Grünstreifen: Chance für den Artenschutz?
Seit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“wird versucht, grüne Bänder durch die Landschaft zu ziehen. Wie laufen die Bemühungen im Landkreis Augsburg?
Ist das sogenannte Straßenbegleitgrün ein Ansatz, um über Artenschutz zu diskutieren? Schließlich spielt sich der immer nur einige Meter neben der Straße ab. Dafür handelt es sich um viel Fläche. Die tatsächlichen Zahlen sind, vor allem bei den Gemeindestraßen, nicht bekannt. Aber bei der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) wurde anhand der Mindestbreiten beim Straßenbegleitgrün eine Schätzung vorgenommen. Das Ergebnis: Rund 30.000 Hektar kommen in Bayern zusammen.
Neben der Fläche ist noch etwas anderes relevant. Wie kann das Grüngut sinnvoll genutzt werden? Grundsätzlich zählt das Schnittgut von den Straßen als Bioabfall. Entsorgt wird er entweder über die Vergärung in Kompostieranlagen oder zu einem noch geringen Teil in Biogasanlagen. Gerade bei Gemeindestraßen sieht die LWG noch großes Artenschutz-Potenzial. Aber: „Es wird noch zu häufig gemäht. Knapp ein Drittel der Bauhöfe
mäht mehr, als das ökologische Pflegekonzept der Straßenbauverwaltung vorgibt“, sagt Lennart Dittmer von der LWG. Auch die Art des Mähens habe großen Einfluss auf den Artenschutz.
Oft werde noch gemulcht. Das führe zu einer stetigen Düngung des Bodens, was die Entstehung sogenannter Magerwiesen erschwere, die aber im Hinblick auf die Artenvielfalt dringend nötig wären. Besser sei es, mit Balkenmähern zu mähen und das Schnittgut anschließend zu entnehmen und dann zu verwerten. Dabei seien Rechen oder mechanische Geräte, die mit speziellen Insektenschutzsauggeräten ausgerüstet sind, zu bevorzugen. Dazu fehle es aber vielen Bauhöfen noch an den entsprechenden Geräten.
Entsprechend ausgestattet hat sich die Pansuevia, die Betreibergesellschaft für den A8-Autobahnabschnitt zwischen Augsburg und Ulm. „Wir mähen nur ein- bis zweimal im Jahr“, sagt Geschäftsführer Robert Schmidt. Dann werde der Rasenschnitt zwei Tage liegen gelassen, um Insekten und Kleintieren die Möglichkeit zur Flucht zu geben. Anschließend werde das Schnittgut mit Rechen entfernt und zur Entsorgung in eine Kompostieranlage gebracht. „Eine Verwertung in Biogasanlagen ist aufgrund der Länge des gemähten Grüns derzeit nicht möglich“, sagt Schmidt. Auch der Mittelstreifen der Autobahn sei als Blühwiese angelegt. „Wer genau hinschaut, kann sehen, dass es dort während des Sommers immer wieder in verschiedenen Farben blüht.“
Rund 1,9 Millionen Quadratmeter Grünfläche betreut die Pansuevia entlang der Autobahn. Dort fallen jährlich rund 5000 Tonnen Grüngut an. Auch bei der Anlage der Regenrückhaltebecken habe man sich an ökologische Vorgaben gehalten. „Dort sind mittlerweile kleine Oasen entstanden, die von vielen Vögeln und sogar Fischen bevölkert werden“, sagt Schmidt. „Wir haben von Anfang an ein ökologisches Konzept verfolgt.“Es sei nur hochwertiges Saatgut verwendet worden und bisher seien 2000 Bäume an der Autobahn gepflanzt worden.
In Bobingen wird das Thema „Straßenbegleitgrün“ebenfalls sensibel betrachtet. Bauhofleiter Peter Mannes erklärte, dass auch hier nur noch an schwer zugänglichen Stellen gemulcht werde. Straßenränder würden nur noch zweimal pro Jahr gemäht. Auf den Arealen, die als Bienen- oder Blühwiesen ausgewiesen seien, kämen Balkenmäher zum Einsatz. Ein Problem bei der Verwertung von Straßenbegleitgrün stelle allerdings der Müll dar, so Mannes. Dieser nehme im Stadtgebiet entlang der Straßen immer mehr zu. Es würden häufig Flaschen aus den Autofenstern geworfen. Wilde Müllablagerungen gebe es vor allem an Feldwegen oder im Auwald.
In Gersthofen wird, ähnlich wie in Bobingen, nur zweimal pro Jahr gemäht, bestätigt der Gersthofer Pressesprecher Kai Schwarz. Das Schnittgut werde auch dort direkt abgesaugt.
Johannes Enzler vom Bund Naturschutz in Gessertshausen sagt dazu: „Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn Straßenbegleitgrün so gepflegt wird, dass es zum Artenschutz beiträgt.“Auf Feldwegen und wenig befahrenen Ortsverbindungsstraßen sei die Wirksamkeit am größten. Bei höherem Verkehrsaufkommen gebe es für die angelockten Insekten eine hohe Sterblichkeitsrate. Und er macht eine weitere Einschränkung: „Die Wirksamkeit von extensiven Wiesen für den Artenschutz ist auch abhängig von der Größe derartiger Flächen. Daher sind Blühflächen auf größeren Flurstücken deutlich wirksamer, vor allem wenn sie mehrjährig angelegt werden.“
Außerdem sei der Biotopverbund bei Blühstreifen entlang der Straßen nicht ausreichend. Wirksamer seien Strukturen wie Hecken, Raine oder extensiv genutzte Wiesenstreifen an Fließgewässern, so Enzler. „Nach dem Volksbegehren ,Rettet die Bienen‘ sollen bis 2027 mindestens 13 Prozent der Offenlandflächen Bayerns durch derartige Strukturen vernetzt sein.“
Häufig werden Flaschen aus Autofenstern geworfen.