Die Evolution der Sheryl Crow
Porträt Eine Ohrwurm-Stimme der 1990er Jahre meldet sich mit neuen Songs zurück. Der Popstar hat leichte, fluffige Themen satt. Und wehrt sich gegen künstliche Intelligenz.
Eigentlich wollte Sheryl Crow nur gute Laune verkaufen: „All I wanna do is have some fun“, ich will ein bisschen Spaß, sang die Frau mit der Gitarre und schüttelte ihre Country-Dauerwelle. Das war 1994, ihr Megahit. Doch letztens, nach 30 Jahren im Popgeschäft, hat es ihr die Stimme verschlagen: Sheryl Crow nahm im Studio neue Songs auf. Und da erlebte sie, wie Tontechniker heute nur drei Klicks benötigen – um jede beliebige Popstarstimme künstlich zu erzeugen. Audio-Imitate, täuschend echt. Künstliche Intelligenz macht’s möglich. „Das hat sich wie eine Attacke angefühlt. Wir müssen uns davor schützen“, sagte Crow dem Guardian. Und so hat die 62-Jährige auch diesen Schock auf „Evolution“, der neuen Platte, verarbeitet. „Das Album ist meine Antwort auf all das, was in meinem Land gerade passiert. In meiner kleinen Welt. In der gesamten Menschheit.“
Spaß versteht Crow immer noch: „Das Album ist voll von diesen leichten, fluffigen Themen“, witzelt sie. Aber warum auch leicht und fluffig? Ihr Weg zum Erfolg war ja kein sanfter. Der Vater war Trompeter, sie spielte früh Klavier – das Mädchen aus Kennett, Missouri, wollte Songwriterin werden. Und war bereit, dafür zu leiden: Auftritte
in Werbeshows für Hundefutter. Neustart in Hollywood mit leerem Konto. Kampf um jeden Gig. Meist sang Crow in Reihe zwei, zum Beispiel im BackgroundChor von Michael Jackson. Doch dann zündete 1993 ihr Album „Tuesday Night Music Club“. Ihr Stil? Ein 90er-JahreGewürzmix aus SurferPop, Grunge und Country, leicht bekömmlich. Gar nicht leicht dagegen: ihr privater Lebensweg. Eine Liaison mit Eric Clapton ging in die Brüche. Lance Armstrong, gedopter Dominator
der Tour de France, verließ Frau und Kinder für sie – doch auch das hielt nicht. In dieser Zeit erkrankte Crow an Brustkrebs.
Heute aber? Scheint vieles im Lot: Mit ihren zwei Adoptivsöhnen lebt sie in der Musikweltstadt Nashville. Gegen alles Böse wehrt sich Sheryl Crow mit ihrem Sound, an dem bis heute der Lack der 90er haftet. Früher protestierte sie gegen den Irak-Krieg. Gegen den Waffen-Wahnsinn. „Es ist lächerlich, dass die USA noch nie eine Frau als Präsidentin hatten“, sagt sie heute. „Aber ich habe unsere Politiker eh fast aufgegeben. It’s a shitshow.“Da klingen ihre neuen Songtitel positiver: „Do it again“, auf ein Neues.