Eine Achterbahnfahrt ohne Happy End
Basketball: Nach 26 Spielen hat der BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen ein einziger Sieg zum Erreichen der Play-offs gefehlt. Damit wurde das Saisonziel verpasst. Warum die Bilanz trotzdem positiv ausfällt.
Stadtbergen Auf dem Augsburger Plärrer konnte man zuletzt eine Fahrt mit der „Wilden Maus“antreten. Eine ähnliche Achterbahnfahrt durch die 2. Bundesliga Pro B erlebten auch die Basketballer der BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen in der Saison 2023/2024. Am Ende fehlte genau ein Sieg zum Erreichen des Saisonziels, das da lautete: Play-offs. Im Gespräch mit unserer Redaktion, in einem Interview beim Augsburger Lokalsender TV Augsburg und einem Beitrag in der Hallenzeitung Jump ziehen die Cheftrainer Emanuel Richter, Generalmanager Wayne Chicco Pittman und KangaroosGeschäftsführer Andreas Moser Bilanz.
Nach 26 Spielen hat genau ein Sieg für die angestrebten Playoffs gefehlt. Wie groß ist die Enttäuschung?
Emanuel Richter: Die Gefühle sind gemischt. Enttäuscht bin ich, weil ich weiß, dass wir mehr hätten erreichen können. Ein Sieg wäre auf jeden Fall noch drin gewesen. Einmal zu Hause und vor allem auswärts in Ulm oder Speyer. Da waren wir nah dran. Es haben nur Kleinigkeiten gefehlt. Aber das ist Sport. Als Coach bin ich aber gleichzeitig auch begeistert, wenn ich sehe, was wir mittelfristig erreicht haben und wie unglaublich gut sich Spieler wie Jannik Westermeir, Ole Theiß, Basti März, Noel Duarte, Nico Lagerman oder Jakob Hanzalek entwickelt haben. März ist zu einem der besten Shooter der Liga geworden. Duarte hat sich in seiner ersten Pro-B-Saison mit Schnelligkeit und Durchsetzungsvermögen einen Namen gemacht. Er und Theiß werden nächstes Jahr eine große Rolle spielen. Ebenso wie die im Hintergrund heranwachsenden Benjamin Kuprat, Benjamin und Dominik Heinrich oder Nemanja Tumbasevic.
Wayne Pittman: Mentalstrategisch ist es wichtig, dass man hohe Ziele setzt. Am Ende kann das schwierig werden. Ich bin der Meinung, wir haben mit unserem jungen Team eine erfolgreiche Saison gespielt. Wir waren unerfahren und da war es mitunter schon schwierig, entsprechend clever aufzutreten. Da kann man dann schon mal ein enges Spiel nicht gewinnen. Zumal die Liga sehr stark war. Jeder konnte jeden schlagen.
Andreas Moser: Unser Team und die Sportliche Leitung haben sich ja die Play-offs zum Ziel gesetzt. Wir vom Management sind da immer ein wenig vorsichtiger. Wir wissen, was es für einen kleinen Verein bedeutet, in der Pro B mitspielen zu dürfen. Und da sollte man als Erstes immer auf den Ligaverbleib blicken. Abgestiegen ist neben Breitengüßbach mit viel Pech auch der letztjährige ProA-Absteiger, die Black Forest Panther aus Schwenningen.
Ist es ein Fluch oder Segen, dass sich die Kangaroos mit derart vielen Farmteams herumschlagen müssen?
Moser: Wahrscheinlich beides. Ulm, Bayern, Frankfurt, Rhöndorf oder Ludwigsburg – das sind natürlich großartige Gegner für uns und die Fans. Man bekommt da Spieler zu sehen, die in einigen Jahren Nationalspieler sein werden. Diese Clubs haben vollkommen andere finanzielle Mittel und enteilen den kleinen Standorten wie uns, Fellbach oder Oberhaching immer mehr. Aber es kommt natürlich auch immer auf die Aufstellung an, mit welcher diese Mannschaften antreten. Eine Sache gefällt mir allerdings gar nicht.
Und die wäre?
Moser: Dass die Farmteams, insbesondere der FC Bayern, laufend ihre Spiele unter der Woche austragen, das ist ein Wettbewerbsnachteil für die kleinen Clubs, die Spieler im Kader haben, die arbeiten oder studieren.
Die Kangaroos haben gegen den Meister Rhöndorf gewonnen, gegen den Absteiger Black Forest Panthers verloren. Wie ist das zu erklären?
Richter: Die Liga war extrem ausgeglichen. Es gab keine dominierende Mannschaft. Rhöndorf hat auch in Speyer und in Ulm verloren. Bei dieser Ausgeglichenheit sind aber auch personelle Details entscheidend. Bei Rhöndorf haben in Leitershofen zwei Stammspieler gefehlt, wir mussten in Schwenningen auf den verletzten Westermeir verzichten. Und sobald du einen Verletzten hast, kannst du verlieren. Hätten wir dort gewonnen, wären wir jetzt in den Play-offs.
Auswärts gab es insgesamt nur drei Siege. Lag hier der Knackpunkt? Warum hat es da nicht geklappt?
Richter: Auswärts hat man gesehen, dass uns gerade auf der Guard-Position die Erfahrung gefehlt
hat. Das haben wir analysiert und werden dementsprechend handeln.
