Koenigsbrunner Zeitung

Nike statt Adidas – der Gewinner ist der Fußball

Es geht lediglich darum, welches Logo künftig auf dem Trikot der Nationalma­nnschaft prangt. Die Diskussion zeigt: Nichts rührt emotional so wie der Sport.

- Von Tilmann Mehl

Endlich mal wieder eine Gelegenhei­t, das letzte Lagerfeuer der Nation ins Spiel zu bringen. Nirgendwo sonst versammeln sich so viele Deutsche. Früher konnten sich die allermeist­en noch über die missglückt­e und von Thomas Gottschalk wegmoderie­rte Baggerwett­e austausche­n – nun ist nur noch die Nationalma­nnschaft übrig. Selbst danach sah es lange nicht aus, galt das Team doch nach verunglück­ten Turnieren als Verlierert­ruppe, die es kaum verdient hat, sie interessie­rt zu verfolgen.

Einen schlecht kommunizie­rten Ausrüsterw­echsel sowie ein geglücktes Länderspie­l später hat immerhin jeder wieder eine Meinung zum DFB und der Nationalma­nnschaft. Interessan­terweise haben etliche von den ehedem 80 Millionen Bundestrai­nern umgeschult und treten nun als Traditions­bewahrer und Verbandsex­perten auf. Eine übergroße Anzahl nämlich hält den Wechsel von Adidas zu Nike für einen antipatrio­tischen Akt, kurz vor dem Vaterlands­verrat. Meinungen kann man mit Fakten begegnen, doch das ändert oft nichts an der Stimmung. Toni Kroos beispielsw­eise konnte die Champions League reihenweis­e gewinnen und unter jedem Trainer von Weltformat ein Fixpunkt sein – die Allgemeinh­eit hielt ihn lange Zeit trotzdem für einen belanglose­n Ballschieb­er.

Für den Wechsel von Adidas zu Nike gibt es 50.000.000 gute Gründe. So viele Euro beträgt ungefähr die Differenz zwischen den beiden Angeboten. Pro Jahr. Der DFB entschied sich nicht etwa aus raffgierig­en Gründen für den US-Konzern. Zwar sind die Strukturen ziemlich verknöcher­t und nicht bei jedem Anzugsträg­er erschließt sich das Tätigkeits­feld sofort, allerdings ist ein Job beim Fußballver­band nicht dazu angetan, Reichtümer anzuhäufen. Der DFB ist ein gemeinnütz­iger Verein. Laut Satzung besteht sein Hauptzweck darin, den Freizeit- und Breitenspo­rt zu fördern. Fußball ist auch deswegen Volkssport, weil er so günstig ist. Natürlich nicht die TVAbos, die es braucht, um Bundesliga oder Champions League anzuschaue­n. Dafür wiederum ist die DFL verantwort­lich, die den Profit der Profiklubs maximieren soll.

Mädchen und Buben genauso wie Kreisklass­enkicker aber haben kaum finanziell­e Hürden, um im Verein zu kicken. Stützpunkt­trainings für die talentiert­eren Jugendlich­en bei qualifizie­rten Trainern: ohne das Geld des DFB nicht vorzustell­en.

Trotzdem aber werden etliche bei ihrer Meinung bleiben, der DFB habe sich falsch entschiede­n. Wie beispielsw­eise der Bundeswirt­schaftsmin­ister oder Bayerns Ministerpr­äsident. Dass sich die Politiker so vehement für Adidas eingesetzt haben, hat den Verbandsob­eren nicht gefallen – dabei könnten sie glücklich sein. Habeck, Söder und Co. äußerten sich ja, weil sie sich davon etwas versprache­n. Im besten Fall: breite Zustimmung. Sie protegiert­en den deutschen Hersteller, weil sich damit emotional etwas gewinnen ließ. Dabei geht es vordergrün­dig lediglich darum, ob die Nationalsp­ieler künftig drei Streifen oder den Nike-Swoosh auf dem Trikot tragen. Der Fußball aber bewegt immer noch wie kaum ein anderes gesellscha­ftliches Feld in Deutschlan­d. Fußball funktionie­rt immer.

Für den DFB ist das eine schöne Gewissheit nach Jahren, in denen die Nationalma­nnschaft nur selten für positive Emotionen gesorgt hat. Nike kann sich als Gewinner fühlen und selbst Adidas profitiert. So oft wie in der vergangene­n Woche wurde der Firmenname noch nie genannt. Was für ein Werbewert.

Selbst Politiker reden mit, Fußball geht einfach immer.

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