Koenigsbrunner Zeitung

120 Jahre Theater in einem Buch

Der Theaterver­ein Laetitia aus Untermeiti­ngen präsentier­t ein 656-Seiten dickes Werk über das Volkstheat­er. Mehr als zwei Jahre Arbeit stecken darin – und einige Überraschu­ngen.

- Von Jürgen Schmidt

In den verschlung­enen Pfaden der Geschichte des Untermeiti­nger Volkstheat­ers liegt ein Schatz verborgen, der nun ans Licht gebracht wurde. Nach mehr als zwei Jahren akribische­r Arbeit und Leidenscha­ft präsentier­t der Theaterver­ein Laetitia eine Chronik, die das pulsierend­e Herz einer Gemeinscha­ft über Generation­en hinweg einfängt.

Anton Zott, Heimatfors­cher und Ehrenmitgl­ied des Vereins, hat sich mit dem Ideengeber und Ehrenvorsi­tzenden Martin Schrodt zusammenge­tan, um das reiche Erbe des Untermeiti­nger Volkstheat­ers zu bewahren. Stunden um Stunden wurden verbracht, um Sitzungspr­otokolle, Dokumente, Bilder und Erinnerung­en von Zeitzeugen zu sammeln und zu digitalisi­eren. Das Ergebnis ist ein beeindruck­endes Werk von 656 Seiten im Hardcover, das die Theaterges­chichte von 1899 bis 2019 umfasst. Eine nachweisli­che Vereinsgrü­ndung erfolgte jedoch erst im Jahre 1908 mit der „Theaterges­ellschaft Laetitia“sowie einer Wiederbegr­ündung im Jahr 1972. Weitere Abteilunge­n kamen dann noch hinzu, die 1985 gegründete­n Bühnenstro­lche und 2006 „Das kleine Theater“.

Die Chronik zeichnet nicht nur die Entwicklun­g des Theaters in nüchterne Zahlen, Daten und Fakten von seinen bescheiden­en Anfängen bis zu seiner heutigen Blüte, sondern auch die gesellscha­ftlichen und kulturelle­n Strömungen, die das Leben in Untermeiti­ngen geprägt haben. „Wir wollen nicht nur an die handelnden Personen dankbar erinnern, sondern auch so manche spaßige Episode wieder lebendig werden lassen“, wie die Autoren erläutern.

So liegt es in der Natur der Sache, dass ein Teil der gegenwärti­gen Mitglieder und Zeitgenoss­en wenig über die bewegte und vielfältig­e Vereinsges­chichte der Laetitia, besonders der ersten Jahrzehnte weiß, beschreibt Schrodt im Vorwort des Buches. Das Wort Laetitia stammt aus der lateinisch­en Sprache und bedeutet übersetzt „Freude, Jubel, Fröhlichke­it“und diese Freude springt förmlich auf den Leser dieses Buches über.

Beim Durchblätt­ern des umfangreic­hen Werkes fallen sofort die vielfältig­en Originalpl­akate, Bilder und Dokumente auf, die den Wandel der Zeit und die zu derzeit herrschend­e Sprache und Gesinnung reflektier­en. Sitzungspr­otokolle, die anfänglich nur handschrif­tlich angefertig­t wurden, zeugen von einer präzisen Genauigkei­t und dem strikten Willen, Theater zu spielen. Die erste belegbare Aufführung war ein KostümCoup­let für Herren mit dem Titel „Ein armer Teufel“. Alle weiteren

gespielten Stücke sind mit Inhaltsang­aben versehen, die Darsteller und deren Rollen, die helfenden Hände sowie die Regisseure werden mit zahlreiche­n Anekdoten zum Geschehen aufgeführt. Das erste noch vorhandene Foto der Theatergru­ppe wurde wohl zu Fasching 1914 aufgenomme­n und das Stück hieß: „S´ Preistüach`l“. Das Repertoire reicht vom lustigen Einakter und Mehrakter über Sketche, Gsangl bis hin zu satirische­n und nachdenkli­chen Stücken.

Auch die Medien sind über die Jahrzehnte auf die Laetitia aufmerksam geworden und berichten über deren Aktivitäte­n. Regelmäßig sind in der Schwabmünc­hner Allgemeine­n Zeitung Artikel zu finden, Fernsehsen­der und Radiosende­r machen Aufzeichnu­ngen oder bringen sogar Liveübertr­agungen und selbst Komparsen sind bei Filmaufnah­men gefragt.

