Kindergartengebühren stehen im Fokus
Bei der Bürgerversammlung in Hiltenfingen diskutieren Eltern kontrovers mit dem Bürgermeister über die deutliche Erhöhung der Kosten für die Kinderbetreuung.
Wegen des großen Interesses aufgrund der vorausgegangenen Plakataktionen und einer Demonstration von Eltern gegen die Erhöhung der Kindergartengebühren wurde die Bürgerversammlung in Hiltenfingen in die Mehrzweckhalle verlegt. Es kamen etwa 180 Personen. Am Ende seiner ausführlichen Beschreibung der allgemeinen Lage und Entwicklung Hiltenfingens widmete sich Bürgermeister Robert Irmler speziell diesem Thema.
Zunächst erläuterte er die Baukosten des neuen „Haus für Kinder“von etwas mehr als 3,2 Millionen Euro, die seit 2021 angefallen sind. Aufgrund von gestiegenen Baupreisen und einer notwendigen Umplanung wegen ausgefallenen Materiallieferungen gab es eine Kostensteigerung von 377.000 Euro. Der Bau wurde zu 70 Prozent staatlich gefördert. Von der Fördersumme von 2,2 Millionen stehen noch 445.400 Euro aus, die in diesem Jahr erwartet werden. Die Gemeinde trägt rund eine Million der Baukosten. Der Neubau des Spielplatzes für geschätzte Kosten von 135.000 Euro wurde in Eigenregie der Gemeinde verwirklicht, weil keine geeigneten Angebote von Firmen eingingen.
Im Kindergarten werden derzeit 119 Kinder vom pädagogischen Team mit 23 Beschäftigten unter der Leitung von Rebecca Triendl betreut. Das MitarbeiterSoll liegt bei 28 Beschäftigten. Die Personalkosten werden für dieses Jahr mit etwas mehr als 1,2 Millionen Euro eingeplant. Infolge der Erweiterung des Kindergartens stieg das jährliche Defizit der Gemeinde seit 2021 von knapp 260.000 Euro bei 70 Kindern auf fast 390.000 im vergangenen Jahr bei 116 Kindern an. Für dieses Jahr werden bei 119 Kindern und Erhöhung der Lohnkosten des Personals rund 690.000 Euro Defizit erwartet. Darin enthalten sind 105.000 Euro für auswärtig betreute Hiltenfinger Kinder.
„Dieses Defizit wird bis August noch alleine von der Gemeinde getragen, aber künftig soll es 500.000 Euro nicht übersteigen“, begründete Irmler die Gebührenerhöhung um 100 Euro pro Monat für Kinder über drei Jahre. Mit einer Unterstützung von rechnerisch 4.200 Euro pro Kind im Jahr komme die Gemeinde ihrer Aufgabe für Betreuung und Bildung nach. Mit der Gebührenerhöhung um 100 Euro fallen für die meistgebuchte Zeit von fünf bis sechs Tagesstunden ab dem neuen Kindergartenjahr
statt bisher 91 nun 191 Euro an. „Das sind 9,54 Euro pro Tag“, sagte Irmler und wies darauf hin, dass ohne diese Erhöhung andere Aufgaben und notwendige Maßnahmen gekürzt oder weniger Kinder aufgenommen werden müssten. Eine weitere Möglichkeit wäre die Anhebung der Grundsteuern für die Allgemeinheit, davon wurde aber bisher abgesehen, weil diese ohnehin schon ziemlich hoch seien.
Beim Bürgerdialog ergriff Ricardo Hartmann als Erster das Wort und stellte nochmals klar, dass die Demonstration am vergangenen Samstag nicht gegen das Kindergartenpersonal, sondern gegen Bürgermeister und Gemeinderat gerichtet war. Er erhob den Vorwurf, dass mit den Eltern nicht vorher vernünftig geredet und auch der Elternbeirat erst eine Stunde vor der Gemeinderatssitzung informiert worden sei. Hartmann fand die Ansprache einzelner Personen durch den Bürgermeister bei der Demo nicht korrekt und forderte: „Wir wollen einen vernünftigen Umgang mit den Eltern, die das Finanzloch nicht alleine stopfen können“.
Matthias Mayer stellte die grundsätzliche Frage: „Warum soll nicht die Allgemeinheit für die Kinder zahlen, denn die bezahlen ja später auch mal die Rente für alle“. Dieses Argument unterstützten auch Manfred Grünecker und Bernhard Ausperger, der meinte, dass die Gemeinde ihre Einnahmen durch Steuereranhebung und ein Gewerbegebiet erhöhen solle. Sandra Jakob brachte das Problem berufstätiger Mütter vor: „Für so viel Geld kann ich auch eine lückenlose Betreuung erwarten, um keinen Spagat mit der Arbeit bei Krankheitsausfällen des Personals machen zu müssen“. Dazu erklärte Irmler, dass
Krankheiten weder bei den Kindern noch beim Personal verhindert werden können und Ersatzpersonal würde die Kosten noch weiter steigern.
Yvonne Wiedemann befürchtet, dass sich Eltern günstigere Kindergärten in der Umgebung suchen werden und die Gemeinde für die auswärtige Betreuung bezahlen muss. „Da wäre es doch besser, die Kinder durch bezahlbare Gebühren hier zu halten“, sagte sie. Auch Stefanie Wegscheider beklagte die mangelhafte Kommunikation und forderte die Rücknahme der Gebührenerhöhung,
damit alle Kinder unabhängig vom Geld der Eltern gleiche Chancen auf Bildung haben.
Anita Robl zeigte Verständnis für die Eltern, sagte aber auch, dass sie sich von der Plakataktion distanziere, weil der Vorwurf „Kein Herz für Kinder“einfach nicht stimme. Denn mit dem neuen Kindergarten wurde ein „Privileg“für die Kinder geschaffen.
Bürgermeister Irmler wies darauf hin, dass mit der Ausweisung von Baugebieten die Kinderzahlen in der Gemeinde anstiegen und diese positive Entwicklung zum Neubau des Kindergartens geführt habe. Allerdings sei versäumt worden, beim Verkauf von Baugrundstücken auch einen Aufschlag für die Infrastruktur zu erheben.
Zur Lösung des Problems sieht er auch die Landespolitik in der Pflicht, denn der bayerische Staat lehne sich bei der Kostenübernahme für Regelkinder ab drei Jahren zurück und habe die Zuweisungen für die Träger seit mehr als fünf Jahren nicht entsprechend angepasst. Deshalb schlug er einen „runden Tisch“mit den Elternvertretern und der Landtagsabgeordneten Carolina Trautner vor. Dabei solle erreicht werden, dass die Gemeinden zukünftig eine höhere Unterstützung durch den Staat bekommen.
Mehr Baugebiete bedeuten auch mehr Kinder.