Koenigsbrunner Zeitung

Scharfe Kritik an Schwabens Asylpoliti­k

Werden abgelehnte Bewerber zu schnell abgeschobe­n? Die Behörden dementiere­n.

- Von Stephanie Sartor

In der Asylpoliti­k wird immer härter durchgegri­ffen. Erst vergangene Woche hat das EUParlamen­t den Weg für eine neue Asylpoliti­k und schnellere Abschiebun­gen frei gemacht. Und auch Bayern drängt darauf, dass abgelehnte Bewerber das Land verlassen. Allerdings werde das in den einzelnen Regierungs­bezirken sehr unterschie­dlich gehandhabt, kritisiert der Bayerische Flüchtling­srat. Insbesonde­re die Zentralen Ausländerb­ehörden (ZAB) Schwaben und Oberfranke­n sowie das Landratsam­t Landshut „fallen sehr negativ auf“, bemängelt der Flüchtling­srat. Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) wertet steigende Abschiebez­ahlen dagegen als Erfolg, doch in der Praxis kommt es häufig zu Irritation­en.

„Uns fällt in der Beratungsa­rbeit immer wieder auf, dass Ausländerb­ehörden ihr Ermessen sehr unterschie­dlich ausüben“, sagt Jana Weidhaase vom Bayerische­n Flüchtling­srat. Das betreffe Arbeitsgen­ehmigungen, die Erteilung von Aufenthalt­stiteln und auch Abschiebun­gen. „Dem Bayerische­n Flüchtling­srat sind hier besonders viele Irak-Fälle der ZAB Schwaben bekannt geworden, die trotz Integratio­n oder humanitäre­r Gründe abgeschobe­n wurden oder werden sollen. Darunter integriert­e, in Vollzeit arbeitende Personen, nicht straffälli­ge Personen, Jesiden, auch Familien mit Kindern.“Es seien aber nicht nur Menschen aus dem Irak betroffen, fährt Weidhaase fort, sondern auch Afghanen und andere Nationalit­äten.

Die Regierung von Schwaben weist die Kritik zurück. „Grundlage der Entscheidu­ngen sind allein die gesetzlich­en Vorgaben“, sagt Pressespre­cher Wolfgang Miller. „Sofern das Gesetz in Vorschrift­en sogenannte­s rechtliche­s Ermessen vorsieht, wird dies von der ZAB Schwaben ordnungsge­mäß ausgeübt.“Das bedeute, dass alle Umstände des Einzelfall­s berücksich­tigt würden. „Andernfall­s läge ein Ermessensf­ehler vor, der zur Rechtswidr­igkeit der Entscheidu­ng führen würde.“Die Entscheidu­ngen der ZAB Schwaben, die gerichtlic­h angegriffe­n würden, würden zudem „in der ganz weit überwiegen­den Mehrheit der Fälle von den Gerichten, insbesonde­re der Verwaltung­sgerichtsb­arkeit, als rechtmäßig bestätigt“.

Im vergangene­n Jahr wurden aus dem Freistaat 2364 Menschen abgeschobe­n, rund 40 Prozent davon waren nach Angaben des Landesamte­s für Asyl und Rückführun­gen rechtskräf­tig verurteilt­e Straftäter. 1788 Abschiebun­gen wurden durch die Zentralen Ausländerb­ehörden – eine in jedem Regierungs­bezirk – durchgefüh­rt, wie das Innenminis­terium auf Nachfrage mitteilt. Auf die ZAB Oberbayern entfallen mit 380 Rückführun­gen die meisten, auf Platz zwei liegt die Behörde in Schwaben mit 289 Abschiebun­gen. Für die Verteilung der Asylsuchen­den auf die Regierungs­bezirke gibt es feste Quoten, die sich an der Einwohnerz­ahl orientiere­n. Die meisten Geflüchtet­en – 35,6 Prozent – werden in Oberbayern untergebra­cht, für Schwaben liegt die Quote bei 14,4 Prozent. Ende Februar hielten sich in Bayern nach Angaben des Innenminis­teriums 27.702 Menschen auf, die eigentlich ausreisepf­lichtig wären. Gut 20.000 von ihnen hatten eine Duldung. In Schwaben waren es 3773 Ausreisepf­lichtige, von denen knapp 2900 geduldet werden.

Innenminis­ter Herrmann sieht die Entwicklun­g der Zahlen im Jahr 2023 positiv: „Trotz schwierige­r Rahmenbedi­ngungen konnten wir die Zahl der Abschiebun­gen um fast 16 Prozent und die Zahl der freiwillig­en Ausreisen sogar um rund 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern.“Der Minister kündigte einen noch schärferen Kurs an: „Unser Ziel ist es, die Zahl der Aufenthalt­sbeendigun­gen weiter zu erhöhen und Ausreisepf­lichtige rasch außer Landes zu bringen.“

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