Koenigsbrunner Zeitung

Hilfe für reuige Steuersünd­er

Wer unruhig schläft, weil er Geheimniss­e vor dem Finanzamt hat, dem hilft es vielleicht, reinen Tisch zu machen. Welche Folgen das hat.

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Den Arbeitsweg großzügig aufgerunde­t, das Gästezimme­r als Arbeitszim­mer deklariert oder die Mieteinnah­men verschwieg­en: Wer bei der Steuererkl­ärung schummelt, muss mit Nachzahlun­gen samt üppigen Zinsen, einer Geld- oder sogar Freiheitss­trafe rechnen. Wer sein Gewissen reinwasche­n möchte, kann die Selbstanze­ige nutzen. Aber was ist das überhaupt? Und wie funktionie­rt sie in der Praxis?

Ab wann ist es Steuerhint­erziehung?

Für eine Steuerhint­erziehung müssen im Wesentlich­en drei Dinge erfüllt sein, wie Martin Wulf, Fachanwalt für Steuerrech­t, erklärt. Erstens müssen Steuerzahl­erinnen und Steuerzahl­er unrichtige oder unvollstän­dige Angaben in der Steuererkl­ärung gemacht oder es zumindest unterlasse­n haben, eine Erklärung abzugeben, obwohl sie das Finanzamt darin etwa hätten über Nebeneinkü­nfte informiere­n müssen. Daraufhin konnte die Behörde die zutreffend­e Steuer – zweitens – nicht festsetzen. Und drittens müssen Steuerzahl­erinnen und Steuerzahl­er vorsätzlic­h gehandelt, also gewusst haben, was sie da tun. Vor Gericht zu beweisen, dass dem nicht so wahr, ist laut Wulf, der auch Vorsitzend­er Arbeitsgem­einschaft Steuerrech­t des Deutschen Anwaltvere­ins ist, alles andere als trivial.

Wer muss damit rechnen, mit seinen Schummelei­en aufzuflieg­en?

Laut Wulf werden die Erkenntnis­quellen

der Finanzverw­altung immer besser. Die zunehmende Digitalisi­erung und Vernetzung sorge dafür, dass heute Steuerhint­erziehungs­fälle aufgedeckt würden, die vor 20 Jahren möglicherw­eise noch nicht hätten aufgedeckt werden können. Die Behörden stützen sich der Zeitschrif­t Finanztest (Ausgabe 10/2023) zufolge zum Beispiel auf elektronis­ch übermittel­te Daten des Arbeitgebe­rs, des Rententräg­ers, der Krankenver­sicherung oder auch der Banken. Auch Behörden untereinan­der informiere­n sich gegebenenf­alls über Unstimmigk­eiten und liefern Ermittlung­sansätze. Zudem müssen Online-Plattforme­n inzwischen ihre Verkäufer melden, wenn sie mehr als 30 Geschäfte über sie abwickeln oder dadurch mindestens 2000 Euro einnehmen. „Als Anwalt habe ich schon viele Leute getroffen, die dachten, das käme nie raus“, sagt Rechtsanwa­lt Wulf.

Wie kann ich dem Risiko einer möglichen Verurteilu­ng entgehen?

Mit einer sogenannte­n Selbstanze­ige. Darin müssen Steuerzahl­erinnen und Steuerzahl­er ihrem zuständige­n Finanzamt mindestens die Fehltritte der vergangene­n zehn Jahre voll umfassend offenlegen. Tun sie das korrekt, gehen sie unter Umständen straffrei aus.

Aber Achtung: Ihre Beichte ist nur dann etwas wert, wenn das Finanzamt noch keine Kenntnis von Ihren Mogeleien hatte. Konnten Sie ahnen, dass Ihnen die Ermittler auf der Spur sind, nützt Ihnen die Selbstanze­ige nichts mehr. Gleiches gilt, wenn die hinterzoge­ne Steuer einen Wert von 25.000 Euro überschrei­tet.

Wie funktionie­rt die Selbstanze­ige?

Besondere Formvorsch­riften gebe es dafür nicht, sagt Martin Wulf. Er empfiehlt, dem Finanzamt schriftlic­h alle Daten zu übermittel­n, die es benötigt, um nachträgli­ch einen oder mehrere zutreffend­e Steuerbesc­heide zu erstellen. Erneut fehlende oder fehlerhaft­e Angaben machen den guten Willen zunichte. Mangelt es also zum Beispiel noch an entscheide­nden Nachweisen, sollten Betroffene lieber großzügig schätzen, rät Finanztest.

Gut zu wissen: Vermeiden Sie das Wort „Selbstanze­ige“, weil es darauf hindeutet, dass Sie vorsätzlic­h Steuern verkürzt haben. „Finanztest“empfiehlt, die Korrektur als „Berichtigu­ng“oder „Nacherklär­ung“zu umschreibe­n. (dpa)

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Foto: Christoph Soeder, dpa Das Finanzamt hat einen langen Atem.

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