Pfiffe zum Abschied
Der FCA besiegelt das Aus von Wolfsburg-Trainer Niko Kovac. Beim 3:1-Sieg profitieren die Augsburger von einer harten Schiedsrichterentscheidung.
Unterschiedlicher hätten die Gefühlslagen am Samstag um 17.21 Uhr in der Volkswagen-Arena nicht sein können. Als sich die Spieler des VfL Wolfsburg nach der 1:3-Niederlage verabschieden wollten, hallte ihnen von der Nordkurve, der Heimstatt der Wolfsburg-Ultras, ein gellendes Pfeifkonzert entgegen. Und was den Wolfsburgern fast noch mehr wehtat, waren die höhnischen „Europapokal“-Rufe der eigenen Fans.
Auch von VfL-Trainer Niko Kovac hatten viele Wolfsburger die Nase voll. „Kovac raus“skandierten sie nach dem elften Spiel ohne Sieg. Mit 25 Zählern sind sie nun gefährlich Richtung Relegationsplatz 16 abgerutscht. Am Sonntagmorgen bestätigte der VfL, dass Kovac seinen Job los ist. Am Nachmittag gaben die Wolfsburger die Verpflichtung von Ralph Hasenhüttl bekannt. Der 56-jährige Österreicher hatte zuletzt von 2018 bis 2022 in der Premier League den FC Southampton trainiert.
Auf der anderen Seite, feierten die etwa 500 mitgereisten FCAFans frenetisch – vor allem Jess Thorup. Der Däne ist das Gesicht des momentanen Erfolges. 30 Punkte hat er seit seinem Amtsantritt
Ende Oktober geholt. Der 3:1-Erfolg war der vierte Sieg in Folge. Nur Markus Weinzierl war das einmal gelungen, in der Saison 14/15. Damals qualifizierte sich der FCA für die Europa League.
Dabei sah es in der ersten Hälfte gar nicht gut aus für den FCA. Die Wolfsburger drehten auf, als wollten sie zeigen, wir lassen uns unseren Trainer Niko Kovac nicht nehmen. Der FCA wäre zufrieden gewesen, nur mit dem frühen 0:1 (9.) durch den Treffer von Patrick Wimmer in die Halbzeit zu gehen.
Doch dann erwies der Wolfsburger seiner Mannschaft einen Bärendienst. Zuerst vertändelte er den Ball an seinen Gegenspieler Kevin Mbabu, den versuchte er dann mehrmals zu Boden zu reißen, was ihm kurz vor dem VfLStrafraum auch gelang. Für Schiedsrichter Timo Gerach zunächst eine klare Sache: Rote Karte, weil Wimmer aus seiner Sicht eine klare Torchance vereitelte. Dass VfL-Verteidiger Maxence Lacroix vielleicht noch hätte eingreifen können, bewertete er nicht so stark. Für VAR-Schiedsrichter Felix Brych hätte es eventuell auch eine Gelbe Karte getan, war später zu hören. Doch als eine klare Fehlentscheidung sah er den Platzverweis nicht an, und so bestärkte er Gerach, der es dann auch nicht für nötig befand, sich die Situation selbst anzuschauen. Eine heftig umstrittene Entscheidung von Gerach in seinem erst neunten Bundesligaspiel. Hinterher stand der Schiedsrichter zu seiner „harten Entscheidung“, auch wenn er dabei im Nachhinein etwas „Bauchweh“verspürte.
Beim VfL tobte man. „Keine Rote Karte, das ist spielentscheidend“, sagte der Wolfsburger Kapitän Maximilian Arnold sichtlich erregt, „klare Fehlentscheidung“, sagte Kovac. Bei der Roten Karte blieb es nicht. FCA-Mittelfeldspieler Arne Maier gelang beim folgenden Freistoß mit seinem ersten Saisontreffer das 1:1 (45.+2). Dass sich die dezimierten Wolfsburger in der zweiten Hälfte fast wehrlos ergaben, was FCA-Leihspieler Kristijan Jakic, mit seinen ersten beiden Toren im FCA-Trikot (61. und 79.) zum 1:3-Endstand bestrafte, interessierte niemand mehr.
Und so durfte Thorup bei der Pressekonferenz fast 20 Minuten die leidenschaftliche Selbstverteidigungsrede seines Kollegen mit anhören. Kovac sagte, er habe sich durch „harte Arbeit“nach oben gekämpft und deshalb komme der Begriff „Aufgeben“in seinem Wortschatz nicht vor. Die VfL-Verantwortlichen entschieden anders, Kovac ist seinen Job los – direkt vor der Länderspielpause, der wohl letzte passende Zeitpunkt.
Beim FCA schaut man entspannter in die nahe Zukunft. Thorup gab einen Extra-Tag bis Dienstag frei, am Donnerstag will er mit einem Testspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth die Spannung hochhalten. Da können sich auch die Bewerber für den Platz von Ermedin Demirovic beim Spiel am Ostersonntag gegen den 1. FC Köln präsentieren. Der Kapitän und Torjäger ist nach seiner fünften Gelben Karte gesperrt. Das bereitet Thorup keine Ängste: „Wir wissen, dass wir gute Individualisten haben, aber wir sind eine Mannschaft.“Eine Mannschaft, die Richtung Europa unterwegs ist? Thorup: „Wir haben 35 Punkte, das freut mich, aber wir haben noch nichts, wir haben noch keinen Pokal. Aber wenn wir auf diesem Weg bleiben, ist vieles möglich.“
VfL Wolfsburg Pervan - Baku (78. Majer), Lacroix, Zesiger, Maehle - Svanberg (87. Vranckx), Arnold - Tomás (67. A. Sarr), Wimmer, Paredes (86. Rogério) Wind FCA Dahmen - Mbabu, Gouweleeuw, Uduokhai, Iago - Jakic - F. Jensen (65. Biel), A. Maier (76. M. Pedersen) - Vargas (76. Engels) - Tietz (82. Beljo), Demirovic (83. S. Michel) Tore 1:0 Wimmer (9.), 1:1 A. Maier (45.+2), 1:2 Jakic (61.), 1:3 Jakic (79.) Zuschauer 21.735 Schiedsrichter Gerach (Landau in der Pfalz)