„Harte Fights“bis zum Schluss
Das hat die GDL im Tarifstreit erreicht
Vier Warnstreiks, vier Streiks, Tausende ausgefallene Züge, Millionen betroffene Fahrgäste: Rund ein Jahr lang hielten nacheinander zwei Tarifkonflikte bei der Bahn Kunden und den Konzern in Atem – erst mit der Gewerkschaft EVG und zuletzt mit der GDL. Nun gibt es auch mit ihr einen Abschluss. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler und GDLChef Claus Weselsky traten am Dienstag getrennt vor die Kameras und Mikrofone, um den Kompromiss vorzustellen. „Allein das spricht Bände“, sagte Weselsky.
Für Claus Weselsky, der fast sechzehn Jahre lang das Gesicht der Lokführergewerkschaft war, waren es die letzten Verhandlungen. Er plant, in diesem Jahr in Rente zu gehen. Sein designierter Nachfolger heißt Mario Reiß. Ob er die Tarifverhandlungen mit der Bahn mit der gleichen Heftigkeit führen wird wie sein Vorgänger, ist unklar. Trotz seiner langjährigen Erfahrung war es für Weselsky eigenen Worten zufolge die härteste aller Tarifrunden. „Es sind bis zum Schluss harte Fights um jede einzelne Regelung gewesen.“Das sind die Regelungen im Einzelnen:
• Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter
Die Absenkung kommt stufenweise und in Form eines Wahlmodells. Die erste Verringerung um eine Stunde folgt ab 2026 automatisch, sollten die Beschäftigten nicht widersprechen. Anfang 2027 gibt es eine optionale Reduzierung auf 36 Stunden, ab 2028 auf 35,5 Stunden und ab 2029 dann 35 Stunden. Dabei können die Beschäftigten entscheiden, ob sie die jeweiligen Stufen mitgehen. Wenn sie weniger arbeiten, folgen daraus keine Gehalts- oder Lohneinbußen. Wenn sie bei ihrer bisherigen
Arbeitszeit bleiben oder auf bis zu 40 Stunden erhöhen, erhalten sie für jede zusätzliche Arbeitsstunde 2,7 Prozent mehr Geld.
• Entgelt Alle Beschäftigten mit gültigem GDL-Tarifvertrag erhalten in zwei Stufen 420 Euro mehr im Monat. Die erste Erhöhung von 210 Euro pro Monat kommt im August dieses Jahres. Die zweite Stufe in selber Höhe gibt es im April 2025. Hinzu kommt eine steuerund abgabenfreie Inflationsprämie von 2850 Euro, die ebenfalls in zwei Schritten gezahlt wird.
• Laufzeit Der Tarifvertrag läuft 26 Monate, rückwirkend vom 1. November 2023 bis Ende Dezember 2025. Danach soll es eine zweimonatige Verhandlungsphase mit Friedenspflicht geben. Zudem sollen dabei Modalitäten für eine mögliche Schlichtungsvereinbarung besprochen werden – für den Fall, dass die Gespräche erneut scheitern.
• Keine Tarifverträge für Beschäftigte der Infrastruktur
Damit ist die GDL bei einer Kernforderung gescheitert, für weitere Berufsgruppen bei der Bahn Tarifverträge abzuschließen. In den vergangenen Monaten hatte die GDL bereits mit 29 weiteren Unternehmen einen Tarifabschluss getroffen, der eine weitergehende 35-Stunden-Regelung vorsah. Diese Verträge wird die Gewerkschaft nun nach und nach anpassen. (Matthias Arnold und Patricia Bartos, dpa)