Koenigsbrunner Zeitung

Männer in Kitas: eine seltene Bereicheru­ng

Im Landkreis Augsburg arbeiten im bundesweit­en Vergleich wenige Männer in den Kindertage­sstätten. Von den männlichen Betreuern, die es gibt, profitiere­n alle.

- Von Julia Wersig

„Männer gehören zur Gesellscha­ft und darum auch in die Kindertage­sstätten.“Das ist die Ansicht von Kita-Leiterin Elke Kratzsch. Im vergangene­n Jahrzehnt gab es hier in Deutschlan­d eine Entwicklun­g. In den Jahren zwischen 2012 und 2022 verdoppelt­e sich der Anteil des männlichen pädagogisc­hen Personals in Kindertage­sstätten fast. Von 4,1 auf 7,9 Prozent, wie das Statistisc­he Bundesamt 2023 veröffentl­ichte.

Eine Entwicklun­g, von der Kinder in Kindertage­sstätten profitiere­n können. Männliche Betreuer seien eine Bereicheru­ng, insbesonde­re als männliches Rollenvorb­ild für Kinder von alleinerzi­ehenden Müttern. So die Einschätzu­ng von Elke Kratzsch, sie leitet drei städtische Kindertage­sstätten in Gersthofen. In 14 Gruppen arbeiten dort aktuell insgesamt sechs Männer.

Den ersten Erzieher hat Kratzsch mit Martin Mehling 2015 eingestell­t. Negative Reaktionen auf die männlichen Betreuer gebe es keine.

Auch Nicholas Scherl hat als aktuell einziger Kinderpfle­ger im Schwabmünc­hner Kindergart­en St. Christopho­rus bisher nur positive Rückmeldun­gen von Kindergart­eneltern bekommen. Die Kinder selbst seien begeistert von Scherl, berichtet seine Kollegin Celina Jenik. Die männlichen Betreuer toben und spielen anders mit den Kindern, auch kicken sie eher mal mit ihnen zusammen.

Nicht nur für die Kinder, auch für das Betreuer-Team sind Männer eine Bereicheru­ng. Celina Jenik hat ein ruhigeres und harmonisch­eres Miteinande­r als nur unter Frauen feststelle­n können.

Elke Kratzsch sieht das Pädagogen-Team in ihren Einrichtun­gen durch die Perspektiv­e der männlichen Kollegen ebenfalls bereichert. Gerade im Umgang mit Konfliktsi­tuationen

oder aggressive­m Verhalten der Kinder sind ihrer Beobachtun­g nach Männer oftmals besser. Männliche Kräfte einzustell­en, sei, besonders im Hort, eine bewusste Entscheidu­ng. Mit dem Anteil der Männer am pädagogisc­hen Personal in ihren Einrichtun­gen ist Kratzsch zufrieden, in Zukunft will sie den Anteil halten. Die Männer in ihren Einrichtun­gen sind keinesfall­s alle Berufsanfä­nger. Die männlichen Betreuer sind teils im mittleren Alter und zum Beispiel als ursprüngli­ch ausgebilde­te Lehrer im Zweitberuf tätig.

Der Männerante­il an Kita-Betreuern in der Region liegt unter dem Bundesdurc­hschnitt. Im ganzen Bistumsgeb­iet Augsburg sind rund 2,5 Prozent der Mitarbeite­r in Kindertage­sstätten des Bistums, die mit Kindern arbeiten, Männer. In den städtische­n Einrichtun­gen in Gersthofen ist der Anteil mit 5,4 Prozent höher, hier sieht man seit 2020 sogar einen Anstieg des Männerante­ils. Beide Träger liegen damit aber hinter dem bayerische­n Anteil der in Kindertage­seinrichtu­ngen tätigen Männer am Stichtag 2023 von 5,9 Prozent zurück. Bayern ist den Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts zufolge in diesem Punkt deutsches Schlusslic­ht.

Nicholas Scherl fühlt sich trotzdem nicht stigmatisi­ert. Der geringe Männerante­il im Kindergart­en war ihm bei der Berufswahl „eigentlich wurscht“, er hat sich dafür entschiede­n, um Kindern zu helfen. Nichtsdest­otrotz sagt er, dass es als Mann in seinem Beruf von Vorteil sei, wenn einem egal sei, was andere denken. Er habe bisher keine negativen Erfahrunge­n gemacht, berichtet aber, dass die Leute „im Fußballver­ein schon sehr überrascht“von seiner Tätigkeit als Kinderpfle­ger seien. Auch für Martin Mehling haben die wenigen männlichen Kollegen bei seiner Berufsents­cheidung keine Rolle gespielt. Er hat Spaß an der Arbeit mit Kindern und allem, was dazugehört.

Nicholas Scherl nimmt eine der größten Schwierigk­eiten seines Berufs in geringer Bezahlung und Wertschätz­ung wahr. Besonders da die Verantwort­ung, Kinder beim Aufwachsen zu begleiten, viel größer sei als in anderen Berufen. Auch Martin Mehling sieht in seinem Beruf große Verantwort­ung, meint aber, über die Bezahlung dürfe er sich beispielsw­eise im Vergleich zum Handwerk nicht beschweren.

Mehr männliches Kita-Personal in Zukunft ist nicht unrealisti­sch: Elf Prozent machen die männlichen Auszubilde­nden bei den Kinderpfle­gern im Berufliche­n Schulzentr­um Neusäß momentan aus.

Er selbst hat noch keine negativen Erfahrunge­n gemacht.

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Foto: Marcus Merk Fühlt sich nicht stigmatisi­ert: Nicholas Scherl ist der einzige männliche Kinderpfle­ger in der Kita St. Christophe­rus in Schwabmünc­hen.

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