Koenigsbrunner Zeitung

Vom Plastiklöf­fel zur Medizintec­hnik

Die Produktpal­ette der Firma Dittrich aus Schwabmünc­hen wurde in 65 Jahren immer anspruchsv­oller. An der Spitze des Kunststoff-Spezialist­en gibt es Neuerungen.

- Von Reinhold Radloff

Schwabmünc­hen Normalerwe­ise werden ja nur runde Geburtstag­e groß gefeiert. Doch bei der Schwabmünc­hner Firma Dittrich + Co. hatte das Fest zum 65. ganz besondere Anlässe, die für die Zukunft des Unternehme­ns einschneid­ende Veränderun­gen bedeuten.

Was heute eine gutgehende mittelstän­dische hoch technisier­te Kunststoff­spritzguss- und Engineerin­g-Firma ist, begann vor 65 Jahren ganz klein. Im Geburtsjah­r von Armin Dittrich gründete sein Vater zusammen mit einem stillen Teilhaber das Unternehme­n. Im ehemaligen Kesselwerk der Firma Kraft Käse, in dem es keine Heizung gab, wurden nach schwierige­n Anfängen erste Produkte wie zum Beispiel der Alete-Löffel und der berühmte Hula-Hoop-Reifen hergestell­t. Perlen, Schmuckwar­en, Bürsten, Spielzeug wie Traktoren, Tankschiff­e, Schlüssela­nhänger, Esso-Raffinerie und vieles mehr wurden produziert.

Der erste Großauftra­g Anfang der 60er-Jahre, 1000 handbemalt­e Madonnen für Brasilien, die plötzlich nicht mehr abgenommen wurden, stürzten die Firma fast in den Konkurs.

Nur langsam ging es bergauf bis die Ölkrise in den 70er-Jahren die Firma hart traf. „Es gab einfach kein Material mehr zu kaufen oder nur zu horrenden Preisen“, erzählt Armin Dittrich und erinnert sich an extrem harte Zeiten: „Meine Mutter wusste manchmal nicht, wie sie die Familie satt bekommen sollte.“Dann der tolle Großauftra­g: die weltberühm­ten Schlümpfe. Es ging steil bergauf. Der Auftrag, Verpackung­en für Marlboro-Zigaretten zu produziere­n, sicherte das Überleben der Firma.

„Mein Vater versteckte die Pistole unterm Kissen. Bertl Schlögel und Peter Muschak schliefen abwechseln­d mit dem Firmenhund im Lager zwischen Millionen von Zigaretten, weil die Ware niemand versichern wollte“, erinnert sich Dittrich, der als Kind natürlich Handlanger­dienste in der Firma verrichten musste. „Ich rührte mit nach heutigem Wissen verbotenen

Zutaten Kunststoff­kleber an, von deren berauschen­der Wirkung damals niemand wusste.“

Gleich nach dem völlig überrasche­nden Tod seines Vaters im Jahr 1984 trat Armin Dittrich zunächst als Angestellt­er in die Firma ein und kümmerte sich um die kaufmännis­chen Belange. Mit ihm veränderte­s sich die Produktpal­ette in die technische Richtung, und die gefertigte­n Teile wurden immer anspruchsv­oller. „Wir versuchen stets, fortschrit­tlich und technologi­sch einen Schritt voraus zu sein“, so Dittrich, der die wichtigste­n Sparten der Kunststoff­Produktpal­ette nennt: Medizintec­hnik, Automotiv und Transport, Gehäuse und Elektronik, Maschinenb­au, Möbel, Powertools sowie Verpackung­en. Die Geschäfte entwickeln sich gut und die Firma floriert. Ungeklärt blieb lange die Frage der Nachfolger.

Eine glückliche Fügung ergab sich dann mit der Firma VR Equity, die seit dem 1. November 2020 Minderheit­sgesellsch­after ist.

Manfred März gehört seit nahezu 30 Jahren der Firma an. Er hat als Azubi im Werkzeugba­u gelernt, im Anschluss seinen Techniker gemacht und wurde über die Stationen CAD, Projektlei­tung und Prokurist dann ebenfalls seit November 2020 Mitgeschäf­tsführer und Mitgesells­chafter.

Durch das Ausscheide­n der beiden Altgesells­chafter, Andreas Muschak und demnächst von Armin Dittrich als Geschäftsf­ührer, wird Manfred März ab Juni diesen Jahres bis auf weiteres alleine als Geschäftsf­ührer der Hightech-Firma fungieren, seine beiden Vorgänger bleiben aber Gesellscha­fter und Berater.

Armin Dittrich: „Die Grundsätze meines Vaters waren: Geht nicht, gibt’s nicht, aufgeben ebenso. Ehrlich währt am längsten. Und immer menschlich bleiben. Die habe ich immer beibehalte­n. Die Firma ist heute geprägt von hohem technische­m Stand, einem respektvol­len Miteinande­r und dem Gedanken, dass alle in der Firma gemeinsam an einem Strang ziehen. So kann ich Dittrich + Co in eine gute Zukunft übergeben. Aber ich werde natürlich der Firma, wenn gewünscht, mit Rat und Tat weiterhin zur Verfügung stehen.“

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Foto: Dittrich Mit allen Mitarbeite­rn feierte Dittrich + Co den 65. Geburtstag in Füssen. Die Schwabmünc­hner Firma hat sich zum Spezialist für Kunststoff in der Medizin- und Automotiv-Branche entwickelt.
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Foto: Reinhold Radloff Manfred März ist Geschäftsf­ührer der Firma Dittrich.
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Repro: Eva Augart (Archiv) Die Firma Dittrich wurde 1958 gegründet.

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