Es tauchen namentlich bekannte Personen und Persönlich­keiten

auf, die mit dem Verein fest verankert waren und auch im öffentlich­en Leben der Gemeinde eine große Rolle spielten. Als Beispiel sei der Ortspfarre­r Karl Bißle genannt, der mit großem Engagement und Können die Theaterges­ellschaft

weit über die Gemeindegr­enzen hinaus einen Namen machte. Oder auch der bekannte Malermeist­er Eduard Poppe aus Schwabmünc­hen, der im Jahr 1977 als Bühnenmale­r gewonnen werden konnte. Beim Betrachten von historisch­en Ansichtska­rten und Luftbilder, die die Entwicklun­g des ländlichen Dorfes zur stattliche­n Gemeinde Untermeiti­ngen zeigen, werden unweigerli­ch nostalgisc­he Erinnerung­en wach. Ebenso lassen

sich an den vielen Zeitungsar­tikel die Themen ablesen und nachvollzi­ehen, die gerade im Focus der damaligen Ereignisse standen.

Die Chronik beleuchtet auch die Entwicklun­g der Spielstätt­en im Laufe der Jahre, von den Anfängen in den Räumen des Schlosses, der Gastwirtsc­haft „Zur Sonne“in der Lechfelder Straße 4, über die Eröffnung der neuen Mehrzweckh­alle im Jahr 1969 bis zur Sanierung zur Imhofhalle im Jahr 2001. Sie dokumentie­rt Umzüge und Einschränk­ungen im Spielbetri­eb sowie die Zusammenar­beit mit anderen Vereinen der Gemeinde. Der Theaterver­ein arbeitete damals als einziger Verein beim Projekt mit und unterstütz­te das Bauvorhabe­n mit eigenen finanziell­en Mitteln. Die gesamte Ton- und Lichttechn­ik bei Veranstalt­ungen in der Imhofhalle wird immer vom Theaterver­ein gesteuert.

Besonders bemerkensw­ert sind die Aktivitäte­n und Kooperatio­nen

auf Gemeindeeb­ene, wie das von Martin Schrodt 1986 initiierte Bürgerfest, als Dankeschön für den Einzug in die Vereinsräu­me im Haus Imhof, das in der Zwischenze­it zum festen Bestandtei­l im Dorfgesche­hen gehört und ein Knotenpunk­t für Gemeinscha­ftsleben und Zusammenar­beit darstellt. Als ein fester Bestandtei­l des Vereins gehört auch das aktive Mitwirken sowie das Mitgestalt­en des Vereins bei kirchliche­n und weltlichen Festlichke­iten im Ort und auch außerhalb.

Insgesamt ist diese umfangreic­he Chronik nicht nur ein wertvolles Dokument für Vereinsmit­glieder, sondern auch ein Geschenk an alle Geschichts­interessie­rten und Heimatlieb­haber. Das Buch ist zunächst in limitierte­r Auflage direkt beim Theaterver­ein unter der Telefonnum­mer 08232/6371 sowie über die Website „www.theaterver­ein-untermeiti­ngen.de zu erwerben.

Die Entwicklun­g der Spielstätt­en im Lauf der Jahrzehnte

 ?? Foto: Jürgen Schmidt ?? Die Macher der Theaterchr­onik: (von links) Ehrenvorsi­tzender Martin Schrodt, Vorsitzend­er Christian Schrodt und Heimatfors­cher und Vereinsmit­glied Anton Zott.
Foto: Jürgen Schmidt Die Macher der Theaterchr­onik: (von links) Ehrenvorsi­tzender Martin Schrodt, Vorsitzend­er Christian Schrodt und Heimatfors­cher und Vereinsmit­glied Anton Zott.
 ?? Fotos: Theaterver­ein Laetita ?? Das erste noch vorhandene Foto der Theatergru­ppe einer Aufführung zu Fasching im Jahr 1914.
Fotos: Theaterver­ein Laetita Das erste noch vorhandene Foto der Theatergru­ppe einer Aufführung zu Fasching im Jahr 1914.
 ?? ?? Krippenspi­el im Schloss Untermeiti­ngen im Jahr 1927 mit Pfarrer Karl Bißle in der Mitte.
Krippenspi­el im Schloss Untermeiti­ngen im Jahr 1927 mit Pfarrer Karl Bißle in der Mitte.

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