Statt einer Vorschulpflicht gibt es jetzt den Sprachtest im Kindergarten
Immer mehr Kinder benötigen eine Sprachförderung. Ein Sprachtest für Kindergartenkinder soll nun eingeführt werden. Das sagen Experten aus der Region dazu.
Ende 2023 wurde eine Sprachtestpflicht für Kindergartenkinder verabschiedet. In der Diskussion war auch eine Vorschulpflicht. Die wird aber in nächster Zeit wohl nicht kommen. Auch wie genau der Sprachtest ablaufen soll, muss das Kultusministerium noch bekannt geben. Fachkräfte aus Schule, Kindergarten und Amt erklären, welche Hilfe Kinder beim Deutschsprechen brauchen, mit teils überraschenden Ergebnissen.
„Wir sind ein wachsender Landkreis und versuchen auf den Bedarf bei der Sprachförderung einzugehen“, resümiert der Schulamtsleiter für den Landkreis Augsburg, Thomas Adleff. Die Nachfrage nach dem Vorkurs Deutsch sei „seit 2015 mit den Familien aus Afghanistan gestiegen und nicht erst seit dem Ukrainekrieg“, sagt er. Abgesehen von Kindern mit Migrationshintergrund wachse die Zahl von Kindern mit Sprachproblemen unabhängig von der Herkunft, so Adleff. Das belegen auch Zahlen des Landratsamts in Augsburg. Demnach werden es seit 2017 kontinuierlich mehr der Kinder, die einen Vorkurs Deutsch im Kindergarten besuchen. Im Zeitraum von 2015 bis 2023 hat sich die Zahl sogar verdoppelt: von 413 Kindern auf 847.
Wenn Kinder keinen Kindergarten besuchten, gibt es laut Adleff vermehrt Probleme bei der Sprachförderung. In Dinkelscherben, Königsbrunn, Gersthofen
gebe es einen verstärkten Zuzug von Familien. Dadurch komme es zu überfüllten Kindergartengruppen, und das führe „tendenziell dazu, dass mehr Kinder als früher nicht im Kindergarten waren“. Zwar bieten Kindergärten in Zusammenarbeit
mit Schulen einen Deutschvorkurs an, der Besuch sei bisher aber freiwillig. Der Kurs umfasse insgesamt 240 Stunden und beginne eineinhalb Jahre vor der Einschulung im Kindergarten, so Adleff. Grundschullehrer ergänzen
den Vorkurs im Vorschuljahr um drei Spracheinheiten pro Woche. Wer erst spät den Kindergarten besucht oder oft im bisher freiwilligen Deutschvorkurs fehlt, bekomme Lücken im Sprachverständnis. Das sei eine elementar wichtige Fähigkeit für den Schulbesuch, wie unlängst die PISAStudie aufzeigte. Eine Sprachtestpflicht soll diese Mängel im Spracherwerb rechtzeitig offenlegen, um gegenzusteuern, so Adleff. „Wir wollen sichergehen, dass uns keiner durchs Raster fällt“, sagt er.
Grundschulrektorin Maren Hankl aus Schwabmünchen sagt, dass rund ein Viertel der neu eingeschulten Grundschüler den Deutschvorkurs besucht hätten. Von den insgesamt 59 Kindern mit Deutschvorkurs hätten 39 einen Migrationshintergrund. Ein Drittel der Buben und Mädchen, die eine Sprachförderung benötigten, ist Deutsch. Am fehlenden Kindergartenbesuch lägen diese Probleme zumindest in Schwabmünchen nicht, sagt Hankl. Nur drei der Vorschulkinder hätten keinen Kindergarten besucht.
Christine Sedlmeir-Resch ist die Leiterin der Kindertagesstätte Reiterweg in Stadtbergen. Die Einrichtung nimmt an einem speziellen Bundesprogramm teil und darf sich deshalb auch Sprach-Kita nennen. Sedlmeir-Resch sagt, dass sich der Förderbedarf insbesondere steigere, wenn Eltern ihren Kindern wenig vorlesen. Auch Kinder, die erst spät in den Kindergarten kämen, hätten vermehrt Probleme. Sedlmeir-Resch fordert seit vielen Jahren eine feste Sprachfachkraft pro Kindertagesstätte. Diese solle kontinuierlich die Kinder und das Team schulen. Ansonsten drohe die „Sprachförderung im Alltag neben vielen anderen Aufgaben unterzugehen“.