Fehlen in Bobingen die Visionen?
In Bobingen wurde der Haushalt 2024 verabschiedet. Die Neuverschuldung wird steigen. Für neue Projekte scheint Geld zu fehlen. Bleibt die Stadt handlungsfähig?
Nach einem Sitzungsmarathon in den vergangenen Wochen wurde in der jüngsten Stadtratssitzung der Haushalt 2024 verabschiedet. Während der Verwaltungshaushalt am Ende mit einer schwarzen Null abgeschlossen werden konnte, wird die Neuverschuldung Bobingens in diesem Jahr wohl um mehr als sechs Millionen Euro ansteigen. Auch die Stadtwerke melden einen Kreditbedarf von über drei Millionen Euro an. „Wir nehmen mehr Schulden auf, als wir tilgen“, merkte Kämmerer Stefan Thiele an.
Herwig Leiter (CSU) zeigte sich zufrieden damit, dass es gelungen sei, in schwierigen Zeiten einen tragfähigen Haushalt aufzustellen. Besonders wichtig sei seiner Fraktion, dass auch in Zukunft die Vereinsförderung aufrechterhalten werden könne. Im Mittelpunkt stünden aber die Familien. Deshalb seien die Ausgaben von mehr als sechs Millionen Euro für den Neubau der evangelischen Kita an der Wertachstraße und die rund acht Millionen Euro für die Kita „Wasserschloss“ein wichtiges Zeichen.
Stadtrat Edmund Mannes (SPD) zeigte sich unzufrieden. Speziell für Gebäudepflege und den Unterhalt seien kaum finanzielle Mittel eingeplant. Für einen Neubau an der Hermann-Hesse-Straße fehle der Ansatz komplett. Auch für das Ärztehaus und den südlichen Rathausplatz seien nur geringe Mittel vorgesehen. Er bemängelte, dass seitens des Bürgermeisters Klaus Förster keine Zielvorstellungen für die zu erledigenden Aufgaben gemacht worden seien. Bezüglich des bevorstehenden Anspruchs auf Ganztagsbetreuung sollte es laufende Beratung in den zuständigen Ausschüssen geben, was derzeit nicht erfolge. Die SPD-Fraktion lehnte den Haushaltsentwurf mehrheitlich ab.
Franz Handschuh (FBU) sah weitere Mängel im Haushalt. In den kommenden Jahren würden, laut einer Studie des Landratsamts, in Bobingen bis zu 15 Klassenzimmer fehlen. Für deren Schaffung seien keinerlei Mittel vorgesehen. Beim geplanten Ärztehaus seien ebenfalls große Kosten für die Stadt zu erwarten. Auch hier seien bis 2027
keine Gelder eingeplant. In den letzten Monaten sei das Thema Windkraft sehr präsent gewesen. „Für die konkrete Umsetzung ist in den nächsten vier Jahren aber kein Cent vorgesehen.“Zusätzlich bemängelte Handschuh, dass das Verkehrskonzept zwar vorangetrieben worden sei, aber unklar bliebe, welche Maßnahmen angegangen werden sollten. Handschuh erklärte, dass die Bobinger Pro-Kopf-Verschuldung mittlerweile bei 2100 Euro liege. Das sei mehr als das Doppelte vergleichbarer bayerischer Städte. Auch die FBU versagte dem Haushalt die Zustimmung.
Monika Müller-Weigand (Grüne) stellte sich hinter die Entscheidung, die Bobinger Vereine bei notwendigen Investitionen zu unterstützen. Aber dabei müsse kritisch hinterfragt werden, was denn wirklich notwendig sei. Neben der Ausschöpfung kommunaler Fördertöpfe müsse in diesem Bereich über Möglichkeiten zur Finanzierung, wie zum Beispiel der Suche nach privaten Investoren, nachgedacht werden. Weiterhin bemängelte Müller-Weigand, dass es immer noch nicht gelungen sei, städtische Angebote wie zum Beispiel den Friedhof kostendeckend zu betreiben. Klare Mängel sah sie darin, dass es keine Mittel zur Erreichung der Pariser Klimaziele gebe. „Wir sind seit Jahren bereit, bekannte Defizite hinzunehmen, statt sie aus der Welt zu schaffen.“
Rainer Naumann (FW) wies darauf hin, dass es trotz schwieriger Zeiten gelungen sei, einen Weg zu finden, der es ermögliche, verantwortungsvoll zu handeln. „Große, neue Projekte können wir uns in der aktuellen Lage leider nicht leisten. Das mag enttäuschend klingen, aber es ist die Realität.“In diesem Zusammenhang wies er auf die zu erwartenden Kosten hin, die bei der Sanierung und dem Neubau des Bobinger Wasserwerks entstehen würden.
Bürgermeister Klaus Förster bedankte sich bei Stadtkämmerer Thiele und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihren Einsatz. Er sah den vorliegenden Haushalt als gutes Instrument, um in Bobingen weiterhin handlungsfähig zu bleiben. Er wies aber darauf hin, dass auch Bund und Länder gefordert seien, den Kommunen zu helfen. „Der Förderdschungel mit immer mehr Bürokratie hält von anderen, wichtigen Aufgaben ab.“Immer mehr Pflichtaufgaben, wie zum Beispiel der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Schule, müssten von staatlicher Seite besser gefördert werden. Auch die von vielen Seiten geforderte Energiewende werde es nicht zum Nulltarif geben. Die kommenden Probleme würden nicht nur Bobingen alleine betreffen. Schwindende Finanztöpfe auf allen staatlichen Ebenen, genauso wie ein Verteilungskampf um personelle Ressourcen, würden die Städte und Kommunen vor immer größere Herausforderungen stellen.