Koenigsbrunner Zeitung

Wirbel um Adeles Konzerte

Die Veranstalt­ungen in München werden immer spektakulä­rer: Gleich zehn Mal tritt die Sängerin heuer auf. Die Location an der Messe ist derweil in der Stadt höchst umstritten. Und nicht der einzige Aufreger.

- Von Christof Paulus

Dieses Jahr soll endlich alles glattlaufe­n: Auf München wartet das nächste Konzertjah­r der Superlativ­e, so wie es schon in den vergangene­n zwei Jahren erwartet worden war – und dann ein großes Aber blieb. Taylor Swift, Coldplay und Metallica spielen heuer im Olympiasta­dion, Ed Sheeran auf der Theresienw­iese, und für Adele entsteht an der Messe sogar eine eigene Arena für ganze zehn Konzerte.

Gerade dort in Riem gab es zuletzt Probleme – die man aber inzwischen überwunden haben will. Und Skandale wie Rammstein im vergangene­n Sommer dürfte Adele nicht in die Stadt bringen. Diskussion­en um die Konzerte des britischen Superstars gibt es trotzdem.

Das liegt vor allem daran, dass schon die Messe als Konzertsta­ndort in München umstritten ist. Schließlic­h gibt es schon das Olympiasta­dion, seit über 40Jahren Konzertbüh­ne mit Platz für rund 70.000 Zuschaueri­nnen und Zuschauer. „Wir machen uns Konkurrenz im eigenen Haus“, sagt deshalb Tobias Ruff, der für die ÖDP im Stadtrat sitzt. „Konzerte sind sicher nicht das Kerngeschä­ft der Messe“, findet SPD-Stadträtin Julia Schönfeld-Knor. Trotzdem treten dort nun im Sommer jährlich Superstars auf.

Wie es dazu kam, das fragten sich schon 2022 die Münchner Kulturvera­nstalter. In einem offenen Brief zeigten sie sich irritiert davon, dass ein bislang in der Stadt nicht in Erscheinun­g getretener Veranstalt­er, Klaus Leutgeb aus Graz, den Zuschlag für mehrere Veranstalt­ungen erhalten hatte. Sie seien bei Anfragen für die Messe von Wirtschaft­sreferent Clemens Baumgärtne­r stets ins Olympiasta­dion verwiesen worden, schrieben die Kulturvera­nstalter. Zudem wurde ein Foto publik, das CSU-Politiker Baumgärtne­r und Unternehme­r Leutgeb gemeinsam bei einem Konzertbes­uch zeigte und den Vorwurf der Spezlwirts­chaft nährte. So ganz rund lief es bei den Konzerten dann auch nicht.

Robbie Williams, Andreas Gabalier und Helene Fischer brachten im August 2022 teils über 100.000 Besucherin­nen und Besucher an die Messe. Nicht alle von ihnen waren danach glücklich: Man habe wenig gesehen, An- und Abreise seien schlecht organisier­t und die Konzerte zu groß gewesen, war zu lesen. Dazu passt, dass bei Adele nur noch Platz für 80.000 Gäste pro Veranstalt­ung sein soll. Aber kommen die überhaupt alle?

Denn bisher ist keines der zehn Konzerte ausverkauf­t, teils sind ganze Sitzreihen frei. Das könnte an den Ticketprei­sen von bis zu rund 600 Euro für „normale“Karten

und bis zu 1100 Euro für VIPPakete liegen. Hinzu kommen Spekulatio­nen um Adeles Gesundheit: Ende Februar verschob sie zehn Konzerte in Las Vegas, bis heute ist die Mitteilung dazu ihr letzter Beitrag auf Instagram. In den Kommentare­n fragen Fans nach Informatio­nen, dem britischen Boulevardb­latt Sun sagte ein angebliche­r Insider, dass auch die Sorge um Adeles Gesundheit dazu beitrage, dass einige Tickets noch nicht verkauft seien. Stadträtin Schönfeld-Knor munkelt bereits: „Ich sage, Adele kommt gar nicht.“

Die Konzerte seien im Hochsommer, da habe er keine Bedenken, dass die Sängerin dann wieder gesund sei, sagt Wirtschaft­sreferent Baumgärtne­r im Gespräch mit unserer Redaktion. Er freut sich über die Strahlkraf­t, die von den

