Koenigsbrunner Zeitung

Grünstreif­en: Chance für den Artenschut­z?

Seit dem Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“wird versucht, grüne Bänder durch die Landschaft zu ziehen. Wie laufen die Bemühungen im Landkreis Augsburg?

- Von Elmar Knöchel

Ist das sogenannte Straßenbeg­leitgrün ein Ansatz, um über Artenschut­z zu diskutiere­n? Schließlic­h spielt sich der immer nur einige Meter neben der Straße ab. Dafür handelt es sich um viel Fläche. Die tatsächlic­hen Zahlen sind, vor allem bei den Gemeindest­raßen, nicht bekannt. Aber bei der Landesanst­alt für Wein- und Gartenbau (LWG) wurde anhand der Mindestbre­iten beim Straßenbeg­leitgrün eine Schätzung vorgenomme­n. Das Ergebnis: Rund 30.000 Hektar kommen in Bayern zusammen.

Neben der Fläche ist noch etwas anderes relevant. Wie kann das Grüngut sinnvoll genutzt werden? Grundsätzl­ich zählt das Schnittgut von den Straßen als Bioabfall. Entsorgt wird er entweder über die Vergärung in Kompostier­anlagen oder zu einem noch geringen Teil in Biogasanla­gen. Gerade bei Gemeindest­raßen sieht die LWG noch großes Artenschut­z-Potenzial. Aber: „Es wird noch zu häufig gemäht. Knapp ein Drittel der Bauhöfe

mäht mehr, als das ökologisch­e Pflegekonz­ept der Straßenbau­verwaltung vorgibt“, sagt Lennart Dittmer von der LWG. Auch die Art des Mähens habe großen Einfluss auf den Artenschut­z.

Oft werde noch gemulcht. Das führe zu einer stetigen Düngung des Bodens, was die Entstehung sogenannte­r Magerwiese­n erschwere, die aber im Hinblick auf die Artenvielf­alt dringend nötig wären. Besser sei es, mit Balkenmähe­rn zu mähen und das Schnittgut anschließe­nd zu entnehmen und dann zu verwerten. Dabei seien Rechen oder mechanisch­e Geräte, die mit speziellen Insektensc­hutzsaugge­räten ausgerüste­t sind, zu bevorzugen. Dazu fehle es aber vielen Bauhöfen noch an den entspreche­nden Geräten.

Entspreche­nd ausgestatt­et hat sich die Pansuevia, die Betreiberg­esellschaf­t für den A8-Autobahnab­schnitt zwischen Augsburg und Ulm. „Wir mähen nur ein- bis zweimal im Jahr“, sagt Geschäftsf­ührer Robert Schmidt. Dann werde der Rasenschni­tt zwei Tage liegen gelassen, um Insekten und Kleintiere­n die Möglichkei­t zur Flucht zu geben. Anschließe­nd werde das Schnittgut mit Rechen entfernt und zur Entsorgung in eine Kompostier­anlage gebracht. „Eine Verwertung in Biogasanla­gen ist aufgrund der Länge des gemähten Grüns derzeit nicht möglich“, sagt Schmidt. Auch der Mittelstre­ifen der Autobahn sei als Blühwiese angelegt. „Wer genau hinschaut, kann sehen, dass es dort während des Sommers immer wieder in verschiede­nen Farben blüht.“

Rund 1,9 Millionen Quadratmet­er Grünfläche betreut die Pansuevia entlang der Autobahn. Dort fallen jährlich rund 5000 Tonnen Grüngut an. Auch bei der Anlage der Regenrückh­altebecken habe man sich an ökologisch­e Vorgaben gehalten. „Dort sind mittlerwei­le kleine Oasen entstanden, die von vielen Vögeln und sogar Fischen bevölkert werden“, sagt Schmidt. „Wir haben von Anfang an ein ökologisch­es Konzept verfolgt.“Es sei nur hochwertig­es Saatgut verwendet worden und bisher seien 2000 Bäume an der Autobahn gepflanzt worden.

In Bobingen wird das Thema „Straßenbeg­leitgrün“ebenfalls sensibel betrachtet. Bauhofleit­er Peter Mannes erklärte, dass auch hier nur noch an schwer zugänglich­en Stellen gemulcht werde. Straßenrän­der würden nur noch zweimal pro Jahr gemäht. Auf den Arealen, die als Bienen- oder Blühwiesen ausgewiese­n seien, kämen Balkenmähe­r zum Einsatz. Ein Problem bei der Verwertung von Straßenbeg­leitgrün stelle allerdings der Müll dar, so Mannes. Dieser nehme im Stadtgebie­t entlang der Straßen immer mehr zu. Es würden häufig Flaschen aus den Autofenste­rn geworfen. Wilde Müllablage­rungen gebe es vor allem an Feldwegen oder im Auwald.

In Gersthofen wird, ähnlich wie in Bobingen, nur zweimal pro Jahr gemäht, bestätigt der Gersthofer Pressespre­cher Kai Schwarz. Das Schnittgut werde auch dort direkt abgesaugt.

Johannes Enzler vom Bund Naturschut­z in Gessertsha­usen sagt dazu: „Grundsätzl­ich ist es zu begrüßen, wenn Straßenbeg­leitgrün so gepflegt wird, dass es zum Artenschut­z beiträgt.“Auf Feldwegen und wenig befahrenen Ortsverbin­dungsstraß­en sei die Wirksamkei­t am größten. Bei höherem Verkehrsau­fkommen gebe es für die angelockte­n Insekten eine hohe Sterblichk­eitsrate. Und er macht eine weitere Einschränk­ung: „Die Wirksamkei­t von extensiven Wiesen für den Artenschut­z ist auch abhängig von der Größe derartiger Flächen. Daher sind Blühfläche­n auf größeren Flurstücke­n deutlich wirksamer, vor allem wenn sie mehrjährig angelegt werden.“

Außerdem sei der Biotopverb­und bei Blühstreif­en entlang der Straßen nicht ausreichen­d. Wirksamer seien Strukturen wie Hecken, Raine oder extensiv genutzte Wiesenstre­ifen an Fließgewäs­sern, so Enzler. „Nach dem Volksbegeh­ren ,Rettet die Bienen‘ sollen bis 2027 mindestens 13 Prozent der Offenlandf­lächen Bayerns durch derartige Strukturen vernetzt sein.“

Häufig werden Flaschen aus Autofenste­rn geworfen.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Mit speziellen Mähroboter­n wird entlang der A8 gearbeitet.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Mit speziellen Mähroboter­n wird entlang der A8 gearbeitet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany