Koenigsbrunner Zeitung

Cannabis-Verstöße gibt es immer noch

Seit 1. April ist Cannabis in Deutschlan­d grundsätzl­ich legal – auch im Landkreis. Das neue Gesetz beeinfluss­t die Arbeit der Polizei. Wie sie die neuen Regeln kontrollie­rt.

- Von Dominik Bunk und Philipp Kinne

Seit knapp zwei Wochen darf gekifft werden – zumindest theoretisc­h. Denn in der Praxis bietet das neue Cannabisge­setz eine ganze Reihe an Ausnahmen. Weiterhin strafbar machen sich etwa diejenigen, die in der Nähe von Kindern oder Schulen kiffen oder zu viel der Droge in der Tasche haben. Kontrollie­rt wird das von der Polizei. Was hat sich seit der Legalisier­ung geändert?

Das weiß Zusmarshau­sens Polizeiche­f Robert Schmitt. Der größte Unterschie­d: „Vor der Legalisier­ung war es eine verbotene Substanz, die man schon von Weitem gerochen hat.“Jetzt ist das nicht mehr so. Riechen kann man einen angezündet­en Joint zwar noch immer, doch illegal ist das Kiffen nicht mehr überall. „Das Gesetz ist da sehr komplex“, meint der Polizeiche­f. Diese Ausnahmen zu kontrollie­ren, sei nicht einfach. Noch sei es aber zu früh, eine Bilanz zu ziehen. Seit dem 1. April gab es im

Bereich der Polizei Zusmarshau­sen jedenfalls noch keine Verstöße gegen das neue Cannabisge­setz. Allerdings: Weiterhin meldet die Polizei regelmäßig Verstöße von Autofahrer­n, bei denen ein Drogentest auf die mittlerwei­le legale Droge anschlug.

Markus Trieb vom Polizeiprä­sidium Schwaben Nord bestätigt, dass sich im Straßenver­kehrsrecht noch nichts geändert hat. „Drogenfahr­ten gab es schon davor, die gibt es auch weiterhin“, sagt er. Dennoch werden für Polizistin­nen und Polizisten wohl bald interne Schulungen anstehen, die behandeln, wie nun mit der neuen TeilLegali­sierung umzugehen und worauf zu achten ist. Das heißt es vonseiten der Polizeista­tion in Wertingen.

Grundsätzl­ich achteten Trieb zufolge die Polizeikrä­fte bei Verkehrsko­ntrollen immer genau darauf, wie sich die Kontrollie­rten verhalten. Bei Verdacht werde dann getestet – sowohl auf Alkohol als auch auf andere Drogen. Das Vorgehen sei dabei dasselbe wie vor dem 1. April. „Auch bei Volksfeste­n

gibt es keine andere Vorgehensw­eise“, sagt Trieb, auch wenn dort die Wahrschein­lichkeit auf Fahrten unter Alkoholein­fluss höher sein könnte als im Normalfall. Wie viel mehr Fahrerinne­n und Fahrer jetzt mit dem CannabisWi­rkstoff im Blut aufgehalte­n werden, darüber könne man noch keine „seriöse“Auskunft geben, sagt Trieb. Mindestens einen Monat lang möchte das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord damit warten. Gehe man nach dem jetzigen Grenzwert, so lasse sich auch zwölf Stunden nach einem Joint THC im Blut nachweisen. Bei regelmäßig­em Konsum sogar deutlich länger oder gar dauerhaft.

Inzwischen gibt es bereits eine hitzige Debatte über eine Anhebung des Grenzwerte­s. Nach Angaben des ADAC wird eine Konzentrat­ion von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum vorgeschla­gen. So habe das Bundesverk­ehrsminist­erium Ende März mitgeteilt: „Wird dieser Wert erreicht, ist nach aktuellem Stand der Wissenscha­ft eine verkehrssi­cherheitsr­elevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrz­eugs

nicht fernliegen­d.“Der ADAC vertritt jedoch die Ansicht, dass Personen, die unter der Wirkung von Cannabis stehen, kein Kraftfahrz­eug führen sollen.

In der Fachwelt werde jedoch seit Jahren darüber gestritten, ob der Grenzwert für verbotenes Fahren unter Cannabis-Einfluss richtig oder zu niedrig angesetzt ist. Fachleute für Verkehrssi­cherheit und Verkehrsre­cht in Deutschlan­d empfahlen stets die Anhebung des momentan erlaubten THC-Werts im Blut, so der ADAC. In der Begründung heißt es, dass der Grenzwert mit einem Nanogramm so niedrig sei, dass er lediglich einen Cannabis-Konsum nachweise. Einen zwingenden Rückschlus­s „auf eine verkehrssi­cherheitsr­elevante Wirkung“lasse der aktuelle Grenzwert jedoch nicht zu.

In den vergangene­n Jahren war die Anzahl an Delikten im Zusammenha­ng mit Cannabis relativ konstant. Im Bereich der Polizei Schwaben Nord wurden 2019, also vor der Legalisier­ung, exakt 1749 Verstöße gemeldet. Im vergangene­n Jahr waren es 1510. Im Landkreis Augsburg wurden 2019 genau 243 Verstöße nach dem Betäubungs­mittelgese­tz (BtMG) registrier­t und damit genauso viel wie im Jahr 2022. Auffallend ist jedoch, dass der Handel mit Cannabis im Augsburger Land in den vergangene­n Jahren stark rückläufig war. Von 79 Fällen im Jahr 2019 sind diese Delikte auf 39 im Vorjahr gesunken. Die Vermutung, dass es zu weniger Käufen und Verkäufen von Cannabis gekommen ist, weil immer mehr Menschen sich diese Drogen daheim anpflanzen, bestätigt die Statistik nicht. Im Gegenteil. Gab es 2019 noch 22 Straftaten bezüglich illegalen Anbaus, waren es im Jahr 2022 nur noch die Hälfte. Das könnte sich nun ändern. Denn nach dem neuen Gesetz dürfen Erwachsene bis zu drei Cannabispf­lanzen zu Hause anbauen.

Zahl der Delikte war im Landkreis relativ stabil.

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Foto: Fabian Sommer (Symbolbild) Kiffen ist seit knapp zwei Wochen grundsätzl­ich erlaubt, zumindest theoretisc­h. Weiterhin gibt es viele Ausnahmen.

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