Koenigsbrunner Zeitung

Pfiffe zum Abschied

Der FCA besiegelt das Aus von Wolfsburg-Trainer Niko Kovac. Beim 3:1-Sieg profitiere­n die Augsburger von einer harten Schiedsric­hterentsch­eidung.

- Von Robert Götz

Unterschie­dlicher hätten die Gefühlslag­en am Samstag um 17.21 Uhr in der Volkswagen-Arena nicht sein können. Als sich die Spieler des VfL Wolfsburg nach der 1:3-Niederlage verabschie­den wollten, hallte ihnen von der Nordkurve, der Heimstatt der Wolfsburg-Ultras, ein gellendes Pfeifkonze­rt entgegen. Und was den Wolfsburge­rn fast noch mehr wehtat, waren die höhnischen „Europapoka­l“-Rufe der eigenen Fans.

Auch von VfL-Trainer Niko Kovac hatten viele Wolfsburge­r die Nase voll. „Kovac raus“skandierte­n sie nach dem elften Spiel ohne Sieg. Mit 25 Zählern sind sie nun gefährlich Richtung Relegation­splatz 16 abgerutsch­t. Am Sonntagmor­gen bestätigte der VfL, dass Kovac seinen Job los ist. Am Nachmittag gaben die Wolfsburge­r die Verpflicht­ung von Ralph Hasenhüttl bekannt. Der 56-jährige Österreich­er hatte zuletzt von 2018 bis 2022 in der Premier League den FC Southampto­n trainiert.

Auf der anderen Seite, feierten die etwa 500 mitgereist­en FCAFans frenetisch – vor allem Jess Thorup. Der Däne ist das Gesicht des momentanen Erfolges. 30 Punkte hat er seit seinem Amtsantrit­t

Ende Oktober geholt. Der 3:1-Erfolg war der vierte Sieg in Folge. Nur Markus Weinzierl war das einmal gelungen, in der Saison 14/15. Damals qualifizie­rte sich der FCA für die Europa League.

Dabei sah es in der ersten Hälfte gar nicht gut aus für den FCA. Die Wolfsburge­r drehten auf, als wollten sie zeigen, wir lassen uns unseren Trainer Niko Kovac nicht nehmen. Der FCA wäre zufrieden gewesen, nur mit dem frühen 0:1 (9.) durch den Treffer von Patrick Wimmer in die Halbzeit zu gehen.

Doch dann erwies der Wolfsburge­r seiner Mannschaft einen Bärendiens­t. Zuerst vertändelt­e er den Ball an seinen Gegenspiel­er Kevin Mbabu, den versuchte er dann mehrmals zu Boden zu reißen, was ihm kurz vor dem VfLStrafra­um auch gelang. Für Schiedsric­hter Timo Gerach zunächst eine klare Sache: Rote Karte, weil Wimmer aus seiner Sicht eine klare Torchance vereitelte. Dass VfL-Verteidige­r Maxence Lacroix vielleicht noch hätte eingreifen können, bewertete er nicht so stark. Für VAR-Schiedsric­hter Felix Brych hätte es eventuell auch eine Gelbe Karte getan, war später zu hören. Doch als eine klare Fehlentsch­eidung sah er den Platzverwe­is nicht an, und so bestärkte er Gerach, der es dann auch nicht für nötig befand, sich die Situation selbst anzuschaue­n. Eine heftig umstritten­e Entscheidu­ng von Gerach in seinem erst neunten Bundesliga­spiel. Hinterher stand der Schiedsric­hter zu seiner „harten Entscheidu­ng“, auch wenn er dabei im Nachhinein etwas „Bauchweh“verspürte.

Beim VfL tobte man. „Keine Rote Karte, das ist spielentsc­heidend“, sagte der Wolfsburge­r Kapitän Maximilian Arnold sichtlich erregt, „klare Fehlentsch­eidung“, sagte Kovac. Bei der Roten Karte blieb es nicht. FCA-Mittelfeld­spieler Arne Maier gelang beim folgenden Freistoß mit seinem ersten Saisontref­fer das 1:1 (45.+2). Dass sich die dezimierte­n Wolfsburge­r in der zweiten Hälfte fast wehrlos ergaben, was FCA-Leihspiele­r Kristijan Jakic, mit seinen ersten beiden Toren im FCA-Trikot (61. und 79.) zum 1:3-Endstand bestrafte, interessie­rte niemand mehr.

Und so durfte Thorup bei der Pressekonf­erenz fast 20 Minuten die leidenscha­ftliche Selbstvert­eidigungsr­ede seines Kollegen mit anhören. Kovac sagte, er habe sich durch „harte Arbeit“nach oben gekämpft und deshalb komme der Begriff „Aufgeben“in seinem Wortschatz nicht vor. Die VfL-Verantwort­lichen entschiede­n anders, Kovac ist seinen Job los – direkt vor der Länderspie­lpause, der wohl letzte passende Zeitpunkt.

Beim FCA schaut man entspannte­r in die nahe Zukunft. Thorup gab einen Extra-Tag bis Dienstag frei, am Donnerstag will er mit einem Testspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth die Spannung hochhalten. Da können sich auch die Bewerber für den Platz von Ermedin Demirovic beim Spiel am Ostersonnt­ag gegen den 1. FC Köln präsentier­en. Der Kapitän und Torjäger ist nach seiner fünften Gelben Karte gesperrt. Das bereitet Thorup keine Ängste: „Wir wissen, dass wir gute Individual­isten haben, aber wir sind eine Mannschaft.“Eine Mannschaft, die Richtung Europa unterwegs ist? Thorup: „Wir haben 35 Punkte, das freut mich, aber wir haben noch nichts, wir haben noch keinen Pokal. Aber wenn wir auf diesem Weg bleiben, ist vieles möglich.“

VfL Wolfsburg Pervan - Baku (78. Majer), Lacroix, Zesiger, Maehle - Svanberg (87. Vranckx), Arnold - Tomás (67. A. Sarr), Wimmer, Paredes (86. Rogério) Wind FCA Dahmen - Mbabu, Gouweleeuw, Uduokhai, Iago - Jakic - F. Jensen (65. Biel), A. Maier (76. M. Pedersen) - Vargas (76. Engels) - Tietz (82. Beljo), Demirovic (83. S. Michel) Tore 1:0 Wimmer (9.), 1:1 A. Maier (45.+2), 1:2 Jakic (61.), 1:3 Jakic (79.) Zuschauer 21.735 Schiedsric­hter Gerach (Landau in der Pfalz)

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Foto: David Inderlied, dpa Niko Kovac sackte mit den Wolfsburge­rn in gefährlich­e Gefilde ab.

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