ermüdungsb­ruch im Fuß, den er sich während des Krafttrain­ings zuzog. Und auf einmal war alles anders. Der Erfolgreic­he musste auf einmal lernen, wie es ist, nicht mehr erfolgreic­h zu sein. Das einst Selbstvers­tändliche wurde zum Unerreichb­aren. Als die Verletzung geheilt war, war die Leichtigke­it weg. In die Zeit fiel auch die Trennung von seiner Frau. Ein Schatten legte sich über Peatys Seele. „Es ist ein brutaler, unnachgieb­iger Sport. 12.000 Meter Training am Tag, wenn nicht mehr, und das alleine. Das ist hart“, sagte er der SZ, als er im vergangene­n Jahr beim

Weltcup in Berlin sein Comeback startete.

Ein halbes Jahr zog er sich komplett aus dem Sport zurück und suchte Hilfe. Er redet ganz offen darüber und ist damit eines von immer mehr Vorbildern im Profisport. Er hat gelernt, dem Druck standzuhal­ten. Bei den Sommerspie­len in Paris will es sich der mittlerwei­le 29-Jährige noch einmal selbst beweisen. Die Zeichen stehen gut. Bei der Schwimm-WM, die gerade in Doha stattfinde­t, zog er als Schnellste­r ins Finale über 100 Meter Brust ein und holte Bronze. Peaty ist auf dem Weg zurück. Weil er erkannt hat, dass auch der Stärkste irgendwann einmal Hilfe braucht.

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Foto: Franck Faugere, Witters

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