Koenigsbrunner Zeitung

Furore um ein Holz-Hybrid-Haus

Um Klimaschut­z-Anforderun­gen gerecht zu werden, setzen neue Bürogebäud­e auf nachhaltig­e Materialie­n. In München wird bald der erste Mix aus Holz und Beton fertiggest­ellt.

- Von Benedikt Dahlmann

Auf den ersten Blick sieht das Haus in der Nähe der Münchner S-Bahn-Station Hirschgart­en aus wie ein normaler Rohbau: Betonfunda­ment, Betondecke, ein paar tragende Säulen aus Beton und drumherum ein Baugerüst. Ein künftiges Bürogebäud­e eben. Auf der ersten Etage ist aber doch etwas anders. Denn hier sind Decken und Wände aus Holz. Aber nicht wie bei alten Fachwerkhä­usern. Der Beton geht viel mehr in das Holz über. Wer nicht genau hinsieht, merkt die Veränderun­g gar nicht. Dieses Gebäude ist das erste Holz-Hybrid-Haus in München – und Vorlage für die Bürogebäud­e der Zukunft.

Zum Bürogebäud­e der Zukunft gehört natürlich sämtlicher Schnicksch­nack, den die neue Arbeitswel­t verlangt. Eine Dachterass­e mit einem kleinen Klettertur­m und Tischkicke­r sind genauso eingeplant wie eine Fahrradgar­age und Fitnessger­äte. Dazu kommt intelligen­te Technik, die beispielsw­eise die Beleuchtun­g und die Außenjalou­sien

an das Wetter und die Raumnutzun­g anpasst. Das an sich ist jedoch noch nicht das Besondere. Entscheide­nd ist die Bausubstan­z, die die Branche grundlegen­d an Klimaschut­z-Anforderun­gen anpassen will.

Holz ist dafür sehr gut geeignet. Es ist ein nachwachse­nder Rohstoff, der einfach zu transporti­eren und schnell zu verarbeite­n ist. Zudem bindet Holz CO2. Bei der Herstellun­g von Zement – neben Wasser der Hauptbesta­ndteil von Beton – entsteht hingegen jede Menge CO2-Emission. Dafür wird nämlich unter anderem Kalkstein gemahlen und bei über 1400 Grad gebrannt. Und weil gebrannter Kalkstein besonders viel CO2 freisetzt, ist Beton für acht Prozent der weltweiten CO2-Emission verantwort­lich. „Wenn wir die Klimaschut­zziele ernst nehmen und auch nur annähernd erreichen wollen, dann ist ein Umdenken der etablierte­n Bauweisen, insbesonde­re durch den Einsatz nachwachse­nder Rohstoffe, dringend erforderli­ch“, sagt Thomas Lenzen, Geschäftsf­ührer Architektu­r und Technik der Bayerische­n Architekte­nkammer.

Ganz ohne Beton kommt aber auch das Holz-Hybrid-Haus nicht aus. Aus Brandschut­zgründen muss die untere Etage hauptsächl­ich daraus bestehen. Immerhin wird in München auch recycelter Beton verwendet. Der Rest ist Fichtenund Baubuchenh­olz. „Baubuchenh­olz ist Buchenholz, das in einem speziellen Verfahren geschichte­t wird. Dadurch hat es quasi die gleiche Statik wie Beton“, sagt Klemen Domjan. Er ist Projektman­ager des Münchner Immobilien­unternehme­ns Accumulata, einem der Bauherren des Gebäudes. Das Trí, wie das Holz-HybridHaus heißt, kann, je nach Nutzerverh­alten, komplett CO2-neutral betrieben werden. Es verfügt über eine Geothermie-Anlage und eine Wasser-Wärmepumpe, die mit einer Solaranlag­e auf dem Dach betrieben wird. Die Geothermie-Anlage heizt und kühlt das Gebäude mit Grundwasse­r.

Der Holz-Hybrid-Bau wird in absehbarer Zeit der neue Standard für Bürogebäud­e, sagt Thomas Lenzen: „Da Bauholz in Bayern derzeit mehr als ausreichen­d verfügbar ist, dürfte sich der HolzHybrid­bau

dauerhaft etablieren und wegen seiner ökologisch­en Vorteile auch gegenüber der klassische­n Betonbauwe­ise weiter durchsetze­n.“Für Wohnraum ist er hingegen noch eine Ausnahme. Das liege auch daran, dass Bürogebäud­e heute gar nicht mehr darauf ausgericht­et sind, Hunderte von Jahren zu halten. Viel wichtiger ist es, den Anforderun­gen einer schnellleb­igen Arbeitswel­t gerecht zu werden. Wer weiß schon, wie viele Menschen in zwanzig oder dreißig Jahren überhaupt noch in ein Büro gehen? Darum ist es wichtig, den Rückbau direkt mitzudenke­n. „Cradle to cradle“heißt das Prinzip dahinter (sinngemäß „vom Ursprung zum Ursprung“). Die Holzbalken, die im Trí verbaut sind, sollen so wie sie sind wiederverw­endet oder kompostier­t werden können.

Wer von den neuen Büros in dem Münchner Holz-Hybrid-Haus profitiere­n kann, wird sich noch zeigen. Mieter müssen noch gefunden werden, man sei in Verhandlun­gen, sagt Markus Diegelmann. Im Frühjahr 2025 soll das Trí bezugsfert­ig sein.

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Foto: Oliv Architekte­n 3D-Animation des Trí in München. So soll das Holz-Hybrid-Haus aussehen, wenn es fertiggest­ellt ist.

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