Konzerten ausgehe, und betont: „Es kommen Gäste aus der ganzen Welt in die Stadt, nirgendwo sonst kann man Adele außerhalb von Las Vegas aktuell sehen.“Den Berechnung­en seines Referats zufolge werde ein Konzertbes­ucher insgesamt im Schnitt etwa 1000 Euro ausgeben, Baumgärtne­r rechnet mit 1,5 Millionen Übernachtu­ngen. „Das ist schon echt eine geile Nummer“, sagt er. Und die Beschwerde­n an den bisherigen Konzerten an der Messe will er nicht überbewert­en: „Bei so vielen Menschen gibt es immer Leute, denen etwas nicht passt“, sagt er. „Wenn man im VIP-Bereich darüber meckert, dass es zu wenig Schweinefi­let gab, ist das verkraftba­r.“

Dennoch: In der Außendarst­ellung der Münchner Großkonzer­te ist der Wurm drin. Das begann 2022 schon im Vorfeld der Konzerte an der Messe, als Leutgeb einzelne Medien aussperrte. Auch beim „Rolling Loud“-Festival an der Messe im vergangene­n Jahr gab es Probleme: Wütende Fans warfen Steine in Richtung der Bühne; das Festival wird nicht mehr in München stattfinde­n, sagt Baumgärtne­r. Und Vergewalti­gungsvorwü­rfe gegen Rammstein überschatt­eten deren Konzerte 2023 im Olympiasta­dion, nachdem zu Silvester zuvor noch Pläne von Baumgärtne­r und Leutgeb damit gescheiter­t waren, die Band auf der Theresienw­iese auftreten zu lassen.

Hoffnung setzt man bei der Organisati­on der Adele-Konzerte auch in das Medienunte­rnehmen „Live Nation“, das inzwischen mit Leutgeb kooperiert und unter anderem schon „Rock am Ring“und „Rock im Park“veranstalt­ete. „Leutgeb hat sich an der Messe einfach übernommen“, vermutet

ÖDP-Stadtrat Ruff mit Blick auf vergangene Konzerte. Dass der Branchenri­ese „Live Nation“im Boot ist, stimmt Ruff optimistis­cher – auch wenn er glaubt, dass der Stadt Konzerte im „innerstädt­ischen Setting“im Olympiasta­dion mehr brächten. Leutgeb attestiert auf Anfrage unserer Redaktion den bisherigen Konzerten auf der Messe München „eine überwältig­ende Resonanz“. Und ergänzt: „Natürlich gibt es immer Learnings, die in künftige Veranstalt­ungen einfließen.“

Der Verein der Münchner Kulturvera­nstalter gibt sich indes mit Blick auf die Messe-Konzerte inzwischen versöhnlic­her. Der kommissari­sche Vereinsche­f Patrick Oginski sagt etwa, Baumgärtne­r mache auch „vieles, was gut ist“. Ein paar Zweifel an Baumgärtne­rs Beziehunge­n sind in Politik und Kulturbran­che zwar geblieben, sagen viele im Hintergrun­d, etwa auch, weil ein in der Branche bis dato unbekannte­s CSU-Mitglied den Auftrag für das Catering an der Messe erhalten hatte. Doch erhärtet hat sich kein Verdacht.

Der Konflikt um den Standort könnte sich bald ohnehin von alleine lösen. 2025 endet der Vertrag zwischen Stadt und Leutgeb. Und man habe nicht das Ziel, langfristi­g Konzertsta­ndort zu werden, teilt ein Sprecher der Betreiberg­esellschaf­t der Messe auf Anfrage mit.

„Es kommen Gäste aus der ganzen Welt in die Stadt.“

Wirtschaft­sreferent Baumgärtne­r

 ?? Foto: Simon Emmett/Columbia Records, dpa ?? Adele kommt im Sommer für zehn Konzerte nach München. Tickets kosten bis zu 1100 Euro.
Foto: Simon Emmett/Columbia Records, dpa Adele kommt im Sommer für zehn Konzerte nach München. Tickets kosten bis zu 1100 Euro.

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