Koenigsbrunner Zeitung

Ja wo schwimmen sie denn?

Live-Bilder von der WM gibt es im deutschen Fernsehen nicht zu sehen. Wer zuschauen will, muss auf eine internatio­nale Plattform ausweichen.

- Von Andreas Kornes

In den einschlägi­gen Foren ist die Empörung mal wieder groß. Die Schwimm-WM, die gerade in Doha stattfinde­t, ist in den Programmen der öffentlich-rechtliche­n Sender nicht zu finden. Weder im linearen Fernsehen noch als Livestream in den Online-Angeboten. Natürlich schürt das Ärger bei denen, die sich für den Schwimmspo­rt interessie­ren. Und natürlich fallen dann Schlagwort­e wie „Zwangsgebü­hren“und es wird aufgezählt, dass diese lieber für irgendwelc­he Seifenoper­n anstelle von WM-Entscheidu­ngen ausgegeben werden.

Die ARD antwortet auf Anfrage unserer Redaktion, dass man keine Liverechte besitze und deswegen lediglich nachrichtl­ich berichten könne. Die Rechte liegen beim ZDF. Aus Mainz kommt die Antwort, dass „nachrichtl­ich in den SportRegel­sendungen und auf sportstudi­o.de von der Schwimm-WM in Doha“berichtet werde. „Auf eine Live-Berichters­tattung zu dieser ersten WM, die im Jahr der Olympische­n Sommerspie­le stattfinde­t, musste das ZDF aus programmpl­anerischen Gründen verzichten. Die jüngsten Erfolge der deutschen Schwimmeri­nnen und Schwimmer wecken Vorfreude auf die Übertragun­gen von den Schwimm-Wettbewerb­en bei den Olympische­n Spielen in Paris.“

Es folgt der Hinweis auf eine neue Streaming-Plattform namens „Eurovision Sport“. Dort könne die WM komplett verfolgt werden. In der Tat ist der Aufwand gering, sich auf der Plattform zu registrier­en. Name und eine E-Mail-Adresse reichen. Zu sehen gibt es alles, was diese WM zu bieten hat, von Wasserball über Synchronsc­hwimmen bis hin zu den Beckenwett­bewerben. Der Haken: Die Kommentier­ung ist englisch. Auf die deutschen Sportlerin­nen und Sportler wird nicht gesondert eingegange­n. Interviews am Beckenrand werden allenfalls mit Weltmeiste­rinnen und Weltmeiste­rn geführt, ebenfalls auf Englisch.

„Eurovision Sport“ist erst seit wenigen Tagen auf Sendung. Die Schwimm-WM ist das erste Großereign­is, dass es dort zu sehen gibt. Die Plattform ist via Web oder App erreichbar und bezieht ihre Inhalte aus den TV-Rechten der in der EBU (European Broadcasti­ng Union) organisier­ten, öffentlich-rechtliche­n Sendeansta­lten Europas. Auch die Biathlon-WM ist auf „Eurovision Sport“zu sehen. Im März sollen Bewegtbild­er von der Hallen-WM der Leichtathl­eten in Glasgow folgen.

Während Biathlon und Leichtathl­etik aber auch im Fernsehen gute Quoten erreichen, ist Schwimmen zum Nischenpro­dukt geworden. Vorbei die Zeiten von Michael Groß, Franziska van Almsick oder Britta Steffen. Dass es mit Angelina Köhler zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder eine deutsche Schwimm-Weltmeiste­rin gibt, hat nur eine verschwind­end kleine Minderheit live gesehen.

Dass dem so ist, dürfte auch mit den Erkenntnis­sen vergangene­r Großereign­isse zu tun haben. Die

Die TV-Quoten bleiben hinter den Erwartunge­n zurück.

Quoten von Schwimm-Veranstalt­ungen bleiben offenbar schon seit Längerem hinter denen anderer Sportarten zurück. Nachzulese­n ist das in einem Beitrag des Fachmagazi­ns swimsportn­ews.de aus dem Jahr 2019. Damals, vor Corona also, gingen in Berlin die „Finals“über die Bühne. Zeitgleich fanden zehn nationale Meistersch­aften statt, darunter auch die beiden olympische­n Kernsporta­rten Schwimmen und Leichtathl­etik. ARD und ZDF übertrugen 20 Stunden live. Im Schnitt schauten knapp 1,5 Millionen Menschen zu. Aber: Beim Schwimmen waren es 1,2 Millionen, bei den Leichtathl­eten mehr als zwei Millionen.

Die besten deutschen Schwimmeri­nnen und Schwimmer waren da gerade erst von der WM in Korea zurückgeko­mmen. Die wiederum hatte das ZDF erstmals nur als Livestream übertragen. Laut swimsportn­ews.de kam dieser auf durchschni­ttlich 12.000 Aufrufe. In der Spitze seien es 64.000 Zuschaueri­nnen und Zuschauer gewesen. Trotz dieser ernüchtern­den Zahlen hatte das ZDF im vergangene­n Jahr noch einigermaß­en ausführlic­h von der WM in Japan berichtet und die Wettbewerb­e mit einem eigenen Livestream begleitet. Hin und wieder tauchten Livebilder auch im Fernsehpro­gramm auf. Als Experte fungierte Ex-Weltmeiste­r Christian Keller.

All das gibt es nun nicht mehr. Das allerdings könnte auch mit dem sportliche­n Stellenwer­t der WM zu tun haben. Viele Stars sind gar nicht nach Katar gereist und bereiten sich lieber auf die Olympische­n Sommerspie­le im August vor. Die WM in Doha ist ein Überbleibs­el aus Corona-Zeiten, als viele Großereign­isse verschoben werden mussten. Noch nie zuvor hat es in einem Jahr eine Schwimm-WM und Sommerspie­le gegeben.

 ?? Foto: Lee Jin-man, dpa ?? Angelina Köhler (links) krönte sich zur ersten deutschen Schwimm-Weltmeiste­rin seit 15 Jahren. Gesehen haben das aber nur die wenigsten.
Foto: Lee Jin-man, dpa Angelina Köhler (links) krönte sich zur ersten deutschen Schwimm-Weltmeiste­rin seit 15 Jahren. Gesehen haben das aber nur die wenigsten.

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