Pittman: Unter dem Druck des Gegners hat die Cleverness gefehlt. Es ist auch nicht leicht, nach sechs oder sieben Stunden im Bus dann in der Halle entsprechend zu performen.
Vor eigenem Publikum hingegen konnten in 13 Spielen neun Siege eingefahren werden. Welchen Anteil daran haben die Zuschauer?
Richter: Die Kulisse in der Halle ist schon beeindruckend. Für uns, für die Gegner, für die Schiedsrichter. Uns gibt es Power und Sicherheit, wenn in den entscheidenden Momenten die Fans da sind.
Moser: Unsere Fans sind die besten der Liga, die Heimspiele eine Sensation – ganz ohne Zweifel. 800 Zuschauer im Schnitt – das ist super. Aber wir beschweren uns auch nicht über 1000 Besucherinnen und Besucher. Das ist wie eine Spirale: noch mehr Fans, noch mehr Event, noch mehr Stimmung, noch mehr Reichweite und am Ende ganz klar dann auch noch mehr Einnahmen zur Deckung der Kosten.
Wie hat sich das Trainerteam geschlagen?
Pittman: Chefcoach Emanuel Richter und Co-Trainer Martin Jankov, der alle Gegner gescoutet hat, haben taktisch uns strategisch einen sehr guten Job gemacht. Richie ist sehr ambitioniert und emotional. Er holt die Mannschaft aber auch hinter den Kulissen ab.
Welche Rolle haben die Importspieler gespielt? Wer wird bleiben?
Richter: Jermane Carter hat eine gute Saison gespielt. Er wird schwierig zu halten sein. Was mit Vanaclocha passiert, werde ich mit Stefan Goschenhofer analysieren.
Pittman: Jermane Carter ist ein technisch versierter toller Typ. Er ist studierter Psychologe und setzt seine Intelligenz und Cleverness auch auf dem Spielfeld um. Bei Bernat Vanaclocha hat man nach Anpassungsschwierigkeiten die Klasse gesehen.
Wird sich das Gesicht der Mannschaft in diesem Sommer wieder so gravierend verändern?
Richter: Ich denke, dass aufgrund unseres im letzten Jahr begonnenen Zwei-Jahres-Planes der Umbruch nicht so groß sein wird. Unser Wunsch ist es, 80 Prozent der Mannschaft zu halten, weil sie toll abgeliefert hat, weil die Stimmung und Kooperation hervorragend war. Wie es sich allerdings entwickelt, welche Spieler welche Angebote bekommen, das ist nicht vorherzusehen.
Zu den Highlights bei jedem Heimspiel gehört die Vorstellung der Mannschaft. Besonders laut wird es, wenn Jannik Westermeir in die Halle einläuft. Der 23-Jährige, der aus Thierhaupten stammt und beim TSV Meitingen mit Basketball angefangen hat, ist der Local Player schlechthin. Kann man den halten?
Richter: Das ist unser Ziel. Ich trainiere ihn seit dreieinhalb Jahren und weiß, was er kann. Jannik ist das beste Beispiel dafür, was aus der Leitershofer Schule herauskommen kann.
Pittman: Ich liebe diesen außergewöhnlichen Jungen. Er braucht vielleicht noch ein bisschen Erfahrung, was der Zuschauer oft nicht so sieht.
Wo stehen die Kangaroos nach zwei Jahren in der 2. BundesligaPro B?
Richter: Ich muss sagen, die erste Saison als Aufsteiger war deutlich schwieriger. Das ist im Vergleich zur 1. Regionalliga eine komplett andere Welt. Wir hatten auch noch keinen Namen. Das hat sich geändert. Das merkt man in allem, auch im Umgang mit den Schiedsrichtern, wie sie mit mir sprechen. Ich bin trotzdem stolz, dass wir schon fünf Spieltage vor Saisonende den Klassenerhalt sicher hatten und einen Sieg mehr als im vergangenen Jahr verbuchen konnten.
Pittman: Wir haben vieles richtig gemacht. Die Schnittmenge zwischen Mannschaft und Fans ist gut, wird durch unser Maskottchen Roody, das ich ins Leben rufen konnte, noch verstärkt. Moser: Organisatorisch sind wir top aufgestellt, haben sensationelle Fans, immer eine volle Halle. In der Medienarbeit sind wir sehr professionell aufgestellt. Und alles basiert nach wie vor auf ehrenamtlichen Strukturen auf. Der FamilyCharakter ist gewahrt, wenn man die vielen Kinder auf dem Spielfeld sieht. Unser Maskottchen Roody tut ein Übriges dazu.
Wie sehen die Ambitionen für die kommende Saison aus?
Moser: Eine verbesserte Gesamtstruktur ist über den Sommer unsere größte Aufgabe. Wir haben in den zwei Saisonen Pro B viel gelernt, können jetzt den Aufwand beziffern, den man benötigt, um in der Liga gut mithalten zu können. Durch den Aufstieg hat sich der Umsatz mindestens vervierfacht. Allein an die Liga bezahlt man über 30.000 Euro. Die Kangaroos Basketball GmbH ist jetzt ein kleines Wirtschaftsunternehmen.
Pittmann: Die Play-offs – wir werden es diesmal schaffen.
Richter: Als erstes Ziel wollen wir natürlich den Abstieg vermeiden. Ich als Trainer will allerdings mehr. Wir wollen endlich die Playoffs nach Leitershofen holen. Ich glaube, es sieht gut aus.