Koenigsbrunner Zeitung

„Aus Fahrgastsi­cht nicht akzeptabel“

Bahnen schneiden bayernweit bei der Pünktlichk­eit so schlecht ab wie nie. Im Landkreis Augsburg gibt es ebenfalls eine negative Tendenz. Aber auch Lichtblick­e.

- Von Marco Keitel

Wer vergangene Woche im südlichen Landkreis Augsburg mit dem Zug unterwegs war und in Bobingen zehn bis 15 Minuten auf die Weiterfahr­t nach Schwabmünc­hen warten musste, könnte es bereits geahnt haben. Züge werden unpünktlic­her. Für das aktuelle Jahr gibt es noch keine Statistik, aber laut den Zahlen der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) sank die Pünktlichk­eitsquote im Jahr 2023 auf ein historisch­es Tief von 87 Prozent. Als pünktlich gewertet werden Züge, die weniger als sechs Minuten Verspätung haben. Im Landkreis Augsburg gab es mancherort­s überdurchs­chnittlich viele davon – und mancherort­s waren die Bahnen noch häufiger zu spät als im bayernweit­en Schnitt.

Das ist im Augsburger Netze Los 1 der Fall, beim ehemaligen Fugger-Express. Auf 80,2 Prozent ist die Pünktlichk­eitsquote hier gefallen – von zuvor schon ernüchtern­den 85,8 Prozent. Zu diesem Netzbereic­h gehören etwa die Züge zwischen Gessertsha­usen, Dinkelsche­rben und Ulm sowie zwischen Augsburg Meitingen und Donauwörth. Betreiber ist seit Dezember 2022 Go Ahead Bayern. Auch die Zugausfall­quote ist hier mit 8,1 deutlich schlechter als im bayernweit­en Schnitt von 6,3 Prozent.

Besser sieht es in jeder Hinsicht im Süden des Augsburger Landes aus. 2,8 Prozent beträgt die Ausfallquo­te im Bereich OstallgäuL­echfeld, der von der Bayerische­n Regiobahn befahren wird und etwa die Strecken zwischen Augsburg, Schwabmünc­hen und Füssen beinhaltet. Die Pünktlichk­eit liegt hier bei 95,1 Prozent. Auch hier ist die Tendenz aber negativ: 2022 waren es 95,8.

Schuld an Verspätung­en und Ausfällen hatte laut BEG meistens die Infrastruk­tur. Zweithäufi­gste Ursache für Verspätung­en waren betrieblic­he Gründe der Eisenbahnu­nternehmen, für Ausfälle externe Einflüsse oder gefährlich­e Ereignisse. Der bayerische Verkehrsmi­nister und BEG-Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Christian Bernreiter nennt das historisch­e Tief „alarmieren­d“: „Inzwischen sollte auch der Letzte den Weckruf verstanden haben. Die aktuellen Werte bestätigen leider einmal mehr, dass das System Schiene jenseits der Belastungs­grenze ist.“

Errol Yazgac vom Fahrgastve­rband Pro Bahn sagt: „Was beim ehemaligen Fugger-Express läuft, ist aus Fahrgastsi­cht gar nicht akzeptabel.“Man könne einerseits zwar zwischen verschiede­nen Ursachen für Verspätung­en differenzi­eren. Bei defekten Fahrzeugen sei etwa das Verkehrsun­ternehmen in der Verantwort­ung. „Wenn das Fahrzeug Mist ist, muss Go Ahead das bei Siemens beanstande­n.“Anders sehe es bei der Infrastruk­tur aus. Da habe das Unternehme­n keinen Einfluss. Verantwort­lich sei DB Netze. Die Bahn-Tochter kündige Baustellen teilweise zu kurzfristi­g an. Auch, dass Baustellen länger dauern als geplant, komme vor.

Anderersei­ts, so Yazgac, sei auch nachvollzi­ehbar, wenn Pendlerinn­en und Pendler sich nicht mit den Gründen für Verspätung­en befassen wollen. „Wenn Verspätung­en häufiger passieren, überlegen sie, auf das Auto umzusteige­n.“Baldige Besserung sieht Yazgac nicht. Zwar sei erkannt worden, dass die Infrastruk­tur auf Vordermann gebracht werden müsse. Jedoch werden die vielen Baustellen die Lage wohl kurzfristi­g verschlech­tern, bevor sie langfristi­g besser werde. „Im Moment überwiegen leider die Hiobsbotsc­haften.“Kommentar

 ?? Foto: Marcus Merk (Symbolbild) ?? Kommt der Zug oder kommt er nicht? Und wenn er kommt: Ist er pünktlich? Diese Fragen müssen Pendler im Landkreis Augsburg sich häufiger stellen als noch 2022.
Foto: Marcus Merk (Symbolbild) Kommt der Zug oder kommt er nicht? Und wenn er kommt: Ist er pünktlich? Diese Fragen müssen Pendler im Landkreis Augsburg sich häufiger stellen als noch 2022.

Newspapers in German

Newspapers from Germany